Eine pantastische Begebenheit

Letzte Woche klagte der Quietschbeu abends, als er schon im Bett saß, über ein schmerzendes Auge. Ich untersuchte kurz sein Auge und fand eine kleine Wimper, die sich im Auge versteckt hatte. Nachdem ich sie vorsichtig heraus gewischt hatte, hielt ich ihm die Wimper auf der Kuppe meines Zeigefingers unter die Nase. Er sah mich verständnislos an und ich musste schmunzeln. Klar. Woher sollte er auch wissen, was ich von ihm wollte.

„Wenn man eine Wimper verliert und die weg pustet, darf man sich etwas wünschen. Das geht dann irgendwann in Erfüllung.“

Er holte tief Luft und pustete. Die Wimper verschwand von meinem Finger und der Mund des Quietschbeus ging auf.

„Nein, pscht, nicht sagen was Du Dir gewünscht hast. Das musst Du ganz für Dich behalten, bis der Wunsch in Erfüllung gegangen ist.“
„Und wie lange dauert das?“
„Das kann mal lange dauern und mal geht das ganz schnell.“
„Hm.“
„Aber Du musst es wirklich für Dich behalten, sonst geht der Wunsch nicht in Erfüllung.“

Er schwieg und erzählte am folgenden Tag im Kindergarten seiner Erzieherin von der weg gepusteten Wimper.

„Ich hab dem lieben Gott meinen Wunsch erzählt. Der erfüllt dann meinen Wunsch. Manchmal geht das schnell. Manchmal nicht“, hat er gesagt. Ich musste grinsen, als ich das hörte. Wir hatten in diesem Zusammenhang gar nicht über den lieben Gott gesprochen. Das hat er sich wohl selber zusammen gereimt. 

An diesem Abend bestellte ich ein paar Deko-Artikel für die Peter Pan-Party zum Quietschbeu-Geburtstag und fragte mich unweigerlich immer wieder, was er  sich wohl gewünscht hat. Etwas zum Spielen? Einen schönen Geburtstag? Dass der Papa öfters zu Hause ist? Alles war möglich. Und es machte mich schon so ein bisschen ungeduldig, dass ich erst wissen würde, was er sich gewünscht hat, wenn es in Erfüllung geht. Sie können jetzt ruhig mit den Augen rollen. Ich glaube da wirklich dran. Bisher ging jeder meiner Wünsche in Erfüllung. Mal wartete ich wenige Tage. Manchmal sogar Jahre. Aber bisher war da irgendwann immer dieses „Ohhhh!“-Erlebnis.

Gestern Vormittag lag der Quietschbeu im Wohnzimmer auf der Erde. Ich saß neben ihm. 

„Du, Mama?“, flüsterte er. „Wann ist mein Wunsch denn erfüllt?“
„Dann, wenn Du bekommen hast, was Du Dir gewünscht hast.“
„Hmmm.“
„Wieso?“

Er senkte den Blick, sah mich mit beschwörendem Blick an und flüsterte: „Ich hab mir den Peter Pan aber nicht erst zum Geburtstag gewünscht …“

Ich musste kurz grübeln, um zu verstehen was er meinte. An dem Abend, als er die Wimper weg gepustet hatte, habe ich im Zuge der Party-Bestellungen eine Peter Pan-Figur bestellt. Diese soll als Deko z.B. des Kuchens dienen und danach natürlich als Spielfigur für den Quietschbeu. Davon hat der Quietschbeu definitiv nichts gewusst. Mir erklärte das natürlich nun auch, wieso er so ausgeflippt ist, als er den Pan zwei Tage später auf der Fensterbank stehen sah. Als ich seine Euphorie bremste und erklärte, der sei erst für den Geburtstag, war er todtraurig davon gestapft. 

„Du meinst die Peter Pan Figur für Deinen Kuchen?“
„Nein. Zum Spielen!“
„Ja, wenn der Peter Pan deinen Kuchen dekoriert hat, darfst Du ihn natürlich zum Spielen haben!“
„Auch wenn ich jetzt schon verraten habe, was ich mir gewünscht hab?“
„Ja, natürlich.“
„Dann ist mein Wunsch ja schon in Erfüllung gegangen!“
„Ja!“ 

20140414_pantastisch

Da bestelle ich ausgerechnet an dem Abend, an dem der Quietschbeu seine erste Wimpern-Wunsch-Bestellung aufgegeben hat, genau das, was er sich gewünscht hat. Ohne dass wir vorher drüber sprachen oder ich ihm gezeigt hätte, dass es den Pan überhaupt als Spielfigur gibt. Das ist schon so ein kleines bisschen „Uhhhhhh!“, wenn Sie mich fragen. Ein fantastischer Zufall? Eher eine pantastische Begebenheit! Unbedingt festhalten. Im Herz. Für später.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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4 Gedanken zu „Eine pantastische Begebenheit

  1. Zu schööön! Kurze Anekdote aus meiner Welt: Erst vor einer Woche fische ich meinem 2-jährigen Sohn eine Wimper aus dem Gesicht und zeige sie ihm. Mein Flitze dreht den Kopf weg und sagt ganz entrüstet: „Nein, nicht essen!“.
    Auch ich habe ihm dann die Wimpern-Wünsche erklärt und wir haben gemeinsam die Wimper weggepustet!

  2. Bei mir sind es alle Wünsche beim Finden eines „Hühnergottes“ (ein Stein, in den das Meerwasser im Laufe der Zeit ein Loch gebohrt hat), die bisher immer in Erfüllung gegangen sind. Und der allerwichtigste liegt hier neben mir und schnufft vor sich hin: unsere wunderbare Tochter!

  3. schön :-) ich glaube auch an diese Wünsche.
    Genauso wie ich daran glaube das jede Begebenheit ihren Sinn hat.
    Auch wenn es mal schmerzhaft ist oder man zu dem Zeitpunkt noch nicht erkennt warum das nun sein muss. Irgendwann versteht man es dann doch!

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