Sitzstreik.

Als der kleine Herr Löwenmaul heute Morgen ins Auto kletterte, fand er ein Stöckchen, dass noch von unserem Wochenendausflug im Fußraum lag. Kurzerhand nahm er es an sich und wedelte gut gelaunt damit vor sich hin.

Am Kindergarten angekommen pflücke ich das Kind aus dem Auto, setzte ihm seinen Rucksack auf, schließe alle vorhandenen Schnallen und will mich zum Quietschbeu drehen, als das kleinere Kind wie vom Teufel geritten anfängt zu kreischen! Erschrocken fahre herum, gucke, ob ich ihm etwas eingeklemmt habe oder sonst irgendwas zwickt und muss schließlich erkennen, dass er einfach nur kreischt, weil er den Stock haben möchte, aber noch nicht in der Lage ist „Liebste Mama, dürfte ich bitte eventuell das Stöckchen gereicht bekommen?“ zu sagen.

Ich verneine seinen Wunsch und erkläre ihm, dass Stöcke im Kindergarten verboten sind, weil sich ein Kind daran wehtun könnte (in der Ü3 Gruppe sind Stöcke und Steine im Außenbereich durchaus erlaubt, aber haben Sie mal einen noch nicht 2jährigen mit einem Stock wedeln sehen? Eben!).

Unerklärlicherweise versteht Herr Löwenmaul meine Erklärung aber nicht und zieht es vor, sich auf den Hintern plumpsen zu lassen und laut und verzweifelt zu weinen.

Ich lasse ihn weinen!

… und hole derweil den Quietschbeu aus dem Auto, der auch noch mal versucht auf seinen kleinen Bruder mit Engelszungen einzureden, der möge doch jetzt bitte mit dem Weinen aufhören. Der Stock würde im Auto bleiben „und Pasta!“ (frage mich, woher er das hat. Sagen wir nie!).

Letztendlich trage ich das Löwenmäulchen zumindest bis in den Kindergarten, lasse ihn aber hinter der Tür direkt wieder runter, weil ich ihn ja eigentlich nicht mehr Tragen kann/will/soll, er hier aber zumindest nicht auf feuchtem Asphalt herum sitzt.

Kaum berühren seine Füße den Boden lässt er sich wieder auf den Po fallen und sitzt da. Mitten im Eingang, vor dem Büro der Kindergartenleiterin. Und sitzt. Sobald ich versuche ihn auf die Beine zu stellen beginnt er zu zetern und zu schimpfen, also lasse ich ihn sitzen und gehe mit dem Quietschbeu schon mal in die Löwenmäulchengruppe, um die mitgebrachten Windeln, Jacken, trallala zu verräumen.

Der ?-Erzieherin des Löwenmäulchen berichte ich kurz vom Sitzstreik, woraufhin sie einen Blick den langen Flur hinunter wirft und kichert: „Lassen wir ihn erst mal sitzen!“

So beobachten wir eine Weile, wie er jeden Neuankömmling – und es müssen wirklich alle an ihm vorbei – mit freudigem „‘Allo!“ begrüßt, sich aber keinen Millimeter vom Fleck bewegt. Ich versuche es Zwischenzeitlich mal mit Rufen, woraufhin mir eine piepsige Stimme ein lautes „Naaaaaaaaaaaain!“ über den gesamten Flur hinweg entgegnet. Nun gut.

Als auch der Quietschbeu fertig umgezogen und bereit ist, seine Gruppe zu besuchen, wird dieser ungeduldig. „Jetzt komm schon! Ich hab Hunga!“ Doch der kleine Bruder bleibt hart und der Quietschbeu will nicht in seine Gruppe, solange Herr Löwenmaul noch nicht in seiner ist.

Schließlich habe ich eine grandiose Idee. Ich gehe zum Löwenmäulchen hin, beuge mich zu ihm hinunter und flüstere ihm ins Ohr, dass seine große Kindergartenliebe schon da wäre und auf ihn warten würde. Dann stehe ich wieder auf und gehe mit dem Quietschbeu zurück in die Löwenmäulchen. Es dauert rund eine Minute bis der kleine Kerl, immer noch in Jacke, Schuhen, mit Kappe und Rucksack am Gittertörchen seiner Gruppe auftaucht, durch die Gitter guckt und „‘Allo!“ ruft. Seine Freundin reagiert auch sofort und rennt freudig auf ihn zu.

Tatsächlich darf ich ihn dann endlich ohne weiteres Trara ausziehen und er begibt sich sofort ins vertiefte Spiel mit seiner großen Liebe.

Und ich dachte immer, das mit der Pubertät, das kommt erst später *chihi*

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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9 Gedanken zu „Sitzstreik.

  1. Hach, wunderschön geschrieben. :)
    Ich stelle es mir gerade bildlich vor. Gefällt mir irgendwie!
    Und ich finde es toll, dass du ihn einfach sitzen lassen konntest, trotz der Leute, die vorbei gingen und bestimmt komisch geguggt haben. ;o)
    Liebe Grüße

  2. hach, eine dieser typischen gnatz-attacken über die man später viel lachen wird. ganz schlimm wirds auch, wenn man sie aufsetzen will und sie die arme nach oben reißen, um dann wie teig zwischen die fingern zu gleiten. die lieben kleinen ;)

  3. Zu niedlich! Man kann es sich wirklich bildlich vorstellen, wie er da sitzt, der kleine Herr Löwenmaul. Hin- und hergerissen zwischen Schmollen und freudiger Begrüßung der Ankommenden. „Und Pasta!“ – Einfach Herrlich!

  4. Wie vieles mit so kleinen Kindern doch einfach eine Frage der Sichtweise ist!!!

    Wenn man denkt „Das Blag will mich ärgern“ wäre das ein ganz anderer Eintrag geworden.

    Ich bin so oft viel zu ungeduldig. Ich hab solche Angst, was ich damit (kurz- und auch langfristig) anrichte. Es klingt vielleicht komisch, aber du hilfst mir mit deinen Berichten auf jeden Fall ein wenig, die Sichtweise manchmal zum Besseren zu wenden und mehr Geduld zu haben. Ich arbeite dran.

    1. Nun, es kommt ja auch immer auf die Situation an. Ich habe auch nicht immer Geduldsfäden aus Gold. Und gerade morgens, wenn man die Kinder in den Kindergarten bringt und um X Uhr auf der Abreit sein muss, habe ich vollstes Verständnis, wenn jemand weniger Geduld hat/zeigt.
      Ich habe zum Glück einen enorm verständnisvollen Chef, dessen Tochter im Alter des Quietschbeus ist und dem es egal ist, ob ich um 8 Uhr oder um 8:30 Uhr da bin, solange ich meine Stunden mache.
      Ich kann mir diese Geduld also quasi „leisten“ ;)

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