achteinhalb Stunden

Gestern war ein ziemlich temporeicher Tag. Von 9:30 Uhr bis 18 Uhr waren der Große und ich unterwegs.

Der Wochenplan in der Kita ist diese Woche ziemlich durcheinander. So mache ich diese Woche an keinem Tag allen 3 Kindern eine Brotdose fertig, sondern immer nur zweien oder sogar nur einem. Gestern waren es das Meedchen und der Große, die ein Frühstück für den Kindergarten brauchten.

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Da im Kindergarten momentan ein tägliches Vorschulprogramm von einer Stunde stattfindet, brachte ich den Großen, trotz Termin am Vormittag, mit seinen Geschwistern in den Kindergarten, nur um ihn eineinhalb Stunden später wieder abzuholen.

Um 10 Uhr hatten wir nämlich wieder mal ein Eltern-Kind-Gespräch bei der Familienberatung. Bei Facebook fragte jemand, warum wir sowas brauchen. Generell sind viele Leute überrascht, wenn ich erzähle, dass wir solche Beratungen in Anspruch nehmen. Das ist ein bisschen schade, denn es verdeutlicht auch, wie wenige von dieser Möglichkeit wissen und/oder gleich „Probleme“ damit verbinden. Wir besuchen die Familienberatung, beziehungsweise Eltern-Kind-Beratung, um eine objektivere Sichtweise auf unseren Alltag, speziell auch das „Anderssein“ des Großen zu gewinnen. Wie können wir seine scheinbar irrationalen Ängste mildern und ihm den Umgang mit seiner hypersensitiven Wahrnehmung erleichtern? Natürlich haben wir inzwischen unsere Wege gefunden und wissen sehr gut, wie und auf was er gut oder schlecht reagiert. Aber ein objektiver Blick von außen und ein paar frische Anregungen können da sehr hilfreich sein. Wir wählen das Eltern-Kind-Gespräch, weil der Große in diese Gespräch mit einbezogen wird. Er wird gefragt, wie er dieses oder jenes empfindet, ob er sagen kann, warum er vor etwas Angst hat und was er sich in diesen Situationen von uns Eltern wünscht. Durch die unabhängige Person, die ja nun auch genau weiß, wie man welche Frage am besten an einen knapp 6 Jährigen richtet, entstehen da völlig neue Gespräche, die in gewohnter Umgebung im Alltag kaum möglich wären. Der Große mag diese Termine sehr. Sie finden in einem gemütlichen Büro, vollgestopft mit Spielzeug, statt. Er darf sich alles nehmen, was er mag und darf die ganze Zeit über spielen und malen, muss dabei weder still sitzen noch leise sein. Es sind gute Gespräche, die mir manchmal neue Blickwinkel vermitteln, manchmal aber auch einfach nur helfen, weil man über etwas gesprochen hat.

Dass Famillienberatung heute immer noch so verpönt ist und direkt mit „Überforderung“ gleichgesetzt wird, kann ich in Ansätzen zwar nachempfinden (wer will schon, dass jemand Fremdes einem sagen, wie mans besser machen kann), aber die Wahrheit ist eine andere. Familienberatung hat nichts mit hochgezogenen Augenbrauen, Belehrungen oder gar Vorwürfen zu tun. Ganz im Gegenteil bekommt man Verständnis entgegen gebracht und wird mit seinen Sorgen ernst genommen.

Auf die Frage, warum wir das brauchen, kann ich also nichts Konkretes antworten. Allgemein würde ich sagen: weil es uns gut tut.

Nach dem wirklich guten Gespräch fuhren wir beide etwas Essen. Ich hatte ihn gefragt, worauf er Hunger habe und stattdessen die Antwort bekommen, dass er mal in dieses große Restaurant da wollte, wo wir seinen Bruder mal von einem Geburtstag abgeholt hatten. Er meinte die L’Osteria. Also gut. Als wir um 11:30 Uhr dort eintrafen war es noch Menschenleer. Großartig. Wie wir ja wissen, mag das große Kinder weder Lärm noch viele Menschen. So suchten wir uns einen sonnigen Platz am Fenster, bestellten Pizza, Eistee und Kirschlimo ohne Blubber (gaaaaanz wichtig!). Die Wartezeit überbrückten wir mit Ausmalbildern und nachdem der Große nach der halben Pizza satt war, konnte ich in Ruhe aufessen, während er im Außenbereich spielte. Win-Win für uns beide.

