NEUN!

Guten Morgen liebes Webdings,

Du wirst heute sage und schreibe 9 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch!

Ich danke Dir, für all die wunderbaren Dinge, die ich mit und durch Dich erleben durfte. Ich war im Radio (freiwillig), in einem großen Magazin (freiwillig), in einer Boulevard-Tageszeitung (unfreiwillig) und im Fernsehen (freiwillig).

Ich konnte ein Buch veröffentlichen, Dich als „Referenz“ bei Bewerbungen angeben (und tatsächlich warst Du trotz meines rotzigen Tonfalls immer eine gute Referenz), Dich vollheulen, in Dir herum pöbeln, laut sein, leise sein, weinen.

Durch Dich habe ich die Herzfreundin kennengelernt. Zum Beispiel. Und eine Handvoll anderer Menschen, die ich nun seit mehreren Jahren jährlichen – meist im Frühjahr – wiedersehen darf, kann, will. Zu Beginn dieser Treffen sprachen wir über Dich und deine Brüder, über die Autoren hinter den Weblogs, über Geschehnisse in der Blogosphäre und technischen nerdigen Elektroscheiß.

Heute reden wir über den Job, die Familie, unser Leben im Allgemeinen. Es ist so ein bisschen, als sei man diesem ganzen Cyberscheiß entwachsen und hinge nur noch den schönen Erinnerungen nach. Kaum einer von uns bloggt noch regelmäßig, wenn überhaupt.

Du hast mich viel Nerven gekostet. Jetzt nicht Du persönlich, sondern die Menschen, die hier vorbei kamen und sich ungefragt mitteilten. Das Problem war und ist, dass ich hier von meinem privaten Leben erzählte, offen und frei, und 90% der Besucher sich berufen sahen, mein Leben zu bewerten, beratschlagen oder zu kritisieren. Dass ich einfach nur erzählen wollte, ein bisschen Smalltalk, ein bisschen Erheitern, ein bisschen Berühren, das konnten die wenigstens akzeptieren und verstehen. Ständig wurde beratschlagt und verbessert. Ich hasse es. Nach wie vor.

Das ist so ein Schlag Mensch, der sich ständig persönlich angegriffen fühlt. Ich sage, der Kaffee aus Maschine XYZ schmeckt scheiße und der Leser mit eben dieser Maschine beginnt zu nörgeln und zu meckern, dass würde ja gar nicht stimmen und woher ich diese Meinungen nehmen würde, ich hätte die ja schließlich gar nicht. Er nimmt mein Urteil, dass ich mir ganz sicher aus Erfahrungen mit dieser Kaffeemaschine gebildet habe, und fühlt sich persönlich angegriffen. Dass ich ihn Wahrheit ja nur den Kaffee meinte blendet er völlig aus.

Die Kaffeemaschine steht an dieser Stelle im Übrigen für ALLES was man sich vorstellen kann. Es reicht ein Leser mir dürftigem Selbstbewusstsein und man kann sich sogar darüber echauffieren, dass ich mal schrieb, grüne Socken sähen scheiße aus! Wie kann ich mir nur so ne Meinung bilden und erlauben? Wo grün doch die Hoffnung ist!

Meine Beebies gehen seit ein paar Wochen in den Kindergarten. In der Vergangenheit habe ich die Blogosphäre häufig als eben diesen bezeichnet, einen Kindergarten. Ich nehme das hiermit offiziell und öffentlich zurück. Im Kindergarten geht es weitaus gesitteter zu, als hier in manchen Blogs, deren Kommentaren oder bei Twitter.

Oh, erwähnte ich Twitter schon? Selbes Kaliber. Niemanden darf man entfolgen, ohne dass das der Entfolgte seine ganze Timeline fragen muss, warum man ihn entfolgt hat. So, als wüssten die anderen das! Im besten Fall findet man ebenfalls Entfolgte und kann dann gemeinsam per DM lästern. Die tun ja gerade so, als würde man jemanden degradieren, wenn man ihn entfolgt. Wenn mich wirklich interessiert, warum und wieso mir jemand nicht mehr folgt, dann frage ich ihn doch persönlich? Oder? Und dann sollte ich nach Möglichkeit auch mit jeder Antwort rechnen, die mir eventuell nicht gefällt. Weil, sonst hätte man mich ja nicht entfolgt. Logisch, oder?

