Über die Relevanz von Elternblogs

Schon seit einer Zeit versuche ich einen Beitrag zu schreiben, der mir dann doch irgendwie nie so gelingen wollte, wie ich gerne gehabt hätte. Heute versuche ich das noch mal. Auslöser hierfür ist ein Kommentar von dasnuf, den sie heute unter meinem letzten Beitrag hinterließ. 

Thema: Die Relevanz von Elternblogs. Elternblogs – oder allgemeiner als Mommyblogs  bezeichnet – sind eher belächelt bis verpönt. Da schreibt irgendeine gestresste/gelangweilte Mutter von ihrem stressigen/langweiligen Alltag mit Kindern. Das ließt doch keiner! Ich kann da nur entgegen setzten: Oh doch! Das lesen sogar ganz schön viele! Der Online-Clan, von dem dasnuf so treffend auf ihrem Blog schrieb, ist in der heutigen Zeit ein guter und wichtiger Ersatz für die großen Familien und ganze Dörfer, die sich früher um die Erziehung eines Kindes gekümmert haben. Da war jederzeit jemand mit Erfahrungen, mit einen Rat oder mit einer helfenden Hand zu Stelle. Heute leben wir oft mehrere hundert Kilometer von unserer Familie entfernt und die Dorfgeschmeinschaft ist etwas sehr seltenes geworden. Statt einander hilfreich zur Seite zu stehen, beäugt man sich kritisch. Jeder kocht sein eigenes Süppchen. 

Es wird viel bewertete. Wie die Kinder gekleidet sind, was sie in ihren Brotdosen haben, wie man die Nachmittage verbringt, welche Spiele man sie spielen lässt, etc. pp. Und ich meine jetzt nicht das virtuelle Gehacke, über das ich mich u.a. gestern ausließ, sondern durchaus das Tuscheln hinter der vorgehaltenen Hand im wahren Leben. Nein, die Kritik wird in den seltensten Fällen wohl laut geäußert. Aber man steht unter ständiger Beobachtung der Gesellschaft. Dass viele Familien, vor allem Mütter, ständig versuchen alles richtig zu machen und an sich zweifeln, statt sich auf das eigene Bauchgefühlt zu verlassen (meiner Meinung nach der „richtigste“ Weg, den man gehen kann) ist Resultat dieser Entwicklung.

Und dann kommen Elternblogs, die aus ihrem ganz normalen Alltag und Tagesabläufen, über Schwierigkeiten in der Erziehung und diverse „Phasen“ der Kinder erzählen. Ich kann nicht sagen, wie viele E-Mail alleine ich erhalten habe, in denen mir Leser dafür danken, dass sie beim Lesen meines Blogs das Gefühl haben selber völlig „normal“ zu sein. Normal im weitesten Sinne. Natürlich ist jede Familie anders. Aber wir haben alle Sorgen, Freuden, mal anstregendere Kinder, Tage, Phasen und mal ganz dufte Kinder, Tage, Phasen. Oft lese ich auch, dass sich jemand selber, bzw. sein Kind, in meinen Texten wiedererkennt. Und dass es einem das gut tut, nicht allein zu sein. Elternblogs zu lesen gibt dem Leser die Möglichkeit des „sich Vergleichens“, sich Anregungen für alle möglichen Bereiche des Lebens mit Kindern (Erziehung, Ernährung, kreatives Gestalten, Unterhalten etc.) zu holen und ganz oft sicher auch einfach mal einen Anstoß, der zum Umdenken in der einen oder anderen Handhabung einer Situation führt.

Ich spreche hier ausdrücklich nicht nur von meinem Blog, sondern von all den Elternblogs da draußen, die alle unterschiedliche Ausrichtungen und Schwerpunkte haben.Jedes einzelne hat seine Daseinsberechtigung, egal wie hoch oder gering die Besucherzahlen sind. Wenn jemand zu mir sagt, dass es ihm peinlich währe sich vor mir über seine geringen Besucherzahlen zu freuen, dann macht mich das ernsthaft traurig. Nur weil dieses Blog von mehr Leuten gelesen wird, sind die Inhalte nicht richtiger oder wichtiger, als die eines vergleichsweise kleineren Blogs. 

