arbeitsam, pünktlich, kollegial

„Theo, Du sollst zum Chef kommen!“, rief Karin ihm zu und zog die Hintertür, die zu den Müllcontainer führte, wieder zu. Theo setzte sich langsam in Bewegung. In seinem Kopf schwirrten dutzende Fragen, warum sein Chef ihn wohl sprechen wollte.

Er nahm seinen Job stets sehr ernst, war pünktlich und kollegial. Seine Aufgabe, in diesem „Unternehmen“ war es, den Drive-In, den Parkplatz sowie die umliegenden Grünflächen, die zum Firmengelände gehörten, sauber zu halten. Natürlich gab es besser Jobs, natürlich wäre er lieber in einem schönen Büro angestellt und würde seinem Ausbildungsberuf, dem des Industriekaufmanns, nachkommen.

Aber bei der heutigen Wirtschaftslage und dem kränkelnden Arbeitsmarkt war er froh, überhaupt einen Job zu haben, bei dem er ausreichend verdiente, um sich und seine junge Verlobte durchzubringen. Kati war noch in der Ausbildung zur Erzieherin und verdiente nicht wirklich einen lebenserhaltenden Lohn.

Als Theo an die Tür zum Büro seines Chefs klopfte, schlug ihm das Herz bis zum Hals. Das Büro seines Chefs war vier mal vier Meter groß, alles andere, als ein Luxusbüro. Dennoch war er der einzige in diesem Unternehmen, der überhaupt ein Büro besaß.

„Hallo Theo, komm rein.“ Sei Blick verriet Theo, dass es hier nicht um eine Gehaltserhöhung oder eine Beförderung ging. Aber noch war nicht aller Tage Abend und so setzt Theo sich auf den wackeligen Metallstuhl vor dem Schreibtisch.

„Hör mal Theo, dass was ich jetzt tun muss fällt mir nicht leicht. Du weißt, dass Du immer gute Dienste geleistet hast und dass ich immer zufrieden mit Dir war. Das weißt Du doch, oder?“ Theo nickte. „Es ist so. In den letzten 6 Wochen warst Du nicht wirklich ausgelastet und das weißt Du auch. Du hast mehr Zeit damit verbracht die Hecken zu stutzen und Unkraut zu jäten, als mit der Müllbeseitigung. Theo – sei mir nicht böse, aber Du bist hier nicht als Gärtner angestellt.“

Theo nickte. Er hatte begonnen die Büsche und Wiesenstücke zu pflegen, weil er sonst gar nichts zu tun gehabt hätte. Dennoch war ihm bewusst, dass alle 2 Monate extra zwei Männern vom ortansässigen Gartenbauer kamen, um die Grünanlagen zu pflegen. Das war immer noch günstiger, als jemanden Vollzeit zu beschäftigen.

„Chef, was soll ich machen? Die Leute werfen ihren Müll einfach nicht mehr auf den Boden oder in die Gebüsche. Seitdem wir die großen Müllboxen an der Ausfahrt des Drive-Ins und auf dem Parkplatz haben , fällt kaum noch Müll ab, den ich entsorgen könnte.“

Nun nickte sein Chef. „Ich weiß Theo. Das liegt an den elenden Anti-Müll-Kampagnen, die unsere Regierung seit Jahren fährt. Schone Deine Umwelt, dann schonst Du Dich! Wir haben nur eine Erde … das ganze Blabla.“ Er machte eine längere Pause und sah schließlich von dem Blatt, das vor ihm lag, auf und Theo an. „Trotzdem Junge, es tut mir leid. Ich kann Dich nicht weiter beschäftigen. Deine Stelle rechnet sich einfach nicht mehr. Wir müssen alle sparen.“

Theo wusste, dass sein Chef nicht andern konnte. Er stand langsam auf, schob den Stuhl zurück und lächelte freundlich. „Ist schon ok. Ich werd schon was neues finden.“

Der Chef sah Theo nach, als er gefasst das Büro verließ. Ja, Theo war wirklich ein bemerkenswerter Mensch. Ebenso bemerkenswert wie die Tatsache, dass ein ganzer Arbeitsplatz unnötig ist, wenn man seine leere Burger-Schachtel in eine Mülltonne stopft.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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24 Gedanken zu „arbeitsam, pünktlich, kollegial

  1. Rufen Sie doch dazu auf das nun alle im Vorbeigehen an der Agentur ihren Tascheninhalt entleeren…

    Das ist schon eine Ironie für sich.
    Erst zahlen die Steuerzahler die Anti-Müllkapangnien und dazu nun die Hilfe für die dadurch entstandenen Arbeitslosen.
    Ist bstimmt kein einzelfall…

    Nur was ist jetzt richtigerrer?
    Die Umwelt verschmutzen um Arbeitsplätze zu schaffen, oder die Umwelt sauber zu halten für unsere Kindeskinder?

