Heimatheuli

Ich bin kein Heimweh-Typ. Nie gewesen. Bis auf das eine Mal, als der Miezmann und ich im tiefsten Oberallgäu lebten und ich im Webradio ein kölsches Lied hörte. Da flossen die Tränen. Aber nein, Heimweh würde ich es dennoch nicht nennen. Es ist mehr son Heimatgefühl. Das Gefühl Wurzeln zu haben. Die Erinnerung an das berauschende Schwindelgefühl, wenn man das erste Mal vorm Kölner Dom steht und das Gefühl hat, er würde auf einen nieder stürzen. Weihnachtsmärkte mit heißen Kastanien, Baden im Rhein und die Menschenströme, die sich täglich – auf meinem Weg zur Arbeit – über die Domplatte schoben. Und ja, natürlich auch Karneval, das Zusammensein mit Freunden, das gemeinsame Tanzen und Singen. Das hat sich irgendwie ganz tief in mir verwurzelt. 

Heute Morgen, auf dem Weg zu Arbeit, hörte ich im Radio wieder ein kölsches Lied. Ist ja nicht unüblich an Weiberfastnacht im Rheinland. Aber im Gegensatz zu den meisten Karnevalsliedern ging das hier wirklich tief: Cat Ballou – Et jit kei Wood! Vermutlich können Sie das nicht nachempfinden, wenn sie den Text nicht verstehen. Aber ich denke, jeder von uns hat auf die ein oder andere Weise ein Heimatgefühl, das ihn manchmal überkommt. Und das einen traurig stimmen kann, wenn ein sehr geliebter Mensch in genau diesem Moment fehlt und nicht bei einem sein kann. Auch wenn er niemals nicht meinen Herzschlag für das Rheinland nachvollziehen können wird. Das es so ist, hat er inzwischen aber akzeptiert.

Und so saß ich heute Morgen um 7:45 Uhr heulend im Auto.

Rührungsheuli. Zufriedenheitsheuli. Glücklichseinheuli. Vermissensheuli.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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12 Gedanken zu „Heimatheuli

  1. Ich verstehe Dich! Mir geht es regelmäßig zu Karneval so. Ich glaube, es hat mit dieser Freude, dem gemeinsamen Tanzen und Mitsingen zu tun, wie Du auch schreibst.
    Ich habe mal (u.a.) drei Jahre in Hamburg gelebt, nirgendwo sonst hatte ich größere Sehnsucht nach zu Hause, als dort. Vorallem zu Karneval. ;)

    1. Hamburg und Karneval das geht ja auch nicht zusammen.
      Selbst die LiLaBe Faschingsfete ist nix gegen rheinischen Karneval.

      So isses und damit lebt der gemeine Norddeutsche ganz gut ;-)

  2. Ich bin keine Kölnerin, habe aber aufgrund einer mehrjährigen Fernbeziehung recht viel (schöne) Zeit in der Stadt verbracht und heute noch Freunde dort. Mit Karneval kann man mich jagen, aber wenn ich „Weil ich ein Kölner bin“ von den Wise Guys höre, krieg ich auch Pipi inne Augen ;)

  3. Guten Morgen und Alaaf!!!
    Ich kann Dich soooo gut verstehen!!! Und ich liebe Cat Ballou…und dieses Lied mal erst Recht!
    Ich hab heut morgen auch die Kinder geschminkt, sie in Kindergarten und Schule gebracht und sitze jetzt zu Hause, mit meinem steifen Nacken und bin knatschig! Die ganzen Jecken, die heute morgen um 8 schon toll verkleidet zum Zug gingen um nach Köln rein zu fahren, sind wirklich zu beneiden!!!
    Naja, ma sehen ob ich mich nachhernoch aufraffen kann und doch noch losziehe, wenn Mann bei den Kindern ist….
    Dir einen schönen Tag und wenig Tränen…
    „et jitt kein Wort dat saje könnt was ich föhl wenn isch an Kölle denk…ohohoh!!!!
    LG Verena

  4. Kenne das nur zu gut. Saß oft auch traurig im Zug, wenn ich nach einem „Heimatwochenende“ wieder im Zug zu meiner Studentenbude saß und sowohl meinen Freund als auch meine Familie in der Heimat zurücklassen musste. Aber ich habs überlebt und wohne heute wieder in der Region – mit meinem Freund, heute Mann.