Elternblogs leisten meiner Meinung nach einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft. Sie sind ein Teil dieses Online-Clans, der einem die Möglichkeit gibt, sich zu informieren, auszutauschen, eine Gemeinschaft zu sein. Im Internet ist man nie alleine. Wenn nachts um 2 Uhr das Kind seinen ersten Pseudo-Krupp-Anfall erleidet und man sich, zum ersten Mal in dieser Situation, schrecklich alleine und überfordert fühlt, wird irgendjemand auf Twitter zumindest schon mal einen Ratschlag haben. Vielleicht googelt man aber auch einfach nach einem Ratschlag und landet auf einem der unzähligen Blogs von Eltern, die diese Situation selber schon erlebt und durchgestanden haben. Nein, Entscheidungen kann einem das Internet auch nicht abnehmen. Das kann einem niemand. Aber man ist in diesen Situationen gefühlt nicht alleine, bekommt Anregungen und Tipps und findet so seinen eigenen Weg.

Natürlich sind Elternblogs auch Unterhaltung. Aber man muss schon ein gewisses Interesse am Thema Familie & Kinder haben, um einem Elternblog dauerhaft zu folgen. 

Wenn man also behauptet, Elternblogs hätten keine Relevanz  im Internet und für die Gesellschaft, dann gilt das ebenso für Blogs für z.B. Filmkritiken, Technik-Gadgets, Mode, Literatur, und so weiter. Alles, was gelesen wird, hat automatisch auch eine Zielgruppe und dient in irgendeiner Form der Informationsverbreitung und/oder -Gewinnung. Und ich behaupte weiter, dass Elternblogs in der heutigen Zeit sogar einen sehr wichtigen Rolle für unsere Gesellschaft spielen. Bedenkt man einmal, dass die „Institution Familie“ Dreh- und Angelpunkt eines jeden Menschen bzw. seiner Entwicklung ist, so kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie man der Berichterstattung und den Austausch über und aus eben dieser Institution die Relevanz absprechen kann?

Wie ich weiter oben schon schrieb: Alles, was gelesen wird, hat automatisch auch eine Zielgruppe und für eben diese ist ist der Inhalt relevant. 

Aber das ist nur meine Meinung. Die ich nun endlich einmal los geworden bin. In einem sogenannten Elternblog. 

Guten Tag.

Nachtrag/Korrektur: Der Begriff Online-Clan wurde nicht von dasnuf, sondern von Frau Mierau geprägt. Außerdem hat sie das Thema Online-Clan auch in einem Vortrag auf der re:publica 2014 behandelt.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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21 Gedanken zu „Über die Relevanz von Elternblogs

  1. So sieht’s doch aus. Die Zielgruppe ist definitiv da. Ich habe schon so oft gesagt, dass ich ohne diese virtuelle Dorfgemeinschaft ganz schön verloren gewesen wäre und es mir so viel gibt, auch wenn ich mich manchmal über sie aufrege. Aber so ist das mit Familie. ;)

  2. Ich habe es dir ja schon einmal geschrieben und trotzdem passt es hier so gut hin, dass ich es noch einmal loswerden möchte. Dein Blog ist mir schon oft eine so große Hilfe gewesen! Wenn ich mich in einer Situation alleine fühlte, habe ich deinen Blog gelesen und fühlte mich nicht mehr alleine. Es ist genau was du schreibst: Keiner nimmt dir eine Entscheidung ab, aber du fühlst dich nicht mehr allein, vielleicht fühlst du dich nicht einmal mehr hilflos. Und alleine deswegen sind „Mama-Blogs“ so wichtig. Ich bin wirklich niemand, der oft Google fragt, ich verlasse mich ganz oft auf mein Bauchgefühl. Und wenn ich wirklich nicht mehr weiter weiß, rufe ich jemanden an dem ich vertraue, jemanden bei dem ich weiß, dass er mir weiter helfen kann. Bei deinem Blog empfinde ich dasselbe. Wenn ich also mal nicht weiter weiß und niemand erreichbar oder greifbar ist, dann bist du es und dann greife ich immer auf deinen Blog zurück – meistens werde ich fündig bei genau dem Thema was mich gerade beschäftigt und selbst wenn nicht, dann fühle ich mich wirklich weniger allein.

    Ich bin also dankbar. Dankbar, das es Mama-Blogs gibt. Und auch wenn mein Blog klein ist, so bin ich immer froh, wenn auch mir jemand sagt, dass ich ihm in einer bestimmten Situation geholfen habe. Das ist ein schönes Gefühl.

    Übrigens: Selbst meine kinderlose Herzfreundin liest deinen Blog, einfach weil du so wunderbar schreibst.

