groß oder klein

„Der L. hat sum slafen einen Nulli. Is hab keinen Nulli. Is bin son groß, oda?“

„Mathi, bringst Du bitte den Joghurtbecher in den Müll?“
„Is kann das nich. Ich bin doch noch klain!“

„Komm ich heb‘ Dich ins Auto.“
„NAIN! Is kann das allaine! Is bin son groß!“

„Wäscht Du Dir bitte die Hände?“
„Das geht nis. Is bin noch viel su klain!“

„Mathi, Du darfst nicht auf mein Bett. Du fällst da runter!“
„Ich bin son groß. Ich kann das wohl!“

„Maaamaaaa, die Mathi kommt nicht mehr von meinem Bett runter!“
„Wieso kommst Du da nicht mehr runter? Du bist doch auch hoch gekommen?“
*schluchz* „Is bin noch su klain.“

Ja ja, diesen nicht mehr klein und noch nicht groß sein ist ziemlich hart. Manchmal aber auch ganz praktisch. 

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Während das Meedchen noch versucht herauszufinden, ob sie nun groß oder klein ist, wird dem Löwenmaul immer bewusster, dass er ganz offensichtlich klein ist. Zumindest körperlich. Die 3 Jährigen in seiner Gruppe sind alle größer als er. Mit fast 5 Jahren hat er die Metermarke immer noch nicht geknackt und dümpelt seit geraumer Zeit auf 98 Zentimetern herum. Er ist selbstbewusst. Sehr selbstbewusst, aber es stört ihn dennoch, dass andere Menschen ihn ständig unterschätzen, weil sie ihn für viel jünger halten. 

Als ich ihn heute Abend ins Bett brachte, hielt er mich noch fest, als ich raus gehen wollte. Wissen Sie, er ist nicht der Typ, der über seine Gefühle spricht.Umso überraschter war ich, als er mich dann heute ganz leise fragte, warum er so klein sein. Ich setzte mich also wieder zu ihm und erklärte ihm, dass alle Männer in meiner Familie nicht besonders groß seien. Weder der Opa noch sein Onkel Jan. Und nur weil er kleiner sei, als die anderen, heißt das ja noch lange nicht, dass das immer so bleiben muss. Manche Kinder wachsen besonders schnell, andere langsamer. Wichtig sei aber nicht, wie groß ein Mensch ist. Wichtig ist, was man für ein Mensch ist.

„Ich bin ziemlich, nett, oder?“
„Ja, ziemlich.“
„Und lustig.“
„Oh ja, das bist Du.“
„Und ganz schön schlau.“
„Auch das, ja.“

Er grinste breit, dann wurde er wieder ernst:

„Mama, wird die Mathi mal größer als ich?“
„Weißt Du, das kann passieren. Muss aber nicht.“
„Ist die schon bald größer als ich?“

Nun ja, ich wusste nicht was ich antworten soll. Wir wissen halt selber nicht, wann und wie schnell er wachsen wird. Er klagt so oft über Schmerzen in den Knien oder Füßen. Ich kenne das. Ich hatte auch starke Wachstumsschmerzen. Aber wenn wir ihn dann, auf seinen Wunsch hin, wieder messen, ist da selten mehr als ein halber Zentimeter mehr auf dem Maßband. Ich hielt mich also an die Wahrheit.

„Hm, ich weiß es nicht.“
„Bin ich dann noch ein großer Bruder?“
„Herzchen, Du wirst immer immer immer ein großer Bruder sein. Du bist immer älter als Mathi und weißt Dinge, die Mathi erst noch lernen muss. Die kannst Du ihr alle beibringen. Und für sie da sein, wenn sie jemanden braucht. Das bedeutet großer Bruder sein. Nicht, wie lang oder kurz jemand ist.“
„Hm, der A. ist viel größer als ich. Der ist so alt wie Mathi. Und dem helfe ich manchmal beim Anziehen, wenn wir raus gehen.“
„Siehst Du!“

Er war dann vorerst mit seinem Schicksal versöhnt, schmiss sich auf mich und drückte mich feste. 

