Schreck eines Nichtküssers

Gestern waren der Quietschbeu und ich kurz bei dm, um unter anderem Sonnencreme für den Kindergarten zu kaufen. Wie immer schob er einen kleinen Einkaufswagen und lud alles pflichtbewusst hinein und später am Band auch wieder aus. Während ich die Einkäufe in meine Einkaufstasche räumte, wollte der Quietschbeu den Wagen schon mal wegbringen.

Plötzlich begann der Quietschbeu ganz fürchterlich zu weinen. Nicht so ein Schmerzweinen, sondern richtig ängstliches Aufheulen. Ich raffe schnell alles zusammen und ging zu ihm. Er stand 2 Meter von der Einkaufswagensammelstation entfernt und weinte dicke Krokodiltränen. Neben der Einkaufswagensammelstation saßen zwei alte Herren und lächelten entschuldigend.

Die hatten den Quietschbeu nur freundlich grüßen wollen, dieser hatte sich aber ob des unerwarteten Grußes, der krummen Zähne und der faltigen Gesichter nur fürchterlich erschrocken. Völlig stocksteif stand er da, zitterte am ganzen Körper, den kleinen Einkaufswagen noch in der Hand, und weinte.

Ich nahm ihn daraufhin in den Arm, erklärte ihm, dass die Männer nur hatten freundlich sein wollen und dass alles okay sei. Er ließ meine Hand nicht mehr los, bis wir am Auto waren, wo ihn Papa Miez in seinen Sitz beförderte.

„Mama?“
„Ja, Männlein?“
„Ich hatte Angs.“
„Ja, Männlein, ich weiß. Aber die Männer wollten nur nett sein.“
„Mama?“
„Ja, Männlein?“
„Gib mir einen Kuss!“

Ich musste ihm dann drei dicke Küsse geben, ihn streicheln und noch mal küssen, bis er wirklich wieder beruhigt schien.

Dass ihm dieser Schreck wirklich arg zugesetzt hatte, zeigt die Tatsache, dass der Quietschbeu ein ausgesprochener Nichtküsser ist. Quasi der größte Nichtküsser unter der Sonne.

Ich hab den Quietschbeu schon verstanden. Ich erinnere mich an eine Situation, in der mein Vater sich über meine damals 2jährige Nichte beugte, unter seiner Brille hindurch schaute, die Nase dabei kraus und Oberlippe hochzog, damit die Brille nicht weiter rutschte. Meine Nichte schrie daraufhin vor Panik auf, was mein Vater gar nicht verstand. Dass er so ein bisschen wie eine Mischung aus Gargamel und dem Glöckner von Notre-Dame wirkte, war ihm gar nicht bewusst.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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6 Gedanken zu „Schreck eines Nichtküssers

  1. Ohje, der arme Quietschbeu. Kann ihn sehr gut verstehen. Manche Menschen können einem wirklich Angst machen, auch wenn sie einem gar nix böses wollen.
    Und gut zu wissen, dass es noch mehr Nichtküsser-Kinder gibt. Das beruhigt doch ungemein ;-).

  2. ..Ich lese hier schon lange mit uns geb nun auch mal meinen Senf dazu. Das mit dem ängstlich sein vor „komisch aussehenden“ Leuten kenn ich auch. Mein Vati hat auch dunkle Haare und ein eher dunkler Typ. Jedes kleine Kind unserer Verwandtschaft wollte immer nie gern Guten Tag sagen oder versteckte sich gleich hinter seinen Eltern. Deshalb fahre ich jede Woche zu meinen Eltern, das mein kleiner 3 Monate alte Sohn sich gleich dran gewöhnt-das der dunkle Typ sein Opa ist *G*

  3. Ich erinnere mich, wie ich als etwa 3- oder 4-jährige zu Besuch bei meinen Großeltern war (mit denen ich zuvor schon viel Zeit verbracht hatte) und mich plötzlich ganz doll vor meinem Großvater gefürchtet habe (der beste Großvater ever). Er hatte keinen Bart, wie mein Vater, der damals einen Magnum-mäßigen Schnäuzer trug. Das machte das Gesicht n meinen Augen sehr gruselig. (Aus heutiger Sicht wäre der Bart wohl eher zum gruseln ;-))

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