  5. Ich muss Ihnen sagen, so als Exil-Rheinländer, dass ich das alles gut nachvollziehen kann. Bei mir sind es „En unserem Veedel“ und „Dat Wasser vun Kölle“!

  6. Auch als Immi in Köln kommen mir bei kölschen Liedern die Tränen!!!
    Ich komme grad aus der Kneipe, bin zum 2. mal schwanger und möchte festhalten, dass ein Karneval auch nüchtern toll ist, wenn die kölschen Leeder erklingen! Ohne Alkohol mal eine ganz neue Erfahrung :-)))! Ich hoffe dass mein Wurm im Bauch direkt zum kölschen Jeck geworden ist! Kölle alaaf!!

  7. Und ich stieg heute Abend in Zürich müde in die S Bahn und wunderte mich über einen prächtigen König und ein Huhn welche mit mir einstiegen…
    Hm, Fiebertraum? 3 Königstag?
    Ach nein, in Luzern hat die Fasnacht begonnen, alles klar.

  8. Wenn man den Zusammenhang hört, kann man (naja, ich jedenfalls, der keinen Dialekt richtig kann) kann man es schon verstehen „Et gitt kei Wood“ kann vieles heißen aber mit „dat sage künnt, wat ich föhl, wann ich an Kölle denk“, dann geht es schon.

    Mit dem Karneval (hier heißt das ja Fastnacht, und kann auch locker umgangen werden) habe ich es nicht so, aber es ist schön zu sehen (und ich bekomme vor Ergriffenheit auch schonmal Gänsehaut), wenn die Leute auf den Sitzungen Spaß habe auf die Tische steigen und abgehen – gerne wenn die kölschen Karnevalslieder gecovert werden. (Lokalreporter sein erweitert ungemein den Horizont.)

    Vor genau 14 Jahren – jedenfalls war Weiberfastnacht – musste ich zu einer Tagung nach Köln, damals arbeitete ich in Kiel … Im Zug steigen die ersten Maskierten in Münster ein. Am Kölner Hauptbahnhof war schon morgens Ausnahmezustand und als ich am Nachmittag von der Uni wieder zurückfuhr – ok – da war mir klar, was an den Sprüchen mit der Fünften Jahreszeit etc. so dran ist.

    Und jeder Kölner wird sich fragen, warum die Tagung genau an dem Tag war? Nun, der Prof. war von einer anderen Uni nach Köln gewechselt und hatte die Ausrichtung der Tagung schon ein Jahr vor seinem Wechsel (der da noch nicht so sicher war) übernommen.

  9. Ein tolles Lied! Ich krieg bei sowas ja auch immer Gänsehaut. Und wenn man Köln durch Düsseldorf ersetzt, dann passt es wie der Deckel auf den Pott.
    Ich glaube, da haben wir im Rheinland schon etwas besonderes, auch ein besonderes Heimatgefühl.

  10. Ich kann das sehr gut verstehen, auch wenn ich weder aus dem Rheinland stamme, noch ein Karnevalsfan bin. Aber bei bestimmten Liedern wird man einfach in eine andere Zeit zurück versetzt. Den schönen Sommer am Meer, lange Abende mit Freunden im Garten. Da wird einem direkt warm ums Herz und gleichzeitig wehmütig. Im Herzen bleibt man halt immer dort, wo man herstammt.
    Ich verfolge deinen Blog übrigens auch schon eine Weile still und heimlich. Und obwohl oder vielleicht auch gerade weil ich noch keine Kinder habe, bin ich wirklich süchtig geworden.

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