Einmal, im Ferienlager …

Im Alter von 8 Jahren war klein Pia heißblütiger Michael Knight, besser bekannt als David Hasselhoff, Fan. Natürlich besaß ich seinen Song „I be looking for Freedom“ auf Kassette und spielte diesen den ganzen Tag rauf und runter. Ich versuchte sogar den Text mitzuschreiben, was jedoch nach einer Zeile „Apple luking vor fridom“ scheiterte.

In diesem Jahr fuhr ich mal ins Ferienlager, was mich endlich nun auch diese Überschrift verwenden lässt, die mir schon so lange im Kopf herum schwirrte.

Also, damals, im Ferienlager, gab es eine selbst veranstaltete Disko, an der die Teilnahme der 8 bis 15 jährigen Ferienlagerkinder Pflicht war. Natürlich war diese Disko auch das Nonplusultra und durfte unter gar keinen Umständen wegen Kotzerei oder Bestrafung für Fehlverhalten verpasst werden.

Mit meinen 8 Jahren war ich so ziemlich eins der jüngsten Kinder, unschuldig, naiv und begeisterungsfähig. Diese drei Eigenschaften werden mich wohl auch dazu veranlasst haben, mir beim DJ den oben genannten Titel „I be looking for Freedom“ von David Hasselhoff zu wünschen. Dieser nickte nur und meinte, dass das aber noch 10 Minuten dauern würde bis er die anderen Wünsche alle gespielt habe.

Allein der Gang zum DJ hatte mich einiges an Überwindung gekostet, da ich, man mag es kaum glauben, ein sehr schüchternes Kind war.

Dann war es soweit, die ersten Takte setzten ein und ich sprang freudestrahlend auf. Als wäre eine Bombe eingeschlagen leerte sich die Tanzfläche schlagartig, die älteren Kinder schrien und stöhnten laut auf und rannten aus dem Raum.

Nun stand ich da, ganz alleine, in der Mitte der Tanzfläche, und weinte als müsse die Welt untergehen. Erst jetzt verstand ich, dass David Hasselhoff ganz und gar nicht cool war, aber natürlich bezog ich das in meiner kindlichen Art auf meine Person und dachte, die anderen Kinder würden mich nun nicht mehr mögen. Immerhin hatte der DJ das Lied mit den Worten „Für Pia“ angekündigt.

Unter Tränen lief ich ebenfalls aus dem Raum und versteckte mich hinter einem Gebüsch in der Nähe. Ich habe mich so sehr geschämt und wollte nie, nie wieder zurückgehen. Alle würden über mich lachen und mit dem Zeigefinger auf mich zeigen. Das war das Ende.

Plötzlich tauchte ein kleines Grüppchen der älteren Kinder auf, die mich – immer noch unter Tränen der Scham – zurück in den Diskoraum zogen. „I be looking for Freedom“ wurde angespielt und die umstehenden Jugendlichen begannen zu tanzen. Ich stand ziemlich verzweifelt dazwischen, tanze schließlich aber sehr halbherzig mit. Die Euphorie war verflogen.

Ich habe mir folgend nie wieder einen Song bei irgendeinem DJ gewünscht. Auch habe ich nie wieder David Hasselhoff gehört und sämtliche Poster seiner Person zerrissen. Vor dem Schamgefühl, das ich damals spürte, habe ich heute noch Respekt.

Vielleicht ist das ein Grund, warum ich in der Gegenwart fremder Personen noch heute schüchtern und zurückhaltend bin. Ja, tatsächlich.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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27 Gedanken zu „Einmal, im Ferienlager …

  1. Ohja. Das kann ich gut nachvollziehen. Übrigens hat der Herr Hasselhoff ja auch fast geweint, dass er kein Bundesverdienstkreuz gekriegt hat. Der war nämlich ernsthaft davon überzeugt, dass die Mauer nicht gefallen wäre, wenn er nicht vorher in Berlin genau dieses Lied gesungen hätte. – Und das ist kein Scherz.

