Bericht aus der Zwischenwelt

Seit Tagen hadere ich nun schon mit mir, ob ich diesen Beitrag schreiben soll, oder nicht. Sie fragen sich, was so wichtig sein kann, dass es mich Tage beschäftigt? Eigentlich es gar nicht wichtig. Eigentlich ist es nur meine Angst der Herr Murphy könnte zu schlagen und aus meinen bezaubernden, mit Zucker bestäubten, nach Lavendel duftenden und Gold-glitzernden Babyjungs wieder kleine Monster machen.

Es scheint nämlich tatsächlich der seltene Fall eingetreten zu sein, dass sich beide Miezbeus zwischen zwei Phasen befinden. Also quasi in einer absolut liebenswerten, unkomplizierten, aufmerksamen, zuvorkommenden, höflichen und geduldigen Zwischenwelt, in der ich sie ständig herzen und küssen möchte, wir alle viel Kuscheln und Lachen und Spielen und ich nahezu gar nicht ermahnen oder schimpfen muss.

Mein großer Quietschbeu ist zeitweise so unglaublich höflich, freundlich und einfühlsam, dass es schon eklig wirkt. Als Mutter eines phasigen Trotzkindes würde ich das jedenfalls total eklig finden, denk ich. Gestern, zum Beispiel, hatten wir Elternbeiratstreffen, das wir meist im nahegelegenen Eltern-Kind-Café (das praktischer Weise einer Elternbeiratsmutter gehört) abhalten. Eine Mutter hatte eine Tüte Russisch Brot mitgebracht, was der Quietschbeu bis dato nicht kannte. Ich kann ihnen jetzt mit Sicherheit sagen, dass er es nicht nur mag, er liebt es! Nach unzähligen kleinen Griffen in die Tüte und meinen dezenten Hinweise, dass die Tüte aber nicht ihm alleine gehöre, stellte er erschrocken fest, dass die Tüte leer sei. Er zuppelte mir am Ärmel und flüsterte:

„Mama, kaufen wir eine neue Tüte?“
„Aber Männlein, Du hast eine ganze Tüte gegessen, meinst Du nicht, das reicht?“
„Nein, Mama. Für die Frau. Die Frau, die die Tüte mitgebracht hat.“

Ich versicherte ihm, dass wir das machen könnten, woraufhin er der Mutter erklärte, es täte ihm sehr leid, er habe die Tüte leer gegessen, aber er würde ihr eine neue kaufen. Als sie abwinkte und meinte, dass er müsse er aber nicht, bekräftige er sein Vorhaben noch mal mit Nachdruck.

„Doch, Du bekommst eine neue Tüte. Ich hab‘ die aufgegesse!“

Ich erklärte ihr dann Augenzwinkernd, dass das sein eigener Sinn von Gerechtigkeit wäre und sie die Tüte dann einfach annehmen solle, damit er mir nicht Tage lang damit in den Ohren liegen würde. Ich denke das war so ein Moment, in dem sie mich und den Quietschbeu total eklig fand *mihihi*

Derweil wuselte das Löwenmäulchen mit den anderen Kindern seiner Altersklasse durchs Café. Der kleine D. aus der Quietschbeu-Kindergartengruppe war da sowie ein Kind, das im Sommer in die Quietschbeu-Gruppe kommen wird. Die drei verstanden sich ganz prima, saßen gemeinsam malend am Tisch oder zerlegten den großen Puzzleteppich in seine Einzelteile. Ab und an kam das Löwenmäulchen dann mal vorbei um einen Schluck zu trinken oder irgendwas zu knabbern zu mopsen und war dann er auch schon wieder weg.

Gestern hatte er ein Rosinenmilchbrötchen dabei, das er sofort und ohne Zier mit seinen kleinen Freunden teilte. Ein wenig später blieb D. beim Versuch vom Hüpfpferd abzusteigen an dessen Schwanz hängen und kippte zur Seite. Noch bevor seine Mama bei ihm sein konnte, um ihn wieder auf die Beine zu stellen, hatte das Löwenmäulchen den gleichgroßen und vermutlich auch genauso schweren Freund am Arm wieder auf die Beine gezogen, sah ihn mit prüfendem „Alles gut?“-Blick an, streichelte ihm über den Kopf und –  das war eigentlich das Highlight – klopfte ihm die Jeanshose ab (eine Marotte, von der ich nicht lassen kann. Wenn meine Kinder hingefallen sind klopfe ich ihnen immer den imaginären Staub und Dreck von der Hose).

Ich hab ja gewusst, dass der Quietschbeu bewundernswert empathisch und fürsorglich ist. Das nun aber auch beim noch so kleinen Löwenmäulchen zu sehen, macht mich doch sehr sehr glücklich.

Wie gesagt. Die Jungs sind scheinbar zeitgleich zwischen zwei Phasen. Zwischenwelt eben. Und ich bin gespannt, wie lang dieser Hach-Seuftz-Schöööön-Zustand anhält.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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10 Gedanken zu „Bericht aus der Zwischenwelt

  1. Toll, genieße die Zeit und sammle Kraft für die nächsten Phasen. Sie kommen bestimmt. Die 2 Beus sind einfach zum knutschen, ich kenne euch zwar nicht, aber das was du schreibst klingt einfach zum schmelzen schön.
    Liebe Grüße

  2. Hach, das lässt doch hoffen, dass auch bei uns irgendwann wieder diese Zwischenweltphase anbricht :-). Ich drücke jedenfalls die Daumen, dass ihr noch lange, lange in dieser Zwischenwelt bleiben werdet :)

  3. Mir gehts nicht anders *haaaach <3*
    Momente genießen und ganz dolle stolz über diese beiden bezaubernden Mäuse sein!
    Ich kenn euch auch nicht…
    Aber ich könnte die beiden abknutschen! ;) hihi*

  4. Du hast recht „total eklig“ ;-)
    Nein, mal im Ernst, das was du schreibst ist sehr schön, macht allen Mamas die gerade in solch einer Phase stecken Mut und lässt doch auch durchblicken, dass das auch bei euch nicht Dauerzustand ist. Das macht euch für mich noch sympathischer und menschlicher.
    Geniessen, aufschreiben und noch mehr geniessen…

  5. wie kommst du darauf, dass das ekelig ist? Ich find das aus so kleinen Kindermündern zuckersüß :)

    Ich fands auch tierisch niedlich, als ich die Tochter einer Freundin fragte, ob ich einen Fruchtzwerg haben könnte, ich hatte soooo lange keine mehr gegessen (echt wahr). Und wenn dann aus so einem kleinen Mund „Ja, gerne!“ kommt… *hachz* ist doch voll süß :)

  6. Ich hatte beim lesen schon pipi in den Augen. Einer dieser Momente, in denen du denken darfst das du alles richtig gemacht hast. Wenn das jemand wiederlich findet wie sich deine Jungs benehmen, dann ist es Neid & nichts anderes ! ;)

  7. Wie die anderen Schreiberinnen kann ich nur bestätigen:
    SICH FREUEN !!! alles in den Tresor für HACH-Gefühle stecken und hervorholen, wenn eines Tages die gewissen „anderen“ Phasen dran sind.

    Liebe Grüße

    Ingeborg

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