Ich weiß, dass er irgendwann ganz wunderbar damit umgehen können wird, dass er kürzer ist, als andere. Dafür ist er innen drin einfach ganz groß. Mein großer Sturkopf <3

 

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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18 Gedanken zu „groß oder klein

  1. Der Sohn einer Freundin war auch immer eher klein -da meine Freundin auch nur 1.54 m groß ist und in ihrer Kindheit oft gehänselt wurde, hat sie ihn vermessen und untersuchen lassen. Dabei kam heraus dass ihr Sohn zu wenig Wachstumshormon produziert. Dieses wurde dann über einen langen Zeitraum gespritzt.
    Vielleicht wäre das mal eine Überlegung überprüfen zu lassen? !

    1. Wir haben ihn vor 2 Jahren bereits vermessen lassen. Er ist genetisch bedingt klein. Vererbt also. Das behandeln mit Hormonen lehnen wir ab, da das auch viele unschöne Nebenwirkungen hat.

  2. Liebe Pia,
    das ist so schön geschrieben. Und deine Kids reflektieren sich selbst so toll. Der Wahnsinn! Ich bin ganz gerührt!
    Liebe Grüße Julia

  3. Ich kenne das auch leider nur zu gut. Mein „kleiner“ Bruder ist 4 Jahre jünger als ich und ist 2 Köpfe größer wie ich. Auch meine kleine 6 Jährige Schwester holt mich bald ein =( Und ich bin 22.

    Aber dein Kleiner wird damit so wunderbar umgehen können!

    LG Anna

  4. Oh, das kennen wir auch. Die Holde und ich sind mit 1,65 und 1,74 ja auch in den letzten 10 Dekaden nicht besonders hoch geschossen. Das „Pubertier“ (13) war auch immer so der kleinste unters seinen KiGa und Schulkumpels. Mit Beginn der Pubertät allerdings tat er einen gewaltigen Schuß, überholte aus dem Stand seine Mutter und ist nun kurz davor, auch mich einzuholen. Also alles im Lot und wie sagte man früher: „Kurze Menschen hat der liebe Gott erschaffen, Bengel wachsen im Wald!“ ;-)

    Grüße von einem seit Urzeiten mitlesenden…

  5. Ach, armer Löwenmaul. Da fragt er ja schon ganz direkt und weiß, dass seine kleine Schwester eventuell bald größer ist. Gut, dass er so selbstbewusst ist. Ich wünsche ihm alles Gute.
    Viele Grüße,
    Kathrin

  6. Das ist eine schöne Geschichte, die du da aufgeschrieben hast. So wie bei euch Männer (?) genetisch eben kleiner sind, sind bei uns alle genetisch größer. Mein Sohn (8) hat die 1m Marke mit 2 Jahren geknackt und ist größentechnisch schon auf dem Level der 6. Klässler. Er wurde gerne überschätzt (auch nicht schön) und verwundert angeschaut, warum er „noch“ in der Grundschule sei. (Bis man uns Eltern trifft, das rückt es wieder gerade)
    Genau wie ihr werden auch wir wohl keine Behandlung angehen, weder bei ihm, noch bei seinen Schwestern. Vermessen vielleicht, eingreifen eher nein. Es sei denn, es schwingt in wirklich extreme Höhen (>2,20m), dann muss man schauen.
    Dein Sohn ist genau so richtig, wie meiner. Wir sind alle unterschiedlich. Wichtig ist, wie wir uns verhalten, nicht, wie viele Meter wir erreichen. :)
    Beste Grüße von der anderen Seite der Messlatte.
    Janine

