Des Miezmeedchens U6

Heute stand die U6 Vorsorgeuntersuchung des Meedchens an. Der Termin war um 10:30 Uhr, also weckte ich das noch-Baby um 9:45 Uhr und puhlte sie aus Papa Miez’ Armbeuge. Seit der Papa mit ihr morgens liegen bleibt, schläft sie bis in die Puppen. Olle Penntüte.

Wir waren pünktlich in der Praxis und durften uns, auf Grund diverser Notfälle (Kotzerei, Platzwunde) eine knappe Stunde die Zeit im Wartezimmer vertreiben. Ich sag’s Ihnen. Heute hätte ich genug Stoff für einen Roman sammeln können. Es war die gesamte Super-Muddi-Liga unserer Stadt versammelt und gab ihr allerbestes, mich gebührend zu entertainen.

Da war die Mutti, die jeden Pieps und jede Bewegung ihrer Zwillinge (vermutlich auch so um ein Jahr alt) untertitelte. “Der John-John (ECHT!!!) kaut ein Brezel. Fein machst Du das. Oh, jetzt hat er sie fallen lassen. Ja, heb sie einfach auf. Fein machst Du das. Sieht der John-John sich das Baby an? Ja, fein machst Du das.” Ich übertreibe nicht! Die dazugehörige Schwester hieß Joänjolie, also in Lautsprache jetzt. Also, man kann der Mutti nicht nachsagen, dass sie desinteressiert wäre. Aber dieses ausdauernde und ständige untertiteln der Aktivitäten der Kinder … moah … ist wie akustische Folter. Ich nahm also mein Meedchen und wechselte ins benachbarte Wartezimmer. Es dauerte keine Minute und sie kam mit beiden Kindern und Mann hinterher. Sie begann ein aufdringliches Gespräch mit einer anderen Mutter über ihr drittes Kind, die 4jährige Tochter, die ja auch jetzt den Defin-Test mit 1 bestanden hat. Ich schmunzelte unter mich. Es gibt keine Noten bei dem Test. Und wenn sie mit 1 die erzielten Punkte meinen würde – was ich nicht glaube – wäre das eher das klassische Gegenteil von bestanden.

Eine andere Mutter eines 3,5 jährigen Jungen (das sind die Hardfacts, die beim Betreten des Wartezimmers direkt abgefragt wurden), fragte ihren Sohn ständig, ob er mal “Lulu” müsse. Während ich mich noch fragte, für was Lulu das Codewort sei, klärte sie auf: “Du hast ja schon 3 Tage keine Pämpi mehr. Nicht, dass das Lulu in die Hose geht. Da wär die Mami ganz doll traurig.” Gnarf.

Derweil begann der Zwillingsjunge mein Meedchen anzutatschen. Da bin ich recht schmerzfrei, immerhin hat das Meedchen genug Ausdruckskraft, um ihr Unbehagen kundzutun. Sie schubste ihn dann auch kurzerhand um, als er ihr an den Haaren zog. Unbeirrt rappelte er sich wieder auf und näherte sich immer wieder mit geöffnetem Mund dem Meedchenkopf. “Ach schau, der John-John will Kussi geben. Wie süß!” Es sah mehr nach Fressen aus. Nun ja. Schließlich sabberte er ihr dann tatsächlich in die Haare (ich hoffe es war Sabber und kein Rotz), was seiner Mutter einen grellen Entzückungsgeschrei entlockte. “Wie niedlich. Mein kleiner Weiberheld. Hast Du jetzt eine Freundin?” Ich nahm das Meedchen hoch, wischte ihre Haare trocken und spielte ein wenig mit ihr. Der Vater zu den Kindern zwang derweil seine Tochter immer wieder stehen zu bleiben, indem er ihre Hände festhielt und sie zwischen seinen Beinen einklemmte. Das Mädchen werte sich und quietschte, dennoch ließ er sie nicht runter. “Wissen Sie, der John-John steht und läuft ja schon so gut. Die Joänjolie ist da sehr faul!” Wie gut der John-John schon laufen kann, führte uns der Vater dann vor, als sie aufgerufen wurden und er den Jungen ebenfalls an den Händen hochhielt, während unter ihm die Beine immer wegsackten und er sich von einer Fußspitze auf die andere rettete. Sogar die Arme verdrehten sich dabei, trotzdem musste der Junge unbedingt “zu Fuß” ins Behandlungszimmer. Ich gnarfte in mich.