  3. Du sprichst mir aus der Seele, denn: Bevor ich im „realen“ Leben Menschen fand, die ihre Familie ähnlich gestalten wie wir, fand ich sie im Online-Clan. Und das war und ist zeitweise eine wirklich große Hilfe, da es manchmal schwer fällt, sich allein auf das Bauchgefühl zu verlassen, wenn man in seinem Umfeld allein auf weiter Flur mit diesem ist.
    Mir sind viele Blogs von Mütter und auch von Vätern (!) sehr ans Herz gewachsen.
    Liebe Grüße
    Julia

  4. Super geschrieben. Wie oft hab Ich in bestimmten Phasen und Situationen im Leben meiner Kinder gegoogelt und einen Mama Blog gefunden der mir anregungen In Umgang ,Tipps und mit Erfahrungen geholfen hat. Grade wenn das Umfeld/ Freundeskreis Kinderlos ist helfen Mama Blogs. Einfach ein riesengroßes Dankeschön an alle Mamas die uns an Ihrem Leben teilhaben lassen. ?

  5. Ich fing an dieses Blog zu lesen als ich schwanger war. Ich fand‘ es total aufregend und spannend zu lesen was da auf mich zu kommt. Die Geburt. Das Leben mit Baby. Das Leben als Familie. Das war für mich besser und informativer als jede Babyzeitschrift.
    Ich bin froh und dankbar das es Blogs wie dieses gibt. Gerade wenn man das erste mal Mama wird, kommen doch viele Fragen und Unsicherheiten auf, die einem nicht immer direkt jemand beantworten oder nehmen kann.
    Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt, mich hier und da wieder gefunden und deshalb bin ich geblieben. Bis heute. Und bestimmt bleibe ich noch eine Weile :)
    Vielen Dank!

  6. Liebe Mama Miez,

    selbst ich, Mitte 20 und single, ohne akuten Baby- oder Familienwunsch, lese Blogs von (jungen) Müttern unglaublich gerne. Warum? Weil in der Regel tolle, starke und selbständige Persönlichkeiten schreiben, von denen man wahnsinnig viel lernen und sich locker eine Scheibe abschneiden kann.

  7. danke, für das Beschreiben

    … was wenn doch jemand versucht kritisch nachzufragen?
    Eltern können auch im Netz sehr sarkastisch sein, lieblos und direkt.
    Ich reibe mich viel am Lesen und Wahrnehmen und lerne durch Diskussion. Frage ich nach ( und sehe Themen anders), erlebe ich oft das kollektive Augenrollen.
    Mir hat in den letzten Wochen mein Anderssein im Netz nicht gut getan.
    Jubeln und “ Toll!“ schreiben bringt mich nicht weiter, sondern hinterlässt eher einen oberflächlichen Beigeschmack.

  8. Dankeschön- für deinen Artikel und deinen Blog! Ich lese ihn immer wieder gern.
    Ja, da ich offt umgezogen bin kann ich das mit dem „Dorfersatz“ nur bestätigen. Vielen dank an alle Elternblogger die sich die Mühe machen uns immer wieder mit neuen Anekdoten, Erfahrungsberichten, Ideen und immer immer wieder: ganz viel „das geht nicht nur dir so“ versorgen!

  9. Schön, dass Du das Thema so ausführlich aufgreifst.
    Der Begriff Eltern-Clan ist übrigens von Susanne Mierau von http://geborgen-wachsen.de/. Sie hat auf der re:publica auch einen sehr grandiosen Vortrag zu dem Thema gehalten, den du sicherlich kennst. Ich verlinke ihn für deine LeserInnen hier nochmal:

  10. Richtig, jeder Blog hat seine Zielgruppe und dieser Begriff kann von „nur für mich selber“, über für Verwandte und Freunde (wie hauptsächlich bei mir) bis hin zu tausenden Lesern wie bei dir reichen. Und dein „Mutti-Blog“ bestätigt doch wohl sehr anschaulich, was für eine große Zielgruppe da draußen wartet.

  11. ich denke das es grundsätzlich so ist.
    Aber…dein Blog ist nicht nur (was keine Wertung sein soll) ein Eltern oder Mama blog.
    Dann würde ich ihn nicht lesen – Kinder erwachsen…ich hab das alles schon hinter mir und was das Familienleben angeht wäre mir ein Mama Blog nicht mehr hilfreich. Als es für mich nützlich gewesen wäre gabs das noch nicht.

    Ich denke du hast ganz viele Leser wie mich, die nicht wegen eines Genres Lesen – sondern wegen dem Autor. Ich bin ja vom alten Blog rübergerutscht….

    Ich lese unterschiedliche Blogs, für mich gehts mehr ums Lesen. Freude am Wort. Und da wird man hier doch gut bedient.

    Vielen lieben Dank dafür das ich schon sooooo viele Jahre immer mal wieder meine Freude an schönen Geschichten haben kann. Egal zu welchem Thema.

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