    Obwohl ich nicht weiß ob man das jetzt wirklich Umweltverschmutzung nennen kann, wenn jemand seinen Müll* auf einen betonierten Plaz mitten in der Großstadt, fallen lässt.

    *= Solange es keine Waschmaschinen sind…

  2. @Adel

    Aber der Lohn für den Arbeitsplatz bezahlt sich ja auch nicht von selbst.
    Übertrieben gesagt: Durch Verschmutzung einen Arbeitsplatz zu erhalten ist ziemlich sinnlos, denn die Hilfe für den Arbeitslosen ist ja geringer als das Gehalt, das er vorher hatte. „Wilden Müll“ zu produzieren wäre also quasi eine Subvention des Arbeitsplatzes durch die Allgemeinheit.

  3. Wow, tolle Geschichte Pia. Sehr… nachdenkenswert.

    @Herr T:
    Falsch. Mit „Subvention eines Arbeitsplatzes durch die Allgemeinheit“ gehst du davon aus, dass die Entlassung von Theo zu einer Preissenkung der Produkte des Ladens führt, weil sie sich die Kosten für Theo einsparen. So sollte es eigentlich sein, ja… aber wie wir alle wissen ist es doch so: Die Preise für die Produkte gehen niemals runter, das eingesparte Gehalt steckt die Firma ein. Shareholder Value nennt man das wohl.
    Traurige Welt….

  4. @Adel:
    Da hab ich vorschnell gedacht, dass Du auf einen „öffentlichen“ Müllwerker übergegangen wärest. So geht meine Argumentation natürlich nicht direkt auf. Sorry dafür.
    Dennoch kann es ja nicht Sinn sein, einem Unternehmen vorsätzlich höhere kosten zu bescheren. Mit ähnlicher Argumentation könnte ich ja auch bei was weiß ich wem eine Scheibe einschlagen, um damit einen Glaser-Arbeitsplatz zu retten…

  5. Guck ma:shock:
    Die Shareholders haben ja auch mit den neuen Märkten alles verloren – wie dumm der Mensch doch sein kann – habt Mitleid. :roll:

  6. Das mit dem Glaser is gar keine schlechte Idee… *klirr*

    Aber das ändert ja nix an der Sache, dass eingesparte Gegenstände oder Arbeiter sich eben NICHT auf den Preis einer Sach auswirken. Wie es ja eigentlich sein sollte.
    Ähnliche Sache wäre ja zum Beispiel… „Wir parken alle nicht mehr falsch, deswegen verlieren viele Politessen Ihre Stelle. Und deswegen sinken die Ausgaben der Städte.“ Die senken dann aber auch nicht die Parkgebühren oder sonstiges, sondern stopfen die Löcher ihrer jahrzehntelang ausgehöhlten Haushalte.
    So schauts doch aus!

  7. Weil ich zum Thema eine Email erhielt: Nein, Theo ist mir nicht persönlich bekannt. Die Geschichte gehört in die Rubrik „Ironie des Schicksals“ und ist in Teilen fiktiv.

  8. Ok, ab sofort werde ich auf keiner Toilette in einer Firma mehr abziehen – könnte ja sein das die Putzfrau areitslos wird. Und die Autos an denen ich auf dem Nachhauseweg vorbeikomme zerkratze ich schnell, damit alle Lackierer überleben. Im Park verteile ich meinen Müll schön in den Büschen.

    So gerne ich hier lese, solch einen (sorry) Schwachsinn habe ich selten gesehen. Ich weiß, es ist Frau Pias Blog, sie darf gerne schreiben was sie will. Aber so eine kurzsichtigen Blick hätte ich ihr auch ohne Brille nicht zugetraut.

  9. Sven: Wie Sie schon sagen: Das hier ist mein Blog und daher erdreiste ich mich nun auch mal, hier auszusprechen, was ich von solchen „Charakterisierungen“ meiner Person halte.

    Es ärgert mich gewaltig, wenn Leute nicht richtig lesen! „Ironie des Schicksals“ … außerdem kann man hier lesen:

    Wenn Sie Frau Pia und ihr Daily Me öfter besuchen, sollten Ihnen die Begriffe Humor, Ironie und Sarkasmus unbedingt geläufig sein.

    Inzwischen nervt es mich gewaltet, dass es Leute gibt, die immer alles bierernst auffassen müssen. Inzwischen sollte man mich kennen.