Erwähnte ich schon die Menschen, die sich permanent dazu berufen fühlen mich zu belehren? Ich hab da z.B. so ein paar kinderlose Spezis, die mir erzählen wollen wie Erziehung geht. Weil sie mal Babygesittet haben.

Oder die Fraktion, die immer übertrumpfen will. Wenn der große Beebie morgen das kleine 1×1 beherrschen würde und ich würde das hier stolz verkünden, dass könnte Kind 123 schon seit einem halben Jahr das große 1×1. Mindestens.

Das Schlimmste an diesen ganzen Erkenntnissen ist, dass 2/3 der chronisch anmaßenden Leserschaft aus dem „Windel-Blogosphäre“ kommen. Im wahren echten Leben ist das leider ganz genauso, aber hier bündelt sich das halt alles unter dem großen Schirm der Anonymität und bricht dann wie Durchfall über einen hinein, wenn man nicht schnell genug zur Seite springt. Nennt man dann Shitstorm, falls Ihnen da war sagt.

Das ist jetzt keine Drohung, auch diesem Stadium bin ich entwachsen, aber ich kann mir durchaus sehr realistisch vorstellen, dass ich eines Tages überhaupt keine Lust mehr auf das Internet und die Menschen darin haben werde. Vielleicht mache ich die Kiste eines Morgens einfach nicht mehr an. Würde mir das wirklich fehlen?

Aber, liebes Webdings, Du hast ja heute Geburtstag und ich wollte Dir danken und Dich feiern. 9 Jahre! Wow!

Ich danke Dir für jeden Moment, in dem ich Dich als Ventil missbrauchen durfte. 9 Jahre lang.

Ich danke Dir für jeden nette Kommentar und Feedback, das ich erhalten habe. In 9 Jahren.

Ich danke Dir für die Türen, die Du mir geöffnet hast. Über 9 Jahre hinweg.

Ich danke Dir jede Emotion, ob Glück oder Trauer, die ich in Dir ausleben durfte. Ganze 9 Jahre lang!

Happy Birthday, Webdings. Auf die nächsten 9 (sagt man doch so, oder?)!

 

Guten Morgen liebes Webdings,

 

Du wirst heute sage und schreibe 9 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch!

Ich danke Dir, für all die wunderbaren Dinge, die ich mit und durch Dich erleben durfte. Ich war im Radio, in einem großen Magazin, in einer Boulevard-Tageszeitung und im Fernsehen.

Ich konnte ein Buch veröffentlichen, Dich als „Referenz“ bei Bewerbungen angeben (und tatsächlich warst Du trotz meines rotzigen Tonfalls immer eine gute Referenz), Dich vollheulen, in Dir herum pöbeln, laut sein, leise sein, weinen.

Durch Dich habe ich die Herzfreundin kennengelernt. Zum Beispiel. Und eine Handvoll anderer Menschen, die ich nun seit mehreren Jahren jährlichen – meist im Frühjahr – Wiedersehen darf, kann, will. Zu Beginn dieser Treffen sprachen wir über Dich und deine Brüder, über die Autoren hinter den Weblogs, über Geschehnisse in der Blogosphäre und technischen nerdigen Elektroscheiß.

Heute reden wir über den Job, die Familie, unser Leben im Allgemeinen. Es ist so ein bisschen, als sei man diesem ganzen Cyberscheiß entwachsen und hinge nur noch den schönen Erinnerungen nach. Kaum einer von uns bloggt noch regelmäßig, wenn überhaupt.

Du hast mich viel Nerven gekostet. Jetzt nicht Du persönlich, sondern die Menschen, die hier vorbei kamen und sich ungefragt mitteilten. Das Problem war und ist, dass ich hier von meinem privaten Leben erzählte, offen und frei, und 90% der Besucher sich berufen sahen, mein Leben zu bewerten, beratschlagen oder zu kritisieren. Dass ich einfach nur erzählen wollte, ein bisschen Smalltalk, ein bisschen Erheitern, ein bisschen Berühren, das konnten die wenigstens akzeptieren und verstehen. Ständig wurde beratschlagt und verbessert. Ich hasse es. Nach wie vor.

Das ist so ein Schlag Mensch, der sich ständig persönlich angegriffen fühlt. Ich sage, der Kaffee aus Maschine XYZ schmeckt scheiße und der Leser mit eben dieser Maschine beginnt zu nörgeln und zu meckern, dass würde ja gar nicht stimmen und woher ich diese Meinungen nehmen würde, ich hätte die ja schließlich gar nicht. Er nimmt mein Urteil, dass ich mir ganz sicher aus Erfahrungen mit dieser Kaffeemaschine gebildet habe, und fühlt sich persönlich angegriffen. Dass ich ihn Wahrheit ja nur den Kaffee meinte blendet er völlig aus.