Es trat auf: Mutter mit Kind im Buggy. Sie erblickte mein Meedchen vom Empfang aus und rief freudig “Schau, ein Baby!” Ich lächelte freundlich und entließt das Meedchen wieder auf den Boden, damit sie den Motorikwürfel weiter bespielen konnte. “Ja, wo ist das Baby?” Sie kam ins Wartezimmer und sagte wieder zu ihrer Tochter: “Ja, wo ist das Baby? Da ist das Babys” so wie man zu einem Hund sagt “Wo ist das Bällchen? Ja, das ist das Bällchen!” Okee. Man kann mit Kindern auch normal reden. Aber das scheint nicht mehr sehr weit verbreitet zu sein. Ihr Kind interessierte sich nicht die Bohne fürs Meedchen.

Eine weitere Mutter kam herein und legte ihr Baby auf die Bank neben sich.

“Wie alt ist der Kleine?”
“6 Monate.”
“Krabbelt er schon?”
“Nein. Wie alt ist ihre?”
“Gestern ein Jahr alt geworden.”
“Und sie krabbelt schon?”
“Nein. Die macht gar nix!” Sie deutete auf mein Meedchen, dass am Motorikwürfen stand: “Sowas kann die alles nicht. Die liegt nur rum.”

Wenig später war ich mit der Mutter des 6 Monate alten Jungen alleine im Wartezimmer. Sie nahm immer wieder Blickkontakt auf und so sprang ich über meinen Schatten, lächelte sie an und sagte: “Der Kleine brabbelt aber auch schon viel?

Ja!” und zack – zog sie ihn aus dem Liegen in den Stand. “Und der will ständig stehen!

Es gibt eine Phase bei Babys, da machen sie sich ganz steif, wenn sie den Bodenkontakt verlieren und wenn man sie dann festhält, stehen sie natürlich auch. Auf den Zehenspitzen wohl gemerkt. Das hat eher nichts mit “Stehen wollen” zu tun.

Ich frage mich ehrlich, wieso sich so viele Mütter nicht mehr am Alters-entsprechenden Entwicklungsstand ihrer Kinder erfreuen können. Ein 6 Monate altes Baby muss nicht stehen, nicht krabbeln und nicht sitzen können. Es ist aber doch auch schön, wenn sie viel Brabbeln, zum Beispiel.

Wir wurden aufgerufen.

Die üblichen Fragen und Tests der U6 machte eine Sprechstundenhilfe. Ob sie gut isst; ob sie Weizen, Vollkorn und Kuhmilch zu sich nimmt; ob sie Mama und Papa erkennt; ob sie Laute mit A doppelt; ob sie sich selber hinsetzt; ob sie Krabbeln, Stehen und an den Möbeln entlang laufen kann; ob sie einen versteckten Gegenstand wieder findet; ob sie sich ohne Weinen verständlich machen könnte, wenn sie etwas haben will; ob sie auf Verbote und Lob reagiert. Ich konnte alle Fragen bejahen.

Ich zog sie aus und durfte der Sprechstundenhilfe beim Messen assistieren. “Damit Sie auch sehen, dass ich richtig messe,” zwinkerte sie mir zu. Vermutlich wird da ein Messergebnis häufiger mal in Frage gestellt. Das Meedchen ist 70,5 cm (+6 cm seit der U5) groß. Also recht klein, für ihr Alter, aber ich habe vorher schon geahnt, dass sie da eher nach dem Löwenmaul, beziehungsweise nach meiner Seite der Familie schlägt. Gewogen wurde sie dann mit 8300 Gramm (+860g seit der U5), was absolut im Verhältnis zu ihrer Größe steht.