  7. Eine andere Frage, die nur indirekt mit dem Thema zu tun hat:
    Seit wann konnte das Löwenmäulchen denn Fahrrad-Fahren?
    Und/oder könnte das Meedchen denn schon?
    (es geht hier mir nicht um die effektiven Fähigkeiten ;) )
    Wir haben auch ein sehr kleines Mädchen, wobei das von der ärztlichen Sicht her bis jetzt immer als normal gesehen wurde, da wir Eltern auch nicht so groß sind.
    Sie wird in ca. 2 Wochen 3 Jahre alt und misst 85cm. Und wir würden ihr so gerne ein Pedal-Fahrrad zum Geburtstag schenken, suchen uns aber dumm und dämlich, da es irgendwie nichts in der Größe gibt : / Hudora habe ich jetzt im Netz entdeckt, als 10″, wobei mir das eher sub-optimal scheint. Ich finde es irgendwie frustrierend, da sie gerne eins mit Pedalen hätte und wir sie von den Fähigkeiten auch so einschätzen, dass sie es schnell könnte. Aber wenn man sich anschaut, was die kleinsten, gescheiten Räder sind, so scheint es, als müsste sie noch 1-2 Jahre warten, bis sie überhaupt drauf passt : /
    Hattet ihr da eine Lösung?
    Liebe Grüße

    1. Das Löwenmaul bekam zum 4. Geburtstag das S’Cool Nike 12″ (ab 103 Körpergröße) geschenkt. Allerdings war er da immer noch zu klein, um mit den Füßen auf die Erde zu kommen. Also mussten Stützräder dran. Damit konnte er dann gut fahren. Bislang kann er noch nicht ohne Stützräder fahren, da er nach wie vor nur mit den Zehenspitzen die Erde berührt und das einfach zu unsicher ist, ihn dann ohne fahren zu lassen.
      Es gibt ein Fahrrad mit nur 10″, aber das wird als Spielzeug deklariert und hat uns nicht überzeugt.

    2. Mein Mädchen war mit drei auch erst 84 cm groß, im Sommer wird sie 5 und ist 96 cm groß. Sie ist sehr zierlich und wird schon noch irgendwann wachsen. Sie wird durch ihren Körperbau natürlich oft deutlich jünger geschätzt, als sie ist, aber für sie ist das kein Thema. „Groß“ will sie sein und „groß“ findet sie sich auch. :-)
      Jedenfalls hat sie ganz problemlos mit drei Jahren Fahrradfahren gelernt. Sie ist kurz nach ihrem dritten Geburtstag auf das 12-Zoll-Pucky-Rad ihrer Brüder gestiegen und einfach losgefahren.
      https://www.kinderfahrradladen.de/12-zoll-kinderfahrraeder-puky-zl-12-alu
      Das ging prima. Das A und O ist dabei aber, dass sie vorher sehr sicher und gut Laufradfahren konnte. In dem Fall mussten wir ihr übrigens tatsächlich das kleine Pucky-Laufrad kaufen, das große Holzlaudrad ihrer Brüder war ihr viel zu groß.

  8. Wir haben auch einen recht kleinen Mann zu Hause, er konnte mit 3,5 Jahren auf einem 10″ Spielfahrrad ohne Stützräder fahren, da war er so 92 cm groß, da es meine Freundin jetzt wieder brauchte, haben wir ihm nun mit ca. 4,25 Jahren ein 12″ von Bachtenkirch (Polizeidesign) gekauft, er ist jetzt 98 cm groß und kommt damit super ohne Stützräder klar…

  9. huhu :)

    bei uns gibt es genetisch gesehen beide varianten: sehr groß und sehr klein. jetzt ist es so, dass sich die große und die mittlere ein (unfreiwilliges) „rennen“ bezüglich der größe liefern. die älteste ist recht klein, die mittlere eher groß – da hat mal eine und dann wieder die andere die nase vorn ;o)

    das war anfangs für die älteste nicht einfach, denn ihre schwester wurde nicht müde, auf genau diese umstände hinzuweisen. das erforderte etwas „erziehungsarbeit“ an beiden kindern: für verständnis der gegenseite werben, das selbstvertrauen für die andere seite,….. mittlerweile hat es sich eingespielt und sie sehen sich differenzierter (trotz der gleichen größe unterschiedliche proportionen etc)

    sehr schön, dass er sich selbst so wahrnehmen kann und das auch wertschätzen lernt :)

    lg tina

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