Das Sterben der Individualität

Wenn mich jemand fragen würde, was die unnützeste aber weitverbreitetste Erfindung der Werbeindustrie ist, meine Antwort wäre umgehend: Streuartikel.

Streuartikel zeichnen sich dadurch aus in der Regel einen Low-Budget-Produktionsvorgang durchlaufen zu haben. Streuartikel sind bunt, meist aus Plastik, brauchbar, aber nicht nützlich.

Die Verbreitungsdichte ist besonders in der Weihnachtszeit groß, wenn Hinz und Kuntz ihre Weihnachtskarten an Kunden, Partner und Dienstleister versenden.
„Anbei ein kleines Geschenk, welches Ihnen die Arbeit im neuen Jahr erleichtern soll“ – daneben der zwanzigste Terminplaner für das kommende Jahr.

So zum Bespiel gib es tausend verschiedene Ausführungen von Kugelschreibern.
In weiß oder transparent, zum Drücken oder Drehen, mit blauer oder schwarzer Miene und sowieso in jeder nur erdenklich unergonomischen Form. Wenn man einem Kunden dann ein Angebot über den individuellen Kuli schlechthin machen soll und man beim Präsentationstermin vor sich auf dem Tisch eben diesen Kuli bereits mit den Logo versehen wieder findet … dann sollte man merken: Streuartikel sind keine individuellen Werbemittel!

Niemand assoziiert die gute Schreibweise eines Kulis mit der Firma Müller die Ihr Logo auf ein Massenprodukt aus dem Katalog XY hat drucken lassen.
Aber wehe die Miene kratzt oder ist nach nur 2 Wochen leer – da hat die Firma Müller wohl mal wieder sparen wollen – und das drehen die ihren Kunden an – Frechheit.

Den selben Effekt hat ein Feuerzeug auf welchem ich das Logo erst wirklich wahrnehme, wenn es leer ist, damit ich weiß, wer mir so einen Schund andreht.

Denken Sie mal 5 Minuten drüber nach und dann nennen Sie mir mindestens 5 Firmen mit deren Streuartikeln Sie heute in Kontakt gekommen sind. Ihnen fallen keine ein? Wundert mich jetzt nicht.

Schauen Sie sich um. Ihr Kalender vom Supermarkt, den die nette Verkäuferin Ihnen letzte Woche geschenkt hat, hängt in Ihrer Küche. In Ihrem Auto haben Sie eine Parkscheibe vom Autohändler um die Ecke und Ihre Zigarette zünden Sie mit freundlichen Grüßen Ihres örtlichen Stromlieferanten an. Selbstverständlich schreiben Sie die Adresse von Tante Erna mit einem Kugelschreiber von Ihrer Versicherung auf den Brief.

Wenn mich jemand fragen würde … aber mich fragt ja keiner.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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21 Gedanken zu „Das Sterben der Individualität

  1. Ich hab nicht nur nachgedacht und mir ist keiner eingefallen. Anschließend habe ich sogar nachgeschaut und in meinem Blick- und Arbeitsfeld nur einen Werbekugelschreiber gefunden. Der Kugelschreiber, mit dem ich schreibe, hat zwar auch ein Werbelogo darauf, aber den habe ich käuflich erworben, da 15 EUR für einen Cross-Stift billiger als im Schreibwarenhandel war.

  2. Ich kaufe meine Feuerzeuge immer selbst. Aber halt auch deswegen, weil ich die guten,großen Bic nehme, nicht die Billigdinger, die es als Werbegeschenk gibt und die nix taugen.

  3. Ich habe nur diese Megalangenstreichhölzer, weil man damit die Anzünddinger im Grill besser anzünden kann als mit den kurzen und an Feuerzeugen verbrenn ich mir immer die Pfoten, daher habe ich sowas grundsätzlich nicht daheim. Tja, und da ich nur mit meinem Füller schreibe, habe ich auch das Kuli-Problem nicht. Kalender ist Filofax und auch selbst geschenkt bekommen. Ich habe echt keine komischen Werbeartikel-Streuartikel daheim…

  4. Erst Samstag bekam ich eine zusammenklappbare Frisbeescheibe, die ich gleich weiterverschenkt habe.

    Die Firma bei der ich mal war hatte einmal zu Weihnachten ein Buch an die Kunden verschenkt, das praktischweise bei einem nebenbei laufenden Projekt abgefallen war.

