Der grausame Deutsche an sich

Als ich heute morgen, nach einem interessanten Tag und einer kurzen Nacht, nicht nur mit dem Schnupfen, den ich bereits seit vorgestern habe, erwachte, sondern nun auch den schleimigen Husten und den Wattekopf zurück begrüßen darf, dachte ich bei mir, dass ich langsam echt mal Lotto spielen oder 9Live gucken sollte, wo ich doch immer so ein Glück habe. 9Live empfange ich in meinem Hotel aber nicht, dann eben MTV, Decke wieder über den Kopf und nachher heiß Baden.

Vorher war ich natürlich noch beim Frühstück. Man wäre ja schön blöd, wenn man diese wichtige Mahlzeit am frühen Tag auslassen würde, weil es kein 9Live gibt oder man rotz krank ist. Wir sind ja kein Weichei.

Beim Frühstück dann eine Szene beobachtet, die akribische Untersuchungen und Blogeinträge rechtfertigt:

Sind wir Deutschen eigentlich eine der wenigen Nation, die ihr Brötchen mit dem Messer in zwei Hälften teilt, Butter/Margarine darauf schmiert und es mit Wurst/Käse/Irgendwas belegt? Beim heutigen Frühstück in meinem Hotel beobachte ich einen Mann, der Käse-, Wurst-, Lachs-Scheiben auf seinem Teller im Kreis drapiert hat. In der Mitte thront ein helles Weizenmehlbrötchen und wacht mit Argusaugen über seine Untertanen.

Der gute Mann bricht ein Stück seines Brötchens ab, dippt dies in den kleinen Butterberg am Rand und kaut zweimal bevor er es runter schluckt. Dann verspeist er im Urzeigersinn und nach einander die erste Wurst, den Käse, die zweite Wurst und den Lachs, mit Messer und Gabel.

Bisher nichts verwunderliches, mögen sie denken? Beachtlich war eigentlich der Blick des Mannes, als ich mein Messer im flauschigen Körper meines Brötchens versenkte. Er schaute sich um und erkannte, dass andere Gäste es mir gleichtaten. Dann nahm er sein Messer und – nein, kein Spaß – stupste damit zwei Mal sein Brötchen an, so als wolle er testen, ob es noch lebt.

Natürlich hat es das nicht mehr. Wir in Deutschland essen ja nur tote Brötchen. Alles andere wäre Quälerei von Lebensmitteln und das ist verboten.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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18 Gedanken zu „Der grausame Deutsche an sich

  1. Man kann Brötchen senkrecht zur normalen Halbierung auch in Scheiben schneiden. Aber am liebsten ist mir auch das brutale Abstechen und kreisförmige Aufschlitzen der weichen Flanke. Bis die weißen Innereinen herausquillen.

  2. Ich tippe auf Schweizer. Hier (in der CH) werden Brötchen und „gebrochen“ und nicht einfach lieblos mit dem Messer entzweit – auch die typischen Häppchen (Wurst, Käse) deuten deutlich darauf hin…

    Mir geht es in Deutschland jedenfalls immer so, dass ich in einem Hotel beim Frühstück eine Attraktion darstelle und alles um mich herum mich mustert, wie ich zu speisen pflege…

  3. Erst einmal Gratulation zu diesem super blog und gute Besserung.
    Hoffentlich haben sie trotz der Erkältung auch noch das restliche Nachtleben auch außerhalb des Westin in LE geniesen können.

    PS: Ich tippe auf Holländer – sie lieben Butter.

  4. Auch eine schöne Methode ein Brötchen in zwei Hälften zu zerlegen, ist dieses erst ringsum mit einer Gabel zu perforieren und dann – mit welchen Bewegungen auch immer – zu entzweien. Dann gibt’s keine Teigbatzen und die Wurst liegt schön plan.

  5. Habe ich auch mal bei einem Koreaner in einem Hotel in Dresden beobachtet: Abbeisen vom Brötchen, Butter abbeissen, Wurst und Käse nachschieben, Kaffee schlürfen.

    Andere Länder, andere Sitten.

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