Geständnisse #7

Man könnte der Meinung sein, so ein Mensch, der seit Jahren bloggt, der redet auch im wahren Leben ständig über sich und seine Erlebnisse. Es wird Sie vermutlich wundern, aber ich muss Ihnen heute leider mitteilen, dass dem nicht so ist. Insofern schüttle ich über „die hält sich für unheimlich wichtig, ist selbstverliebt und von sich überzeugt“ schmunzelnd den Kopf, dreh mich um und mache was anderes.

Entgegen meiner Webpräsenz bin ich im wahren Leben nämlich der schüchterne Typ, sofern ich jemanden nicht kenne. Auch Menschen, denen man schon das ein oder andere Mal begegnet ist, erzähle ich so gut wie nichts über mich oder mein Leben.

Ich empfinde es als sehr unangenehm, wenn jemand permanent über sich selber spricht und erlebe nur allzu oft, dass Leute mit „Ich kann“-, „Ich habe“-, „Ich bin“-Geschichten langweilen. Noch schlimmer sind die, die mit ihrem gefährlichen Halbwissen ständig unterschwellig prahlen müssen, indem sie irgendwelche großen Denker zitieren und möglichst viele Fremdwörter benutzen.

Menschen, die mich wirklich kennen wissen, dass ich von Selbstzweifeln zerfressen bin und permanent Sorge habe, andere zu langweilen bzw. aufdringlich oder unhöflich zu sein. Das sind dann auch die Menschen, denen ich durchaus mal mehr von mir und meinem Leben erzähle. Seit kurzem sind es zwei weniger. Vielleicht, weil ich ein Stückchen mehr erwachsen geworden bin und mich das „ach so tolle und beneidenswerte“-Leben anderer weitaus weniger interessiert, als das früher vielleicht mal war. Oder aber auch, weil mir vorher nie aufgefallen ist, wie viel vom Gesprochenen tatsächlich nur Prahlerei und wie wenig wirklich echtes, wahres Leben ist.

Und bevor wieder jemand mit „Einspruch weil widersprüchlich“ ankommt:
Ohne eine gewisse Arroganz hätte sich dieser Beitrag wohl nicht schreiben lassen. Aber geschrieben ist alles viel einfacher und nur halbsowild, wie im echten, wahren Leben. Vielleicht ist genau das der Grund, warum ich schon seit so vielen Jahren blogge und damit einfach nicht aufhören kann.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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7 Gedanken zu „Geständnisse #7

  1. Der Beitrag könnte glatt von mir sein. Ich bin im wahren Leben auch sehr schüchtern.

    Aber geschrieben ist alles viel einfacher und nur halbsowild, wie im echten, wahren Leben.

    Und genau deswegen blogge ich auch. Ich schaue mir meinen Gegenüber immer sehr genau an wenn ich mit ihm rede, ob er gelangweilt ist oder auch mit seinen Gedanken woanders. Beim bloggen merke ich das nicht und fühle mich daher auch nicht unwohl.

  2. Du sprichst mir aus der Seele. Beim Bloggen ist es mir insofern auch egal, ob ich jemanden langweile, weil dieser jemand ja jederzeit die Möglichkeit hat, ohne Erklärung wegzuklicken.

  3. Na also jetzt bin ich wohl baff Frau Pia – als schüchtern hätte ich Sie jetzt nie „geschubladet“.

    Und OffTopic: Wo kann ich mir denn als Stammheuler auch so ein Bildchen neben meine Beiträge anlegen? – Geht das?

  4. Lieber Bankblogger, Sie, als Stammheuler, dürfen mich auch ruhig mal falsch schubladen. Und einen Avatar können Sie unter gravatar.com hochladen. Der wird dann hier angezeigt, wenn Sie die selbe E-Mail-Adresse verwenden.

  5. Irgendwie will ich soviel dazu sagen, fand aber heute Nachmittag schon nicht die Richtigen Worte dazu.

    Nur, mir geht es genauso .. ich blogge auch Kram, welchen ich sonst so garnirgends erzählen würde. Bloggen ist eben bloggen, und nicht plaudern, reden wieder auch immer.

    Und verstehen können d a s wohl auch nur Blogger …

  6. Als schüchtern würde ich mich eigentlich nicht bezeichnen, allerdings bin ich normalerweise lieber der Zuhörer, der Helfer, der Ratgebende. Im Blog kommt dann alles hoch, was ich vor lauter Zuhören nicht sagen konnte – vielleicht auch aus Angst, dass MIR dann keiner zuhört.

  7. Da kann ich mich nur den Worten von Cindy anschließen. Der Eintrag könnte in ähnlicher Form von mir sein.

    Ich stehe immer wieder kurz davor, dass Bloggen ganz an den Nagel zu hängen weil das Bild, welches ich – unbewusst? – in meinem Blog vermittele sich so von der tatsächlichen „Frau W.“ unterscheidet. In der Realität wird aus der scheinbar so extrovertierten Frau ein introvertierte Auster, der man alles aus der Nase ziehen muss.

    Schön zu lesen, dass es scheinbar auch anderen so geht. ;-)

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