Das Ideen-Ei

Wie der ein oder andere Leser vielleicht schon bemerkt hat, habe ich eine Schwäche für das „Geschichten um Emotionen basteln“. Bei nahezu jedem längeren Gespräch mit Freunden und/oder Familie schleicht sich irgendwann der Gedanke ein: da könntest Du eine Geschichte draus schreiben. Die Gefühle und die Situation versuchen so darzustellen, dass völlig Fremde Menschen nachfühlen können, was jemand Unbekanntes empfunden hat. Vielleicht auch Geschichten rund um eine Emotion erfinden, die dem Gefühlten gerecht werden.

Aus dieser Überlegung heraus habe ich dann weiter auf der Idee herum gedacht. Unter anderem auch Gespräche mit Menschen geführt, die sich hauptberuflich mit dem geschriebenen Wort befassen und den guten Rat erhalten, mich mal an Texten zu probieren, die ein Thema behandeln, mit dem ich gar nicht kann. Diese Übung sollte helfen, besser in die Worte und Köpfen anderer eindringen zu können und deren Sichtweise zu verstehen.

Es dauert einige Zeit, bis ich ein wirklich ätzendes Thema gefunden hatte. Eins, mit dem ich mich gar nicht identifizieren kann, welches mir unheimlich viel Recherche abverlangte und mich zwang in Welten einzutauchen, die mir ein wenig Angst machten. Was dabei zum Schluss raus kam war wirklich erstaunlich gut. Gut in der Hinsicht, dass mir das Ergebnis gefällt. Und in der Hinsicht, dass andere das Ergebnis ebenfalls toll finden. Ein schönes Gefühl.

Diese Geschichte abgeschlossen, hatte ich wieder Zeit an meiner alten Idee weiter zu feilen. Ein wenig mehr Interaktivität und Kommunikation wäre schön, mit Fremden, Bekannten und Freunden. Seit rund einer Woche trage ich nun die „fertige Idee“ mit mir herum und grüble, ob ich es wagen sollte, diese hier zu thematisieren.

Sie verstehen sicher, dass so eine Idee, an der man lange rumgestrickt hat, wie ein rohes Ei ist. Immer schön in Watte packen, immer schön behüten. Sie jetzt hier offen auszusprechen ist so, als wenn ich das Ideen-Ei in die Mitte des Raumes stellen würde und neben der Tür ein Ständer mit Baseballschlägern und einer mit Samthandschuhen stünde. Jeder der vorbei kommt greift einfach in einen der Stände und behandelt mein rohes Ideen-Ei so, wie er meint.

Das kann böse ausgehen und davor hab ich ein wenig Angst.

Trotzdem, genug der Schwafelei. Die Idee ist die, dass Leser des Daily Me, die der Meinung sind eine Geschichte zu erzählen zu haben, einfach eine Email an mich schreiben, in der sie ihre Geschichte so erzählen, wie sie selber diese empfunden haben. Um die geschilderten Gefühle und Geschichten baue ich dann einen neuen Raum, in dem sie stattfinden. Vielleicht sind diese Geschichten mal wahrheitsgetreu, mal fiktiv, aber zumindest im Kern immer echt. Auf jeden Fall wären sie immer anonym.

Viele der hier in den letzten Wochen veröffentlichen „Gefühle“ wurden ausschließlich auf mich bezogen, was dann und wann nicht einmal zutraf. Möglicherweise empfinden sie diese Wortketten als langweilig, wenn sie keinen direkten Bezug zu einer Ihnen vermeintlich bekannten Person haben, aber dennoch reizt mich dieses Thema außerordentlich.

Vor kurzem fragte mich jemand, warum ich eigentlich so gerne schreiben würde und warum das Geschriebene oft so tränenreich und kitschig sei. Vielleicht, weil ich kitschig bin, aber wohl in erster Linie, weil ich nicht Singen kann und so keine musikalischen Schnulzen zum Besten bringen kann. Ich versuche halt die fehlende Melodie durch Worte zu ersetzen. Das gelingt nicht immer, aber es ist eine Herausforderung, die mir sehr viel Spaß macht.

Das wäre also mein rohes Ideen-Ei.

Denken Sie daran: links und rechts steht je ein Ständer. Wählen Sie bedacht. Bitte.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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7 Gedanken zu „Das Ideen-Ei

  1. Da fällt die Wahl nicht schwer – definitiv die Samthandschuhe. Vor allem, weil ich gespannt auf das Ergebnis bin – vorrausgesetzt, es finden sich Geschichten, worüber ich mir allerdings kaum Sorgen machen würde.
    Noch kann ich es mir nicht richtig vorstellen, halte es aber auf jeden Fall für eine sehr interessante Idee. Man darf gespannt sein…

  2. Ich möchte die Idee erst anhand des Resultats verbasebeulen. Oder samt Handschuhen weichstreicheln. Wer pure Ideen kaputt macht, blickt nicht dahinter. Und stinkt.

    Es ist übrigens Kirner Pils, was diese Sätze formte.

  3. verrückt?

    sie klingt für mich eher so.

    „sie hatten ein einschneidendes erlebnis, etwas dass sie verändert hat?, journalist schreibt einfühlsam ihre geschichte auf, sie bekommen für das interview 30,- Euro“

    aber text bringt das allemal, wann man schon alles über sich selbst geschrieben hat.

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