  5. In meinem Beruf sind solche Werbekugelschreiber lebensnotwendig und bei der „Verlustrate“ durch Unachtsamkeit etc. bin ich für jeden weiteren Kugelschreiber dankbar!

    Also rede hier bitte nicht den Firmen ein, daß solche Werbegeschenke unnütz seien ;)

  6. nix gegen kugelschreiber als werbemittel: die profilierungsmöglichkeit besteht darin, einen zu verschenken, der ausnahmsweise mal funktioniert. feuerzeuge und aschenbecher sind dagegen ein zeichen dafür, dass man dem kunden unschöne krankenheiten an den hals wünscht. für mich sind gute kundenzeitschriften mit nützlichen informationen das beste werbegeschenk – oder gleich 3% skonto.

  7. Es gibt wirklich nützliche Werbegeschenke. Von einem Kugellagerhersteller haben wir während des Studiums ein technisches Taschenbuch bekommen, welches mir auch heute noch gute Dienste tut. Von einem Messgerätehersteller habe ich eine Schreibtischunterlage, auf der das Periodensystem der Elemente abgebildet ist inklusive einiger Daten, auf die ich immer mal zurückgreife. Und die Ikea-Bleistifte verbrauche ich reichlich :-)

  8. Generell sind ja aus Kostengründen Werbeartikel eher rückläufig. Die wirklich interessanten „Geschenke“ gibt es sowieso nur ab einer gwissen beruflichen Position. Eine handschriftliche Karte mit ein paar netten persönlichen Worten am Jahresende ziehe ich jedem Kugelschreiber vor.

  9. Vor mir die Tasse einer Consultingfirma (Logo dank frischem Kaffee im Blickfeld)
    Mein Lieblingskuli ein Werbegeschenk einer Logistikfirma (gutes Schriftbild und liegt, im Gegensatz zu den teuren Vorzeigeobjekten hier auf dem Tisch, sehr gut in der Hand)
    Der überaus nützliche USB-Stick ist von einer Softwarefirma.
    Und auf dem Mülleimer klebt „Ready for Windows XP“. Das war allerdings kein Werbegeschenk ;)

  10. na dann will ich es mal versuchen:

    1. Arcor Mauspad (ganz schlimmes Teil)
    2. Tobaccoland Kugelchreiber (Der Anklipper ist schon kaputt)
    3. Apotheken-Kalender
    4. Tasse von einem Consulter (die ist super weil so groß, das mit zwei Stücken Zucker im Tee genau mein Geschmackt getroffen wird im Gegensatz von all den anderen Tassen)
    5. Das Desktop Wallpaper meines Notebooks was sich noch immer Auslieferungszustand befindet
    6. Ein kleines auswechslbares Plätchen an meinem alten Nokia 6310i. Da gab es mal eine Aktion das man das kleine Plastikding mit seinem Namen versehen lassen kann.

    ich finde das ganz ordentlich. Das sind alles Dinge die hier auf meinem 180 mal 80cm Schreibtisch stehen.
    Es stimmt aber schon. Es muss was sinnvolles sein. Noch einen Kalender brauch ich nicht und ich kann auch nur mit einem Kugelschreiber schreiben.

  11. Och. Sooo schlimm finde ich die Personenwaage von Radio Bremen 4 gar nicht…

    Aber die ist auch echt gewonnen und nicht bei irgendeiner Veranstaltung von der Bühne geworfen worden ;-)

  12. Ich habe eine Aversion gegen Anbiederei. Bei mir fallen Vertreter / Repräsentanten von Unternehmen nur negativ auf, wenn die mir so ein Nippes unterjubeln wollen. Auch, weil ich entzürnt darüber bin, dass die meinen, ich würde mich über diese give-aways freuen, geschweige denn nächstens deren Unternehmen bevorzugen oder denen deshalb die Treue halten.