Die Ärztin machte anschließend ein paar Gleichgewichtstests, schaute in Rachen und Ohren und kontrollierte ihre Genitalien. Bei Babymädchen können nämlich die kleinen Schamlippen recht schnell zusammen wachsen, wenn sie wund sind. Man sollte daher immer gut cremen. Ich kenne gleich mehrere Mädchen, bei denen die Verklebung/Verwachsung aufgeschnitten werden musste. Das ist sehr unschön, aber wirklich häufig. Googeln sie mal. Bei unserem Meedchen war zum Glück alles in Ordnung.

Die Ärztin befragte mich zu Ernährung und begrüßte, dass ich nachts noch stille, ebenso wie die Tatsache, dass das Meedchen bereits am Familienessen teilnimmt.

“Na, und Du läufst wirklich noch nicht? Da hätte ich ja einiges drauf verwettet.” Ich grinse. “Ja, schade, dass wir nicht gewettet haben.” – “Warten sie mal ab. Noch ist sie ja kein Jahr alt.” Und vermutlich wird sich das Meedchen nach dieser Aussage noch mehr Zeit lassen *gnihihi*

Die anschließende Impfung nahm sie tapfer hin, meckerte nur kurz, aber weinte nicht mal. Gierig wurde sie dann wieder, als es die Belohnungsbrezel gab, die es bei unserem Kinderarzt immer nach einer Behandlung gibt. Die riss sie der Ärztin förmlich aus der Hand.

Na, eine schlechte Esserin scheinst Du ja nicht zu sein. Aber nur wenig zugenommen hast Du, im letzten halben Jahr. Gerade mal 860 Gramm. Das ist aber nicht bedenklich bei einem so aktiven Kind. Zumal sie ja auch recht klein ist.” Sie knuffte ihr in den kleinen dicken Bauch und zwinkerte: “Ein tolles Mädchen bist Du.

Wir bekamen noch Paracetamol, falls sie Fieber bekommen würde und einen neuen Impftermin in vier Wochen.

Im Auto schlief das Meedchen dann sofort ein.

Ich bin zufrieden. Die Ärztin ist zufrieden. Das Meedchen ist zufrieden. Besser kanns ja gar nicht laufen.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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13 Gedanken zu „Des Miezmeedchens U6

  1. Was hab ich über die Muttis „geschmunzelt“… Ist doch wirklich überall das selbe. Die armen Kinder, mir fehlen die Worte.

    Schön das beim Meedchen also so ist, wie es sein soll. :-)

  2. Die Warterei (und besonders die Mitwartenden) hören sich sehr mühsam an!
    Ich hab in der Kinderarztpraxis des Sohnemanns meistens Glück und wir müssen nicht lange warten und wir treffen auch ganz oft nette Bekannte (ehemalige Arbeitskolleginnen, die mittlerweile auch Nachwuchs haben, Mütter aus der Babygruppe…) an.
    Toll, dass sich das Miezmeedchen so schön entwickelt! Bin auch gespannt, wann sie mit Laufen beginnt.
    Der Sohnemann war und ist motorisch auch sehr fit, bis zum freien Laufen hats dann aber doch etwas gedauert. Da war er dann so 13-14 Monate alt.

  3. Es ist unglaublich, der Mann und ich haben uns gerade köstlich amüsiert über die Wartezimmerdialoge :D …dagegen ist doch noch son „ei“ echt harmlos ;) Wieso die Eltern so wenig kreativ sind im sprachlichen Umgang mit ihren Kleinkindern.. Am besten war die „Pämpi“, aber dass man sein Kind mit solch einer Aussage „…da wär die Mami ganz doll traurig…“ emotional unter Druck zu setzen, geht mal gar nicht!! genauso wenig wie die überforderten Zwillis. Brauch man nicht mehr genauer drauf eingehen, ist klar, dass das ebenfalls indiskutabel ist!

