Kleiner Quietschbeu

Wieso das Miezbaby ein Quietschbeu ist, das will ich Ihnen heute mal erzählen. Das Miezbaby ist an sich ein sehr Pflegeleichtes. Es quietscht wenn es Hunger hat, die Windel voll hat oder Körperwärme, sprich Mama oder Papa, braucht. Manchmal hat es auch einen Pupsbauch, den muss man dann streicheln und wärmen. Ein ganz normales Baby also. Die meiste Zeit schmatzt es zufrieden vor sich hin und hat dieses debile Milchgrinsen. Zuckersüß.

Wenn aber der Zufriedenheitszustand kippt, sprich Nahrung, Windeln, Wärme eingefordert werden, dann sagt das Miezbaby sofort bescheid und brummelt nicht erst mahnend rum. Soll heißen, dass der kleine Mann direkt und ohne Umwege von 0 auf 180 geht. Das ist dann kein Babyschreien wie man es kennt, sondern ein so grelles und hohes Quietschen, dass z.B. der Mann dann ein paar Meter Abstand nehmen muss. Es ist wirklich schmerzhaft hoch, das Miezbaby-Stimmchen.

Und weil ich seine Mama bin macht mir das nicht viel aus. Direkt neben meinem Ohr ertrag ich es auch nur schwer, aber es ist ertragbar. Außerdem lässt sich das Miezbaby sehr schnell wieder beruhigen. Bisschen Puscheln, Schaukeln, Knutschen und zack, ist es wieder friedlich. Dennoch quietscht es ja erst mal und das war etwas, was ich auch erst verstehen und lernen musste.

Im Krankenhaus war ich ständig darauf bedacht, die anderen Mütter nicht zu stören. Wenn das Miezbaby also plötzlich und unerwartet in der Nacht anfing zu quietschen, dann hab ich es mir geschnappt, bin ins Stillzimmer gedüst und habe dort dann gewickelt oder gefüttert.

In einer Nacht traf ich im Stillzimmer zwei andere Mütter, die gerade ihre Babys anlegten. Ich grüßte verschlafen, legte mein Baby auf die Wickelkommode und machte die Wärmelampe an. Augenblicklich quietschte das Miezbaby los, weil es die Wärmelampe auch doof fand.

Ich puschel und kuschel also an ihm rum und bekomme schnell ein zufriedenes Lächeln und strahlende Augen von meinem Baby geschenkt. Ich sagte ja, es ist pflegeleicht. Und während ich noch so mit ihm rum schäkere fällt mir auf, dass die anderen Mütter ihre Unterhaltung eingestellt haben. Ich schaue auf und ernte absolut entsetzte Blicke.

„Das ist ihr Baby? Ich hab mich schon gefragt welcher armen Mutter wohl das Baby mit diesem fürchterlichen Organ gehört! Ich wache ständig auf, wenn es schreit!“

Mir schießen die Tränen in die Augen. Wie kann man sowas Gemeines sagen? Arme Mutter? Ich?

Ich packe mein Baby, entschuldige mich (wie doof kann man sein. Ich habe mich wirklich entschuldigt!) und verlasse das Stillzimmer. Weil ich nicht zurück in unser Zimmer will/kann, stehe ich also hilflos mitten im Besucherbistro, das Miezbaby im Fliegergriff sachte schaukelnd und heule Rotz und Wasser. Das ist so gemein. Das macht mein Baby doch nicht absichtlich. Und überhaupt ist es doch gar nicht so schlimm.

Schwester Ursula, resolut, Mitte 50, kommt vorbei und fragt mich was los sei. Ich versuche mich zu beruhigen und schüttle nur den Kopf. Sie nimmt mich in den Arm und irgendwann sage ich, dass der Kleine immer so grell quietscht, und dass sich andere Mütter gestört fühlen. Und dass ich nach Hause will. Dahin, wo ich nicht auf jeden und alles Rücksicht nehmen muss.