  13. Toll fand ich die FlipFlops die hier letztens von einem Autohändler wahllos an die parkenden Autos gesteckt wurden.

    Praktischerweise war es immer nur einer. :-))

  14. Also, ich kann ohne das Zeug nicht leben… meine Kugelschreiber machen es mit mir nämlich nicht lange mit, egal ob es die umsonst gab, oder ob der Spaß 15 Euro gekostet hat…

    Also, ich mach mal die Augen zu:

    1. Kugelschreiber von der Caritas
    2. Post Its von der Caritas (in schickem Weiss)
    3. Terminkalender von einer Druckerei (wichtig!!)
    4. großer Kalender mit Panoramabild von Regensburg von derselben Druckerei (sehr, sehr wichtig, da steht nämlich der Urlaub drin und schaut auch noch gut aus!)
    5. Kugelschreiber von MAXI-DSL (schreibt schön, ich bin aber bei Arcor!)

    So, und jetzt fällt mir nix mehr ein!

  15. Der blanke Horror sind die Werbegeschenke, die man als Arztkind so erhält. Die Pharma-Firmen schmeissen damit nur so um sich und offensichtlich sind die kreativen Köpfe in den Marketing-Abteilungen auch nicht wirklich unabhängig.

    VOR der Gesundheitsreform gab’s wenigstens noch feine Sachen, Reisen, PDAs, sowas. Inzwischen gibt’s nur noch billigen Tand aus chinesischen Hinterhof-Manufakturen…

  16. Mal langsam!
    Wenn man natürlich Mist verteilt, dann lässt man es besser gleich sein.
    Aber um mal ein Beispiel zu nennen, unsere Kulis, die wir „streuen“ sind von Prodir und darauf gekommen die zu nehmen, sind wir, weil es ein Streuartikel einer Agentur war, die uns ein Angebot unterbreitete.
    2 Kulis bekommen, einen die Kollegin und einen ich.
    Paar tage später haben wir über den kulis gesprochen. Das Ende vom lied war, wir haben den Kuli selber bestellt, um unser logo zu tragen.
    OK, die Agentur haben wir nicht genommen, aber das war die Fehlentscheidung eines anderen hier, da hab ich nix mit zu tun :)

  17. Mein liebstes Werbegeschenk: Ein Kaffeebecher mit dem legendären
    Eye-Bee-M-Logo von IBM (Paul Rand). Ähnlich gern gesehen ist eine sehr schicke schwarze Tasche mit einem von Otl Aicher gestalteten Logo. Beides macht seit über zehn Jahren Freude. Sonst gibts hier nur noch den Tischkalender einer Druckerei.

  18. Ich besitze – wenn ich mich jetzt nicht völlig irre – keinen einzigen Streu- bzw. Werbeartikel. Wenn die Dinger irgendwo ans Auto geklemmt werden schmeiß ich sie weg und wenn mich so ein dreister Vertreter fragt, ob er mir mit einem bedruckten Softball ne Freude machen kann, dann renn ich ganz schnell davon, weil ich sonst leider schnell unverschämt werden könnte.
    Man sollte mal nen Allianzvertreter (natürlich nur ein Beispiel, könnte auch von der Pfefferminzia sein) fragen, ob er wohl glaubt, dass man sich eine tolle Versicherung aus seinem Haus leisten kann, wenn er einem doch gleichzeitig unterstellt, dass man nicht genug Geld hat, sich nen Kugelschreiber oder Faltkalender zu kaufen. Ich empfinde diese Streuartikel als völligen Krampf. Der Name der Firma bleibt einem trotzdem nicht vor Augen und in den meisten Fällen verursacht es früher oder später doch nur Müll. Am Ende muss man noch aufpassen, dass man nicht mit nem Telekomstift nen Arcorvertrag unterschreibt.

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