time is running.

Endlich Wochenende, endlich ausschlafen. So war der Plan, eigentlich. Leider musste der Mann heut sehr früh raus und da noch diese und jenes fehlte, bin ich als braves Weibchen direkt mit aufgestanden. Ich hatte wirklich den festen Vorsatz wieder ins Bett zu gehen.

Als sich jedoch die Haustür schloss und ich unentschlossen im Wohnungsflur – zwischen Küche und Schlafzimmer – stand, entschied ich mich dafür, mich nicht weiter im Bett zu langweilen. Also saß ich am Küchentisch, umklammerte meinen Kaffee und starrte aus dem Fenster. Mir ist gar nicht bewusst gewesen, dass es erst um halb neun wirklich hell wird. Die Zeit fliegt vorbei, so geräuschlos und unbemerkt, dass es mich schaudern lässt.

‚Oktober!‘, denke ich, ‚Wir haben Oktober. War nicht gestern erst Weihnachten? Ostern?‘

Wo ist dieses Jahr geblieben, welches so erfolgreich und gewinnbringend geplant war und schließlich einfach irgendwie normal verlief? Wo sind überhaupt die letzten Jahre geblieben? Habe ich nicht erst gestern das letzte Mal ein Schulgebäude verlassen?

Meine Schwester berichtete mir vor ein paar Wochen, dass mein Neffe nun wieder Herbstferien hätte. Ferien, ja, das waren noch Zeiten. Als Schüler schien eine Ewigkeit zwischen Sommer-, Herbst-, und Winterferien zu liegen. Heute frage ich mich dann und wann, wie man nur soviel Ferien haben kann.

Ein Schultag mit fünf Unterrichtsstunden wollte nie enden. Heute verlasse ich nach mindestens acht Stunden unsere Agentur schaue hektisch auf die Uhr, frage mich erneut, wie der Tag so schnell vorbei ziehen konnte und beeile mich noch rechtzeitig in den Supermarkt zu kommen, um für das Abendessen einzukaufen.

Abendessen, nie habe ich mir Gedanken darüber machen müssen, was ich wohl abends essen könnte, denn das Essen stand bereits warm und dampfend auf dem Tisch und wartete nur auf mich. Es hat geschmeckt, jedes Mal. Nur als man von Daheim auszog, eine eigene Küche bekam und das erste Mal mit Töpfen, Schüsseln und Lebensmittel hantierte, da hat es nicht geschmeckt. Nicht so gut wie zu Hause, wie bei Mama. Aber auch das habe ich in den Jahren gelernt.

Jahre, ja, wo sind sie geblieben? Wieso scheint es ewig zu dauern, bis man erwachsen wird? Bis man volljährig ist?

Wieso vergeht ein Jahr heute so schnell? Wieso wird man plötzlich so rasant schnell alt?

Langeweile, wie oft habe ich mich als Teenager gelangweilt, vor dem Fernseher gehockt oder Zeit gehabt, stundenlang zu Telefonieren?

Wieso bin ich heute so oft gestresst, muss Freunde am Telefon abwimmeln, weil ich noch so schrecklich viel zu erledigen habe?

An welchem Tag kam die Wende, an der man nicht mehr erwachsen wurde, sondern erwachsen war? Wüsste ich, an welchem Punkt meines jungen Lebens die Zeit aufhörte neben mir herzuschleichen und stattdessen vor mir wegzulaufen, ich würde diesen Tag noch einmal erleben wollen. Nur, um mir bewusst zu werden, wieso, warum und weshalb. Was hat sich geändert?

Geld, meine ganze Pubertät und Teenagerzeit über war ich knapp bei Kasse, hatte nie genug Geld, um einen Monat vom ersten bis zum letzten Tag auszukosten.

Nicht wirklich beruhigend, dass sich manche Dinge dann doch nicht ändern.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
Beitrag erstellt 4659

13 Gedanken zu „time is running.

  1. „Der Christian Fischer hat einen sehr lesenswerten Artikel dazu verfasst, wie wir mit unserer Zeit umgehen und umgehen sollten.
    Die Pia beschreibt in ihrem Artikel genau die Gefühle, die ich auch so gut kenne.
    Und ich habe da meinen eigenen sehr speziellen Weg gefunden, auf viel zu vielen Baustellen durchs Leben zu stolpern […]”

  2. Stimmt – einmal umgedreht, und schon ist wieder ein Jahr vorbei. „Gestern“ habe ich meine Tochter nach als 3kg Baby im Arm gehalten, und jetzt geht sie kommenden Sommer schon in die Schule. Als ich vor einigen Tagen einem Kollegen erzählt habe, daß ich vor ein paar Jahren noch jedes Wochenende 400 km heim gefahren bin, weil ich geglaubt habe, ich bin nur kurz in Hessen … da stellte ich fest, daß inzwischen fast auf den Tag 17 Jahre ins Land gezogen sind. Puh..