Sie nimmt mir mein Baby ab, flirtet mit ihm und macht ihm furchtbar nette Komplimente („Du hübsches, großes, starkes Kerlchen. Du Zuckerpups. Deine Mama hat gar keinen Grund zu weinen, bei so einem perfekten Baby.“)

Dann legt sie ihn wieder in meine Arme und sagt, dass ich am nächsten Tag nach Hause gehen soll. Auch wenn die Ärzte gerne etwas anderes hätten. Ich müsse mich wohl fühlen, nur dann würde sich auch mein Baby wohl fühlen. Aber das hätte sie mir jetzt nicht geraten. Dann zwinkert sie.

Am kommenden Tag gehen wir beide auf eigene Gefahr hin nach Hause. Auch jetzt noch quietscht das Miezbaby, aber ich springe nicht mehr hysterisch auf, stürze von einem Raum in den anderen, sondern kann ruhig und besonnen puscheln und kuscheln. Das Wochenbettfieber ist schlagartig verschwunden, kaum dass wir zu Hause waren. Mein Gemütszustand ist zufrieden, glücklich und manchmal euphorisch. Wir sind angekommen. Der Alltag spielt sich ein.

Ich hab einen kleinen Quietschbeu und bin dennoch überglücklich (und der doofen Mutter aus dem Stillzimmer wünsch ich einen fiesen Milchstau. So.)

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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27 Gedanken zu „Kleiner Quietschbeu

  1. He he, Sie können aber ganz schön rachsüchtig sein :-) Aber recht so, wie kann man einer stolzen Mutter so ein Quatsch erzählen. Als ob andere Babys nie schreien oder quietschen. Genießen Sie Ihre kleine Sirene und freuen Sie sich, dass es Ihnen schlagartig besser geht. Ich freu mich wie Bolle für Sie.

  2. Liebe Frau Miez,

    sie können immer so schön lebhaft schreiben…
    Also manche Leute haben aber auch überhaupt kein Taktgefühl, wie kann
    man nur so etwas sagen…
    Dem letzten Satz kann ich nur zustimmen ;-)
    Schön, dass es Ihnen wieder gut geht…

  3. Boah. Das find ich unglaublich dreist! Ich wünsch der Frau noch ganz andre Sachen an den Hals. Vielleicht ein Schreibaby oder so…
    Das Miezbaby ist toll so wie es quietscht ;) Und ich finds schön, wenn du dich jetzt Zuhause wohlfühlen kannst und euer Kind so nach Herzenslust quietschen kann wie es will.

  4. Jetzt mal ganz ehrlich, doofe doofe Frau. Mir kommen die Tränen wenn ich sowas höre. Mir wurde auch gesagt, oh wie Arm ich doch wäre weil Lilly so viel Bricht und Nachts nicht durchschlafe. Mein Gott das Kind ist 2 Monate alt!

    Nur weile solche Frauen mit einem etwas „schwierigerem“ Kind nicht klar kämen sollen die nicht so einen Quatsch reden.

    Machen sie so weiter und ein lautes Organ ist zwar für Elternohren nicht so schön, aber da sieht man doch was ihr für einen starken Jungen habt der sich im Leben bestimmt immer Gehör verschaffen kann :)

  5. So ist das mit den anderen Müttern. Und die Gemeinen trifft man leider immer irgendwo. Samstag stand eine neben mir, mit zwei unfassbar stillen, großäugigen und scheuen Kindern, die mit einem etwas gezwungenen Lächeln bemerkte, dass das Löwenkind ja doch eher ein ziemlich wildes sei. Und da ist er dann wieder, dieser Knoten im Magen, weil es mich irgendwie mitten ins Herz trifft. Immer noch.

  6. Boah, das war aber echt gemein….und trifft einen als Mama auch sehr hart, sowas zu hören, da kann man deinen letzten Satz gut verstehen :-)
    Hätte ich wohl auch so gedacht!

  7. Bah, Leute gibt es! Da braucht man ein dickes Fell. Ich kann mir schon vorstellen, wie es Dir gegangen ist – gut, dass Du dann auch wirklich einfach nach Hause gegangen bist. Auch wenn es mir dann später nicht gut ging, ich bin immer noch sehr froh, gleich nach Hause gegangen zu sein. Dort ist es doch am schönsten.
    Und ich bin mir ganz sicher, dass euer Quietschbeu ein entzückendes Kerlchen ist, quietschen hin oder her! Der weiss eben, was er will.