    Das mit dem schüchtern könnte aber auf Dauer komplikationen hervorrufen. Definieren Sie doch mal „fremde Personen“ :wink:

  2. Ach ist das eine süsse Geschichte, kann michauch noch erinnern wie mein Bruder zum 10. Geburtstag diese Platte bekam und ich echt neidisch war.
    eigentlich ein ganz furchtbarer Song!!!:ja:

  3. :flenn: Schöne Geschichte.

    Aber es wird immer so sein. Sobald man sich zu was bekennt und den Kopf rausstreckt, wird irgendeiner kommen und einem eins drauf geben wollen. Weswegen man irgendwann sein Ding durchzieht. Ich denke da immer an Franz-Josef Strauss‘ Spruch „everybody’s darling is everybody’s Depp“.

    Nur warum können solche Erfahrungen einen tatsächlich für lange Zeit (oder gar den Rest des Lebens) in seinem Handeln beeinflussen? Das ist weder existenziell gefährlich oder wissen davon neu ins Leben getretene Menschen, zudem ist es rational fassbar. Man wird seine Vergangenheitsdämonen nur schwer los.

  4. de gustibus non est disputandum…..

    und da sag‘ ich ganz ehrlich, dass ich im Auto das Album von ihm spazieren fahre und heute bei dem schnulzigen Duett auf deutsch immer noch den Tränen nahe bin ;)

  5. Dank der Gnade der frühen Geburt, hatte ich es viel einfacher; zu meiner Zeit gab es nur zwei coole Gruppen die Beatles und die Stones. Und da ich mich für beide erwärmen konnte, war ich stets auf der richtigen Seite…
    Mein Lieblingssong seit ca. 35 Jahren: GIMME SHELTER von den Stones.

  6. .. das waren aber ganz schön nette andere Kinners! Wenn man sich heutzutage für etwas stark macht, was alle anderen schimmlig finden, dann kommt da meistens keiner und sagt: He, is ja gar nicht so schlimm, komm – wir tanzen… :sad:

  7. Spielt der Gute jetzt nicht wieder in einem recht aktuellen Kinofilm mit? Ich hatte in Erinnerung, ihn irgendwo in einer Vorschau gesehen zu haben…bin mir aber nicht ganz sicher. Naja, er war auch mein Held: in Baywatch…

  8. Hach, David (natürlich in der Intonation von Hape Kerkeling aus „Hape trifft“).
    Er war mein Held als Michael Knight. Meine zweite große Liebe. Nach Winnetou. Dann kamen McGyver und Sully aus „Dr. Quinn“. Ich war nämlich auch zu schüchtern für das wirklich Leben.

  9. Hach ja, der David. Ich kann mich nur an ein Lied erinnern, das Pingu-Lied. Das fand ich toll ^^ Der Rest der Kinder nicht.. aber ich war ja schon vorher nicht so beliebt. ;)
    Da hatten Sie aber wirklich liebe Lagerkollegen, Frau Pia :)

  10. Du zerstörst gerade nachträglich meine Kindheit! ;)

    Ich war auch absoluter Hasselhoff-Fan, und seine Kassette war sogar das erste musikalische Werk, was ich mir bewusst zulegen ließ.

    Nur scheint bei mir der Unterschied gewesen zu sein, dass das damals in meiner Klasse auch total hipp war (das müsste die 2. Klasse gewesen sein, also ungefähr…*rechne* 1988). Selbst in dmn Poesie-Alben von damals, das ich schändlicherweise nicht zurückgab, haben gut 50% der Leute dieses Lied als ihr Lieblingslied angegeben. Lustig auch, dass jeder von un den Titel anders schrieb. Ich setzte damals noch fachkönnerisch „Api luki for fridom“ ein.

    So, das wollte nur mal gesagt sein. Der Zerriss der Poster wäre also garnicht nötig gewesen, lediglich der Besuch einer anderen Schule… ;-)

  11. Jo, and die Göre aus AP musste ich auch gleich denken.
    „Und einemal im Ferienlager….. da hab ich mir dann meine Flöte in die Muschi gesteckt.“ Oder wie war der noch?