    Anscheind geht hier gar nichts mehr ohne Smilies! Darum, bitte: :evil:

  10. Sorry, machen Themen kann ich nichts lustiges agbewinnen. Dafür ist die Realität viel zu nah dran. Und irgendwie scheinen mir die übrigen Kommentare auch größtenteils so, als das die Ironie und der Humor nicht so recht herübergekommen wäre.
    Ich wollte aber Niemanden hier irgendwie angreifen, vielleicht war ich etwas zu sensibel.
    Aber ich habe das getan wozu eine Kommentarfunktion gut ist: Meinen Senf zu einem Eintrag dazugegeben.

  11. Der Ton macht die Musik … erst schreiben, dass man so nen Schwachsinn selten gelesen hat und dann mokieren, dass das Thema zu realistisch ist, um ihm etwas lustiges abzugewinnen?

    Wo steht was von lustig? Ich geb es auf.

  12. Hab ich jetzt was falsches gesagt vorhin?
    Ich meine… bzw. denke da sind zwei moralische Aspekte (oder sowas in der Art) in der Geschichte und joar, dann habe ich einfach mal drauf losgeschrieben.

    Klar ists schwachsinn seinen Müll nicht mehr zu entsorgen oder die Klospülung nicht mehr zu nutzen bzw. wieder zum Stehpinkler zu mutieren weil sonst jemand Arbeitslos werden würde.

  13. Einst sagte Helmut Schmidt:

    Die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen.

    Heute bring uns ein Satz von Eppler auf den harten Boden der Tatsachen zurück:

    Weil die Gewinne von heute nie ausreichen sind die Entlassungen von morgen die Gewinne von übermorgen.

    —- :???:

  14. Sorry das, aber ich muß da auch mal mit klugscheissern.
    Alle Burgerbrater, die ich bis jetzt kennen lernen durfte, die haben solche Sachen immer von den Angestellten mitmachen lassen. Soo aufwendig ist die Reinigung des Geländes nicht, dass man damit eine Kraft Vollzeit beschäftigen könnte..

    Zumal bei den typischen FastFood-Läden die Work Flows so optimiert sind, das da garantiert niemand Zeit für was anderes als Arbeit hat. (das sehen die meisten Kunden glücklicherweise nicht, aber: Burger braten ist ein Knochenjob.)

    Im übrigen: üblicherweise braucht ein McD-Manager niemanden rausschmeissen. Der wartet einfach, bis wieder einer aufhört, weil er umzieht/jetzt richtig studiert/was besseres hat. Vielleicht ist das ja auch nur im Osten anders, aber: hier ist der Turnover in diesem Geschäftsfeld gigantisch. Insofern…

  15. Mir ist eine Burger-Bude bekannt, wo es tatsächlich eine Vollzeitstelle nur fürs Reinemachen des Außengeländes gibt. So kam ich auf die Story.

  16. Woa. Das muß dann wohl wirklich am goldenen Westen liegen. ;-) Soweit ich weiß, gibt es in M-V in einer typischen Burgerbude vielleicht zweieinhalb Leute, die Vollzeit arbeiten. Alle anderen sind Teilzeitkräfte, die halt auch dementsprechende Halbwertszeiten haben.

  17. jaja der „goldene“ Westen bei uns gibt es im MC sogar am Wochenende zwei Türsteher die dafür sorgen dass die Gäste sich auch lieb und nett verhalten.

    Es gibt auch eine Kraft die draußen den Müll vom angrenzenden Lidel- oder Aldiparkplatz aufsammelt.

    :baeh:

  18. Also nee, schieß mich tot, aber ich finde die Geschichte genial. Ich weiß nicht, wie man sie so bierernst nehmen kann. Natürlich ist es eine Milchmädchenrechnung, aber warum nicht mal so auf die Welt gucken?
    Apropos: Was ist aus den Milchmädchen dieser Welt geworden. :?:

  19. Die Geschichte zeigt auch wie das Bruttoinlandprodukt verzerrt wird. Denn der Mülleinsammler bekommt ja Geld für eine Arbeitsleistung. Und das fließt ins BIP ein. Dass die Arbeit aber unnötig ist, weil man ja den Müll auch ordentlich wegwerfen könnte, dass interessiert bei der Berechnung nicht.

  20. War heute bei BKing, und da waren tatsächlich zwei Mitarbeiter dabei den Parkplatz sauber zu halten und die Pflenzen zu pflegen. Und es waren nicht mal welche vom „bratenden“ Personal sondern eher welche im Hemd mit Schlips.

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