  8. Also Leute gibt es *kopfschüttel* Wirklich. Das Miezbaby kann doch nichts dafür, dass es quietscht!

    Ich werde auch oft gefragt, wie ich das aushalte, weil alle drei Kinder (Auch jetzt noch!) ziemlich fiese Schrei- und Stimmlagen haben.
    Augen (und Ohren) zu und durch. Das dicke Fell anlegen und die Anderen reden lassen (Die haben meist eh keine Ahnung ;) )

    Ihren letzten Satz kann ich verstehen, musste aber ein bischen schmunzeln… Mama`s können arg fies werden ;)

  9. ich mag den „Zuckerpups“ großartig.
    und außerdem bin ich furchtbar neugierig, ich würde das quietschen so gern mal hören.

    wenn mein kleinster sich überschlägt, dann gerät seine stimme nahe an dem glasbruchbereich. und er überschlägt sich oft. so ist das nun mal! und je mehr andere das doof finden oder sich augenrollend am liebsten die ohren zuhalten möchten, desto lauter wird die stimme.
    sie wird nämlich nur durch ZUHÖREN leiser!

  10. Hach. Wie auch schon beim Geburtsbericht rollen hier die Tränen. Wunderbar, dass das Miezbaby nun quietschen kann wie es will und fertig. Tolle resolute Schwester im KKH!
    Und der doofen Mutter wünsch ich den Milchstau mal mit. So.

  11. Ein Hoch auf Schwester Ursula! Das war sehr lieb und umsichtig von ihr. Und wie Du gesehen hast – genau der richtige Tipp. Wäre schön, wenn es in jeder Klinik so einen besonnenen, tröstlichen Menschen gäbe.

    Ich freue mich, dass Dein Kindbettfieber weg ist und Du Dich jetzt ganz auf Euch konzentrieren kannst :-)

  12. schön, dass ihr nun angekommen seid. und Schwester Ursula hat gesagt, dass dein Quietschbeu perfekt ist. also wenn das kein Komliment ist… und schön, dass es dir nun gut geht. und all den Frauen, die sich gestört gefühlt haben wünsche ich neben dem Milchstau, dass ihre Kinder schön lange und heftige Trotzphasen haben *höllisches-Lachen*!

  13. Dumme Menschen gibts überall. Und diese werden dann mit so tollen Menschen wie Schwester Ursula wieder ausgeglichen. Sich gestört fühlen ist die eine Sache, gehässig werden eine andere. Pfff… du hast so einen tollen Jungen, ehrlich. Das Nina kind uns ich sind völlig fasziniert von dem kleinen Wesen :) (und quietschen wohl leise vor Entzücken mit dem kleinen Kerl mit)

  14. Also beim Geburtsbericht habe ich mich ja noch tapfer gehalten, aber dann, da allein im Besucherbistro, also als Schwester Ursula kommt, da wurden meine Augen endgültig feucht. So ist das als Mama: man heult andauernd, und wenns um seine Kinder geht erst recht. Und man hat immer das dringende Gefühl seine Kinder zu verteidigen. Das passt schon und wenn er quietscht ist er gesund und was ganz besonderes, denn die anderen Kinder heulen nur ;-)
    Alles Liebe, jo

  15. Gerade frisch nach der Geburt ist man ja doch eher etwas empfindlicher und so Sprüche kann man sich da einfach verkneifen. Ein paar Tage später sieht die Welt dann auch wieder anders aus, wenn mir heute einer sagt:“Dein Kind ist aber wild, kommt von mir nur – besser so, als ein Valium Kind zu haben – das verstummt dann die meisten. Aber dennoch bin ich sehr empfindlich was meinen süßen Schatz angeht und kann dann auch echt giftig werden. Mach dir keine Gedanken dazu, dein Baby ist wunderbar, einzigartig und deins! :-)

  16. Sowas blödes …. selber frische Mutter und dann sagt man sowas??? Zeugt ja von der guten Stube der Dame!

    Fr. Miez sind und das Miezbaby (und der Miezmann ;-) ) sind großartig .. zweifeln sie da bloß niemals dran!!

    Und ja, auch mit kommen da Tränen *ehrlich*, weil solch grobe Gemeinheiten einfach schei*e sind. Gerade in so Situationen.