  12. Tja, ich stand sogar mal auf der Bühne und habe Karaoke gesungen „Crazy for you“, und knight rider schaue ich heute noch ganz gern an. Allerdings nicht mehr mit dem Elan, der damals noch in mir wehte. Denn, wenn einem die Blick für das Naive verloren gegangen ist, entdeckt man plötzlich wieviele Fehler diese Serie eigentlich hatte. Da sah man plötzlich den Mann, mit dem Stoffbezug in der Farbe der Sitze, K.I.T.T lenken, oder Rollen, wo es hätte keine geben dürfen, oder Microphone die plötzlich ins Bild wanderte …

    Letzte Woche Woche habe ich mit „Looking for freedom“ – „Crazy for you“ „Wings of Tenderness“ angeschaut.
    Ich schäme mich dafür auch nicht, es gehört zu der Zeit dazu :-) So wie Tokio Hotel für die Kidz von heute ;-)

  13. schüchtern, ja? sie können diese schüchternheit aber ausnehmend gut verbergen ;)
    geht mir aber auch so. niemand will mir glauben, dass ich im grunde meines herzens sehr, sehr schüchtern bin.

  14. Oh liebe Finja,

    es sind zwei Dinge in einem Blog/Podcast mit vermeintlich fremden Menschen zu kommunizieren und ihnen das ein oder andere interne Detail anzuvertrauen und einem fremden Menschen gegenüber zu stehen.

    Zu Beginn bin ich eher der stille, zurückhaltende und beobachtende Dritte. Ich taue allerdings ziemlich schnell auf, wenn mir mein Gegenüber sympathisch ist und ich nicht das Gefühl habe, es ginge eine „Bedrohung“ im weitläufigen Sinn von ihm aus.

  15. aber du hast dich getraut zuzugeben, dass du den nachtreitenden bademeister mal gut fandest. das nötigt mir respekt ab. ich fand den nie gut. nur sein auto. und seine bademeisterinnen. aber das ist eine ganz andere geschichte. das konnte man immer zugeben…

  16. Ich verstehe teilweise nicht, wieso so viele Jugendliche immer gleich denken, dass wenn sie „schlechte“ Musik hören, dass sie gleich gemieden werden. Im großen und ganzen ist es mir komplett egal ob mein gegenüber Slayer, Robbie Williams oder Tokio Hotel hören. Ist doch nur Musik und sagt nichts über den Charakter aus. Ich kenn viele nette Leute, die mieseste Musik hören und viele unfreundliche Leute, die Musik hören, die ich auch gern höre.

  17. Also Ich glaube das viel mehr Leute das/die Lieder schön fanden als heute zugeben. Die NoAngels & Co will ja auf einmal auch niemand gehört haben….
    Ich war damlals als kleiner Pipmpf mit Mama und Papa da aufm Konzert und es war echt klasse. Dafür lass ich mich heute auch gerne auslachen.

  18. Ich vermute schüchtern oder zurückhaltend sind die meisten, nur müssen sie es wegen der täglichen Arbeit umgehen. Zudem erlaubt zu erledigende Arbeit einem Leute anzuquatschen. Erstmal hat dafür jeder Verständnis.

    Denn, isehe mich auch eher als zurückhaltend, aber wenn ich für „meine“ Zeitungen einen Artikel schreibe und für O-Töne Menschen befragen will, dann geht das prima. Aber ich halte mich ja auch ans das „ich-mache-nur-meine -Arbeit-Ritual“.