  3. „An welchem Tag kam die Wende, an der man nicht mehr erwachsen wurde, sondern erwachsen war?“

    Irgendwo stand mal, dass man erwachsen ist, wenn man freiwillig in Bett geht.

  4. Erwachsen werden. Ist schon ein Thema für sich – *ich* fühle mich definitiv noch bei Weitem nicht erwachsen. Hab‘ noch kein Leben aufgebaut. Hab‘ erst ein paar Entscheidungen getroffen, die mich „auf Kurs gebracht“ haben. Und das, obwohl ich inzwischen auch schon über drei Jahre aus der Schule bin.

    Die Zeit rennt uns davon. Manchmal habe ich das Gefühl, einfach anhalten zu wollen, weil ich nicht mehr Schritt halten kann. Wir hetzen uns ab, gönnen uns keine Ruhe – und doch denken wir am Ende eines Tages immer: „Das soll’s jetzt gewesen sein?“ Wir schaffen es nie, die Dinge zu tun, die wir auch wirklich tun wollen – weil wir sie in unserem Alltag schlicht und einfach vergessen. Weil unser Kopf voll mit ganz anderen Dingen ist. Weil wir einfach nicht die Zeit haben, überhaupt daran zu denken. Ein Segen ist es, wenn man dann mal lange schlafen darf.

  5. Ich glaub, der Tag an dem die Zeit begann vor einem weg zu laufen war (zumindest bei mir) irgendwann waehrend oder nach der zehnten Klasse. Weil, ich bin zwar erst zarte 19 und damit wahrscheinlich juenger als die meisten hier, frag mich aber trotzdem, wo eigentlich diese ewigen zwei Jahre hin sind, die ich doch in der Sekundarstufe 2 verbringen sollte. Und wo ist eigentlich dieser endgeile Sommer hin, der doch der beste des Lebens sein soll und auch nah dran war?
    Und dann sollte ich doch auch erst in vier Monaten ins Ausland fliegen und jetzt sitz ich schon hier in Vancouver.
    Super Eintrag jedenfalls.

    Nebenbei find ich den Blog toll, auch wenn ich erst vor 2 Wochen drauf gestossen bin. Zumindest kein „was ich dieses Wochenende gemacht hab“ – Gelaber. Thanks for lighting up my day :)

  6. @ alle unter 25

    Glaubt mir Leute, das von Pia beschriebene Gefühl stellt sich bei den meisten (Ausnahmen gibt es natürlich) erst mitte Zwanzig ein. Da ist das Leben meist nicht mehr so luftig und easy going wie vorher. Man beginnt nachzudenken wie es weitergeht. Man geht Verpflichtungen ein (beruflich, finanziell und privat) und ist auf einmal in einem Geflecht von Verantwortlichkeiten und Pflichten eingebunden. Mit einem Wort man ist Erwachsen geworden. Dinge die früher wichtig waren verlieren an Bedeutung (manchmal zu unrecht) und Dinge die man früher nie verstand sind auf einmal selbstverständlich. Ziele ändern sich weil man Möglichkeiten erkennt oder auch deren Nichterreichbarkeit. Im Teeniealter wartet man eigentlich ständig. Den ersten Kuss, die nächste Party, die Ferien, endlich 18 zu werden, den Führerschein, das erste Auto, das endlich die Schule vorbei ist und das richtige Leben anfängt. Warten ist halt manchmal langweilig.

    Und was das Zeitgefühl anbelangt habe ich mal eine schöne Erklärung gelesen:

    Wenn du 6 Jahre alt bist, dann ist die Zeit zwischen zwei Geburtstagen oder Weihnachten fast unendlich. Klar, das Jahr entspricht gerade mal 1/6 deiner Lebensspanne. Wenn Du 30 bist entspricht es 1/30 da geht ein JAhr schon schnell vorbei. Ich mag mir kaum Vorstellen wie sich das dann mit 70 oder 80 anfühlen mag.

  7. Stimmt bis Mitte Zwanzig war das alles noch irgendwie cool. „Plötzlich“ ist man über 30 und stellt sich zunehmend die Frage „Wo ist Deine Jugend geblieben“ Die Zeit rast an einem vorbei. Eben war noch WM-Stimmung, dann der verregnete August und schon ist der Oktober beinahe Geschichte und die kalte dunkle Jahreszeit hat einen wieder im Griff. Jedes Jahr aufs neue die Devise, nächstes Jahr wirds ruhiger.

  8. *mal eben in das Zeit-vergeht-viel-zu-schnell einstimmt*
    Hach ja. Vergeht echt viel zu schnell, diese Zeit. Und ist dann auch noch dauernd mit Arbeit belastet. Bei mir gings glaub ich so während des Studiums los, relativ schleichend zwar, aber unaufhaltsam. Während mir die ersten vier Wochen noch wie eine Ewigkeit vorkamen, ging es dann auf einmal immer schneller. Und nu das…

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