  17. Du meine Güte – und davon wurde sie wach? Die arme… soll sie mal abwarten, bis ihr Knödel so drei, vier Monate älter ist ;) Sie wird einen Nervenzusammenbruch nach dem anderen erleiden. Mit der Lungengröße nimmt nämlich durchaus auch die Lautstärke zu, ob´s nun quietscht oder nicht *g*

    Schwester Ursula war toll! Und, liebe Miezmama, ich kann Dich sehr gut verstehen, wobei das „Mitleid“ anderer Menschen hier erst nach dem KH-Aufenthalt begann (die Koliken gingen nicht sofort mit der Geburt los, sondern erst ein paar Tage später – im KH war Emma das ruhigste Baby überhaupt… ) und ich da glücklicherweise den schlimmsten ersten Hormonflash ziemlich hinter mir hatte.

  18. Quietschbabys sind die allerbesten. Ich hab hier ein mittlerweile 16jähriges Ex-Quitschbaby und das hat sich ganz wunderbest entwickelt (auch wenn sie das zeitweise ganz prima verstecken kann ;-) )

    Viel Spaß beim schnuffeln, knuffeln, knutschen und überhaupt.

    Eine Lektion sollte man als Mutter als allererstes lernen: Was andere für’n Dummzeuchs daherreden ist völlig wurscht und braucht einen gar nicht kümmern. Ist nur kaum mögllich im nachgeburtlichem Hormonrausch, also ein Hoch auf die wundervolle Krankenschwester!

  19. So ein doofes Geschwätz. Wie kann man nur soetwas sagen?
    Gut, dass du nach Hause gegangen bist, da kann das Miezbaby quietschen wie es will und ihr könnt kuscheln, kuscheln, kuscheln …

  20. Ärger Dich nicht!
    Ich kann das total gut verstehen. Ich habe auch so ein kreischendes Kind. Das kam aber erst nach einigen Wochen, war (und ist noch, 14monate) aber auch unerträglich laut! Man fühlt sich wirklich immer bemüßigt auf andere Menschen Rücksicht zu nehmen. Blödsinn!
    Inzwischen bin ich da lockerer geworden… aber so etwas zu einer Mama im KH zu sagen… das geht gar nicht! Aber sie hat ja nun ihren Milchstau! *fg*

    Geniesst die Zeit zuhause und den kleinen perfekten Quietsch….heisst es nicht boy? *gg*

    Ich bin sicher, ihr seid ein ganz tolles Team und bin gespannt auf weitere Berichte aus Eurem Leben!

  21. Der junge Mann hat rund zwei Wochen mehr Mamabauch als geplant, da konnte er seine Stimmbänder kräftig entwickeln… ;)

    Die andre Mutter ist wahrscheinlich nur neidisch: Männer, die sofort voll da sind, sind doch eher dünn gesät, hab ich mir sagen lassen…

  22. Starkes Kopfnicken von mir… dieses blöde Gefühl,andere nicht stören zu wollen….
    Kind1,frisch geschlüpft, alle fit. Meine Zimmergenossin-Kettenraucherin, Zweitgebärende, „paß mal eben auf meinen Kleinen auf, ich muß mal eine qualmen“,entließ sich nach 2 Tagen entnervt selbst,da sie keine Ruhe finden konnte. Ich würde doch tatsächlich auch nachts stillen und vom Rooming-In gebrauch machen.
    Ich war sooo sauer und doch voller Schuldgefühle. den ganzen Tag war unser zimmer voll mit ihrem Besuch, so dass ich mich immer verkrümeln mußte, und dann so ein blöder Spruch.
    Noch heute treffe ich sie auf der Strasse und verspüre tiefste Abneigung, ich nachtragendes Wesen!
    Genieß den Quietschbeu und schreib die ollen Puten ab.

    LG Jacqueline

  23. Tse. Weiber.

    Als Sr. Rabiata mich mit meinem Erstgeborenem am Busen aus dem Kreissaal abholte, empfing sie mich mit den Worten „Da müssns aba scho an Finger zwischn der Nasn und der Brust neihaltn, sonst erstickt er ihnen ja.“
    Kein Glückwunsch, nix. „Duu spinnst ja.“ hab ich gedacht und selig gelächelt.

    Weiber!

    (Schön, dass das Fieber weg ist und es Ihnen zuhaus gut geht!)

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