  19. Och, wie süß. Da hat uns‘ David ja ganz schön was angerichtet. Falls wir uns mal über den Weg laufen sollten, schenke ich Ihnen eine Hasselhoff-Puppe, die sie verprügeln können, um das Kindheitstrauma endgültig zu überwinden. :box:

  20. Ich fühle mit dir. Zwar hatte ich nie ein solch traumatisches Erlebnis wie du, aber ich werde heute noch ausgelacht, dass ich erst von David Hasselhoff, dann Kelly Family und dann BSB Fan war, wobei ich eigentlich nur noch zum letzten stehe, den Rest find ich schlimm :shock: *g*

  21. *seufz*
    frau pia, ich drücke ihnen hiermit nachträglich mein tiefempfundenes mitgefühl für das erlebte aus.:flenn:
    das muß so oberschrecklich gewesen sein, da fehlen mir eigentlich die worte.
    und ohne weiteres kann dieses kindliche trauma eine ursache sein, für ein vorsichtigeres verhalten im späteren leben.
    der durchschnittliche mensch erkennt nicht, welchen veritablen katastrophen durch kindliche emotionale katastrophen der eigentliche nährboden erst geschaffen wurde.

    aber, dass sie, frau pia, das hier so charmant bloggen, das könnte für sie bedeuten, dass sie beginnen, sich mit dem drama auszusöhnen.
    es besteht hoffnung !

    vor allem war es damals unfreiwillig mutig, sich zu bekennen, zu sich zu stehen.

    wieviele leute haben heute eine problem mit superstars, let’s dance, lindenstrasse etc. aber die einschaltquoten oder verkaufszahlen sind sensationell?

    authentisch leben, wenn man es kann, ist eine ganz feine sache.:box:

    bleiben sie tapfer, frau pia, sie haben es bis hier geschafft, ergo geht es auch weiter !
    mit bestem gruß
    frau claudi

  22. Sorry, aber ich muss mal dringend.

    Der Song von David Hasselhoff heißt „I’ve been looking for freedom“ und nicht wie behauptet „I be looking for freedom“ :razz:

    Danke für die Aufmerksamkeit :wink:

  23. Es gibt übrigens beileibe keinen Grund, sich zu schämen. Kein Junge, der früher nicht Knight Rider geguckt hätte. Kein Junge, der es nicht heute auch noch tun würde. Kein Junge, der sich damals über Michael Knight respektive David Hasselhoff mockiert hätte, aber heimlich gerne nur halb so männlich gewesen wäre (und gerne auch nur halb so viele Mädchenherzen erobert hätte). Ausnahme bildet da natürlich der stets heraushängende Brust-Flokati. ;)

    Tatsache ist aber, dass Freund David auch heute wieder kult ist – wenn auch diesmal eher in der Online-Szene, wo er „The Hoff“ tituliert wird. Aber auch an einer Art Comeback wird gearbeitet: Album mit Ice-T sowie auch Knight Rider 3000. Mit letzterem könnte es allerdings noch etwas dauern.

    Alles in allem: nicht weinen, kleines Mädchen. Du warst damals schon voll im Trend und gleichzeitig Deiner Zeit voraus. Die anderen hatten Unrecht. Du hattest Recht. Und ich bin sicher, der Grund, warum alle von der Tanzfläche stiefelten ist eher darin zu suchen, dass das Lied damals ja rauf und runter gespielt wurde. Das ist wie heute mit Weihnachtstassen- oder Küken-Werbung. Anfangs lustig und niedlich, aber irgendwann möchte man nur noch erbrechen. ;)

  24. Wie sympathisch. :grin:

    Meine eigene Hasselhoff-Phase verlief weniger dramatisch: ein paar coole Jungs in der Klasse fanden ihn auch gut, also gab es höchstens mal Diskussionen, ob nun Knight Rider oder MacGyver besser war. *g* (Mir gefielen beide.)

    Tja, und vorgestern landete auf einmal wieder „Looking For Freedom“ in meinem Kassettengerät, ich erzählte der Welt davon, erhielt einen Link hierher – und hier bin ich, um meine Anteilnahme auszudrücken. Oder sowas in der Art. :wink:

    An Text-mitschreib-Versuche aus der Zeit erinnere ich mich übrigens auch: Nick Kamens „I Promised Myself“ hiess bei mir „E frome Swissair“… :oops:

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