    Aber ansonsten freut es mich sehr, dass alles erwartenderweise top ist :) Sie ist ein ganz großartiges Mädchen, die viel Spaß im Kindergarten erleben wird, mit ihrer herzlich offenen Art ?

  4. Oh je, ein Bilderbuchbesuch, was die andere Kundschaft angeht, kennen wir hier auch. Wir hatten gestern wirklich Glück, es kam nur eine Mama mit Baby und Kleinkind, die kleine Maus hat zugeguckt, wie Mama und Kleinkind gespielt haben und die ganze Zeit freudig gegluckst, jedes Mal, wenn ihr Bruder sie angegrinst hat. Sehr harmonisch gewesen =)

    Zur Untersuchung: Glückwunsch :D Hast du toll gemacht, kleines Meedchen!

  5. Gratuliere zum tollen Meedchen. Unsere ist bereits ein Jahr und seid der u5 mehr zugenommen und trotzdem wollte uns die Ärztin in die Kinderklinik schicken! Sie wiegt aber auch nur 7200 g. Darf ich fragen was geimpft wurde? Über die anderen Mütter kann ich nur mit ( wie schreibst du?) „gnarfen“

  6. Ach, das ist schön. Großartig find ich ja die Wartezimmerbeschreibung. Das erinnerte mich an die Leute heut im Supermarkt. Kind, noch ganz klein, kann grade so eben selbst laufen, nimmt etwas aus dem Regal, das es nicht haben soll, und Mutter oder vor allem Vater sagt mit ZUCKERsüßer Stimme „Ohhh, legst du das bitte wieder zurück? Ja?“ Kind legt es nicht zurück. „Komm, leg das doch bitte wieder zurück? Ja?“ Kind spielt damit. Mutter/Vater beugt sich runter und zieht vorsichtig am Gegenstand, Kind zieht in andere Richtung. „Schau mal, das ist gar nichts, was wir gebrauchen könnten. Komm, wir legen das zusammen wieder weg, ja? Wir wollen ja noch zur Kasse und danach x und dann y [es folgt eine minutiöse Beschreibung des weiteren Tagesablaufs].“ Ich war seltsam fasziniert. Dem Kind wurde es irgendwann langweilig, es ließ den Gegenstand achtlos fallen und huschte weiter zum nächsten spannenden Regal. Und wahrscheinlich finden die Eltern des Kindes umgekehrt meinen gelegentlichen Befehlston bekloppt. So ist das halt…

  7. Schön, dass beim Meedchen alles in Ordnung ist.

    Die Geschichten von den anderen Muddis sind gruselig, vor allem, weil ich weiß, dass es GENAU SO passiert. Ich musste das selbst schon beobachten, da stellen sich einem schon die Nackenhaare auf, obwohl man selbst kein Kind hat, aber eben im Unterricht aufgepasst hat (Erziehungslehre und Gesundheitslehre…ist also doch was hängen geblieben :) Vielleicht sollte man sowas im Crashkurs für werdende Mütter anbieten…? )
    Bleibt zu hoffen, dass die Kids das wegstecken und trotzdem „normal“ werden. Aber was ist schon normal?

    Liebe Grüße und ein wundervolles Wochenende,
    Nickel

  8. Die Zeit rennt so arg. Ich hab das Gefühl der Zwerg hatte gestern erst U6..dabei müssen wir schon bald zur U7… ;-) Toll, dass sich das Meedchen so gut entwickelt!

  9. Hihi, hab SEHR gelacht bei deiner Wartezimmer-Beschreibung. Auf was für ulkige Menschen man dort immer trifft – da kann ich auch ein Lied von singen…;)

    Aber schön, dass es deiner Kleinen gut geht und sie so gesund und munter ist.

    Herzliche Grüße
    Julia

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