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Anschließen fuhren wir zu Knauber und schlenderten ein wenig durch das Geschäft. Ich brauchte Gipsbinden, für ein größeres Bastelprojekt, das ich Ihnen in den kommenden Tag noch zeigen werde. Außerdem bewunderten wir die Fische, stöberten in der Backabteilung und natürlich beim Spielzeug und den CDs. Weil er mich nun schon häufiger danach gefragt hatte, kauften wir schließlich seine erste Drei ??? Kids-CD (so fängt alles an. Und dann is man 34 und völlig ???-süchtig!) und eine neue Der kleine Drache Kokosnuss-CD für den Bruder.

Danach ging es weiter zum besten Friseur in Troisdorf (ja, er mag das nicht gern hören, aber es ist halt so ;)). Mein großes Kind trägt jetzt nämlich eine Popper-Frisur. Soll heißen: Deckhaar lang (also auch das Pony), aber Nacken und Seiten anrasiert. Das hat er sich so gewünscht und das steht ihm wirklich bombig. Ich bin jetzt schon so oft darauf angesprochen worden, wie super er damit aussieht, obwohl ich eher erwartet hätte, dass man uns einen Frisörbesuch nahe legt, damit das Kind die Haare aus den Augen geschnitten bekommt. Nun ja. Er liebt seine Frisur und war auch äußerst eindringlich mit seinen Anweisungen, ja nichts von der Lange wegzunehmen! Aber der Nacken und die Ohren mussten wieder etwas Ordnung erfahren.

Weiter ging es zum Kindergarten, wo wir die Geschwister einsammelten um erneut zum Friseur zu fahren. Schon seit 2 Wochen wollte ich mit dem Meedchen ebenfalls zum Friseur, da sie wahnsinnig schnell schwitzt und ihr die Haare im Nacken dann so furchtbar verkleben (egal ob Zopf oder nicht), dass das abendliche Kämmen eine Qual wurde. Leider war sie bei den letzten Versuchen immer eingeschlafen, wenn wir beim Friseur ankamen. Wir versuchten sie gestern also zu Dritt wach zu halten, ließen sie 5 Mal ihren Kitatag erzählen, was es zu essen gab und fragten 3 mal, was sie sich zum Geburtstag wünscht („Schoggolade, ein Bädmän-Kuch’n und ein Geschenk!„). Und tatsächlich, als wir erneut in Troisdorf ankamen, war sie wach und aufgeregt. Endlich bekam sie mal die Haare geschnitten. Sonst war sie ja meist nur Zuschauer.

Und sie machte das wirklich wie ein Profi. Still sitzen, nach vorne in den Spiegel gucken und der Dinge harren, die da kommen.

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Wir entschieden und für einen leicht schrägen Bob, weil dann eben der Nacken frei ist und da nichts verknoten kann. Und der steht ihr ausgesprochen gut und passt sehr zu ihrem Raubaukenwesen. Danach wurde auch die Mähne des Löwenmaul gestutzt. Meine Kinder haben alle 3 eine komplett unterschiedliche Haarstruktur. Das Meedchen hat eher feines glattes Haar, mit einer wirklich minimalen Wellenbewegung. Der Quietschbeu hat dickes, kräftiges Haar, das glatt und gerade wie ein Streichholz ist. Das Löwenmaul hat Haare wie ein Rauhaardackel: fest, lockig und halt rau. Der muss auch nur einmal den Kopf schütteln und schon sind die Haare trocken. Sehr beeindruckend. Hier sieht man mal die Meedchen- und die Löwenmaulhaare im direkten Vergleich:

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Und weil alle 3 so super mitgemacht hatten, versprach ich ihnen noch einen Milchshake auf dem Heimweg. Wir fuhren also in den Drive-In, ich bestellte 4 Shakes und gab 2 Stück nach hinten weiter. Den 3., den des Meedchens, musste ich leider vorne behalten, weil: durch den Fangkörper an ihrem Sitz kann sie im Auto nicht aus Strohhalmbechern trinken. Die müsste den Becher dann dauerhaft kippen und dann liefe die ganze Suppe quer über den Sitz. Da sie das aber versteht macht sie auch kein Theater. Sie wollte den Shake dann zuhause trinken.

Nun ja. Leider kamen wir zuhause an und das Meedchen schlief. Und wenn die schläft, dann schläft die. Unweckbar. Es gab also leider keinen Shake für sie, dafür aber ein Nickerchen auf dem Sofa, von dem sie später nahtlos ins Bett umzog.