Die Kaffeemaschine steht an dieser Stelle im Übrigen für ALLES was man sich vorstellen kann. Es reicht ein Leser mir dürftigem Selbstbewusstsein und man kann sich sogar darüber echauffieren, dass ich mal schrieb, grüne Socken sähen scheiße aus! Wie kann ich mir nur so ne Meinung bilden und erlauben? Wo grün doch die Hoffnung ist!

Meine Beebies gehen seit ein paar Wochen in den Kindergarten. In der Vergangenheit habe ich die Blogosphäre häufig als eben diesen bezeichnet, einen Kindergarten. Ich nehme das hiermit offiziell und öffentlich zurück. Im Kindergarten geht es weitaus gesitteter zu, als hier in manchen Blogs, deren Kommentaren oder bei Twitter.

Oh, erwähnte ich Twitter schon? Selbes Kaliber. Niemanden darf man entfolgen, ohne dass das der Entfolgte seine ganze Timeline fragen muss, warum man ihn entfolgt hat. So, als wüssten die anderen das! Im besten Fall findet man ebenfalls Entfolgte und kann dann gemeinsam per DM lästern. Die tun ja gerade so, als würde man jemanden degradieren, wenn man ihn entfolgt. Wenn mich wirklich interessiert, warum und wieso mir jemand nicht mehr folgt, dann frage ich ihn doch persönlich? Oder? Und dann sollte ich nach Möglichkeit auch mit jeder Antwort rechnen, die mir eventuell nicht gefällt. Weil, sonst hätte man mich ja nicht entfolgt. Logisch, oder?

Erwähnte ich schon die Menschen, die sich permanent dazu berufen fühlen mich zu belehren? Ich hab da z.B. so ein paar kinderlose Spezis, die mir erzählen wollen wie Erziehung geht. Weil sie mal Babygesittet haben.

Oder die Fraktion, die immer übertrumpfen will. Wenn der große Beebie morgen das kleine 1×1 beherrschen würde und ich würde das hier stolz verkünden, dass könnte Kind 123 schon seit einem halben Jahr das große 1×1. Mindestens.

Das Schlimmste an diesen ganzen Erkenntnissen ist, dass 2/3 der chronisch anmaßenden Leserschaft aus dem „Mama-Blogosphäre“ kommen. Im wahren echten Leben ist das leider ganz genauso, aber hier bündelt sich das halt alles unter dem großen Schirm der Anonymität und bricht dann wie Durchfall über einen hinein, wenn man nicht schnell genug zur Seite springt. Nennt man dann Shitstorm, falls Ihnen da war sagt.

Das ist jetzt keine Drohung, auch diesem Stadium bin ich entwachsen, aber ich kann mir durchaus sehr realistisch vorstellen, dass ich eines Tages überhaupt keine Lust mehr auf das Internet und die Menschen darin haben werde. Vielleicht mache ich die Kiste eines Morgens einfach nicht mehr an. Würde mir das wirklich fehlen?

Aber, liebes Webdings, Du hast ja heute Geburtstag und ich wollte Dir danken und Dich feiern. 9 Jahre! Wow!

Ich danke Dir für jeden Moment, in dem ich Dich als Ventil missbrauchen durfte. 9 Jahre lang.

Ich danke Dir für jeden nette Kommentar und Feedback, das ich erhalten habe. In 9 Jahren.

Ich danke Dir für die Türen, die Du mir geöffnet hast. Über 9 Jahre hinweg.

Ich danke Dir jede Emotion, ob Glück oder Trauer, die ich in Dir ausleben durfte. Ganze 9 Jahre lang!

 

Happy Birthday, Webdings. Auf die nächsten 9 (sagt man doch so, oder?)!

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
Beitrag erstellt 4659

29 Gedanken zu „NEUN!

  1. seit jetzt über sechs jahren erfreut, beschäftigt mich das hier geschriebene … bringt mich zum lachen, mindestens zum schmunzeln und sorgt für feuchte augen. gerade auch die sich sehr ähnlichen lebensabschnitte sorgen dafür das ich immer wieder gerne einmal einen blick durch den gartenzaun auf das leben eines anderen erhaschen kann … nur um festzustellen, das es nicht nur mir so geht!

    danke dafür.

  2. Liebes Webdings,

    ich lese hier zwar „erst“ ca. 3 Jahre mit, aber immer mit ganz viel Freude. Selten verlasse ich dich ohne gelacht oder geschmunzelt zu haben. Und immer freue ich mich aufs wiederkehren………… Hoffentlich noch lange und oft! Das wünsche ich dir (und vor allem mir *ggg*).

    Und ein sehr wahrer Beitrag heute – wundervoll!!!

    Herzlichen Glückwunsch webdings und Pia,

    herzliche Grüße, Birgit

  3. Ooooh, ich will dem Webdings auch alles Gute wünschen und Danke sagen! Denn ohne das Webdings hätte ich dich und die kleinen Scheißer nicht in meinem echten Leben, und das wäre einfach nur furchtbar. Also Danke, liebes Webdings, auf die nächsten 9 und KNUTSCHI!

  4. huch, so lange schon? Dann sag ich mal Glückwunsch, bin meist stiller Mitleser seit >7 Jahren und erfreue mich jedes Mal wieder über die schönen Texte!

    (besonders die B-Seite fand ich gut, habs dann leider verpasst sie mir zu kaufen und freue mich nun über weitere Veröffentlichungen drüben ;-))

  5. ein herzliches happy birthday auch von mir! ich weiss nicht wie lange ich hier schon lese aber das war noch zu der zeit als du deinen lieblingsazubi (pjöni) hattest. mach so weiter pia und das webdings

  6. Hm, das hast Du schon mal dezent anklingen lassen. Immer komisch wenn man kommentiert (und auch noch selten kommentiert), denn Du kennst mich ja gar nicht, aber ich kenne einen Teil von Dir. Bestimmt keinen großen, aber doch einen, wie mir scheint, durchaus nicht jedem sofort zugänglichen Teil. Also spreche ich zu Dir, die ich Dich kenne, weil ich Dich seit Jahren lese, und Du liest den Kommentar einer wildfremden. Seltsam, nicht?
    Ich bin übrigens eine derjenigen mit teilweise arg verknicktem Selbstbewusstsein, aber ich verkneif mir die Kommentare wenn ich anderer Meinung bin immer brav ;)
    Was ich eigentlich fragen wollte: überwiegt nicht das positive? Oder bekommst Du so viele Mails dass sich die Ärgernisse häufen?

  7. Happy Birthday! Du hast mich hunderte Male zum Schmunzeln gebracht. Ich habe mitgelitten, mitgeträumt und mitgeweint. Auch wenn ich nur selten Kommentare schreibe, freue ich mich über jeden Blogbeitrag und freue mich jedesmal über die Beebies :)

  8. Alles gute Webdings von Pia! Ich mag dich und Frau Pia selbst. Sie schreibt immer so nett, aufregend und manchmal auch impulsiv. Du darfst sie nie verlieren! :) Liebe Grüße…

  9. Auf von mir einen herzlichen …
    Lese immer wieder gerne hier, habe die B:Seite verschlungen, alleine dafür noch einmal ein Danke.

    Und viel Spass mit dem Webdings in den nächsten Jahren, lass dich von keinen Ärgern, die meisten sind nur neidisch.

    LG
    J

  10. Alle Liebe!

    Seit vielen Jahren lese ich mit, ich glaube das war zu dem Zeitpunkt als du ein Auto testfahren/testbenutzen durftest, kann das sein? Seit dem vergeht kein Tag an dem ich hier nicht verweile. So zurückblickend schon sehr interessant was sich die letzten Jahre bei dir/euch getan hat. Glückwunsch auch dazu!! Und ich hoffe das Webding bleibt noch sehr lange erhalten!

  11. Jaaa, manchmal hat man da als Kommenatator auch so missionarische Gedanken oder spinnt rum. Aber auch ich bin älter geworden.

    Alles Gute zum Bloggeburtstag.

    Was mir gerade beim Lesen von B:Seite auffiel: Wäre das Buch nicht vorher erschienen, könnte man glauben Lena Meier-Bellé hätte eine Sängerin als Vorlage. Obwohl, schnell noch ein paar „verdammte Axt“ in den Text eingebaut, das Aussehen, ein paar Erinnerungen angepasst … und das Buch in „Fünf Jahre später“ umbenennen. ;-)

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