Am Abend kam der Grillbesuch von Samstag, um das ganze Grillgut aufzuschmausen, das wir ja nun eh im Haus hatten. Sero lachte mich noch mal höchst persönlich, für meine Fehleinschätzung der Bedeutung von „kann Spuren von Eiern enthalten“ für Veganer, aus und auch sonst hatten wir ne menge Spaß. Wie immer halt.

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Es gab außerdem Nudelsalat in vegan, den ich auch für das kommende Maifest im Kindergarten zubereiten werde. VOLL LECKER. Da zeig ich Ihnen dann auch noch ein Foto vom fertigen Salat. Versprochen.

Wie sagt der Mann immer so schön, wenn ich in unkontrolliertes Senden verfalle: „Schwall, schwall, Gummiball!“ In diesem Sinne: Das war mein achteinhalb Stunden on Tour-Tag gestern. Anstrengend, aber dabei sehr toll. Und heute gibt’s Sonne! Was will man mehr?

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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11 Gedanken zu „achteinhalb Stunden

  1. Liebe Pia, vielen Dank fürs Angst nehmen zur Familienberatung zu gehen! Und ich bin ganz neidisch auf den Bummel bei Knauber. Seit ich in der Nähe von Frankfurt wohne, kann ich das leider nicht mehr genießen. Vielleicht am Wochenende wenn ich die Nichte und Neffen in Bonn besuche …
    Liebe Grüße und mach weiter so!

  2. Hallo,

    ich finde es gut, dass hier die Familienberatung so positiv gewürdigt wird. Leider haben viele Menschen Angst, eine solche Art Unterstützung in Anspruch zu nehmen, meist aufgrund diffuser Ängste. Und dabei entgeht ihnen dann wirklich etwas Gutes für sich und ihre Familie.
    In so vielen professionellen Bereichen ist es ganz normal, dass man Supervision oder eine andere Form von Begleitung in Anspruch nimmt – ein Zeichen dafür, dass man gut auf sich selbst achtet und sonst gar nichts.
    Aber man kann oft nur werben dafür und die Menschen müssen sich selbst auf den Weg machen und da ist es gut, wenn ihnen die Angst davor genommen wird
    Liebe Grüße,
    Lamasus

  3. Liebste Frau Miez,

    ich habe es ja icht so mit dem kommentieren und lese lieber für mich alleine aber jetzt muss es raus:

    WAS HAB ICH MICH GEFREUT, DASS SIE AUCH DREI ??? HÖREN!

    Justus Jonas und so – ach ich freu mich. Da lobe ich mir die kindliche Früherziehung. Mal sehen was mein 1,5 jähriger davon hält :-)

    Viele Grüße!

  4. Ich hab jetzt mal die Familienberatung in unserer Stadt gegoogelt. Es gibt sogar eine. Ich weiß nur nicht ob man mir da mit einem überängstlichen 2,5 jährigen helfen kann. Irgendwie hat man ja auch immer die Sorge das was falsch rein interpretiert wird. Da muss ich mich wahrscheinlich noch weiter informieren. Die neue Friseur des großen miezkindes ist mir letztens aufgefallen und heute dachte ich spontan, so ein selbstbewusstest Kind, toll! Er weiß was er will und hat auch keine Hemmungen das einzufordern. Hut ab! LG Anika

  5. Es gibt leider viele Erwachsene, die eine regelrechte Phobie entwickeln, wenn Begriffe wie Hilfe, Beratung oder sozial fallen. Vielleicht ist das eine über Generationen hinweg erworbene Haltung. Etwas verstehen kann ich solche Leute schon, weil früher viele schlechte Erfahrungen gemacht wurden und auch heute ist das Verhalten und die Kompetenzen jedes einzelnen Mitarbeiters ein Überraschungspaket. Gerade wieder mitbekommen, wie eine alteingesessene, eigentlich nette und hilfsbereite Sozialarbeiterin in der Sozialberatung gefloppt ist. Trotzdem schade, dass viele Hilfsangebote wenig Resonanz bei der primären Zielgruppe finden.

  6. Nachdem ich Deinen Beitrag gelesen habe fiel mir echt ein Stein vom Herzen. Ich werde jetzt auch einen Termin bei der Familienberatung vereinbaren. Ich hätte das echt schon viel früher machen sollen. Ja ich habe mich immer als scheitern empfunden. Aber das sehe ich nun anders.

    Danke Pia & liebe Grüße Angela

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