Nicht meine Woche!

Mehrmals am Tag fragt Alex mich, ob das mit Tiffy nur ein Traum gewesen sei. Mehrmals am Tag laufen die Kinder dann zu ihrem Grab und sind ganz niedergeschlagen, wenn es noch da ist.

Heute lachte Alex schallend darüber, dass Conni ihre Katze Kater Mau nennt. „Das wäre ja so, als würden wir Kater Titus oder Katze Tiff …“ Da war sie wieder, die Erinnerung. Kein Traum. Sekunden später hatte ich erneut ein weinendes Kind im Arm.

Aber Kinder haben eine ganz bezaubernde Art zu trauern. Sie lassen nur so viel zu, wie sie gerade selber verkraften können. Dazu las ich erst gestern ein tolles Interview von Mareice Kaiser mit der Berliner Bestatterin Lea Gscheidel auf ZEIT ONLINE:

„Wir wollen Kinder ja grundsätzlich vor allem schützen, auch vor dem Tod. Wenn aber ihre Angehörigen sterben, haben sie das erlebt. Es ist ihnen passiert, wir können sie nicht beschützen. Wir können sie nur unterstützen. Wenn wir das machen, sind sie darin oft viel besser als die Erwachsenen, weil sie keine Idee davon haben, wie man zu trauern hat. Kinder lassen so viel zu, wie sie ertragen und wenden sich dann anderen Dingen zu.“

Und genau so ist es. Die Kinder spielen, malen, summen, tanzen. Und dann trauern sie wieder für ein paar Minuten. Unsere Aufgabe als Eltern ist es dabei, in diesem Minuten der Trauer da zu sein. Es sind gar nicht viele Worte nötig. Eine warme und ehrliche Umarmung, das Streichen über den Rücken und ein Kuss aufs Haar reichen meist schon. Natürlich stellen sie auch viele Fragen. Wo ist Tiffy jetzt? Hat Tiffy eine Seele? Wo ist die Seele jetzt? Ist Tiffy jetzt schon von den Würmern aufgegessen worden? Fressen die Würmer auch ihre Knochen?

Es hört sich vielleicht etwas makaber an, aber ich glaube, dass es für die Kinder ganz gut ist, zuerst um unsere Tiffy trauern zu können, bevor sie das eines Tages um einen nahe stehenden Menschen tun müssen. Für mich ist es so noch leicht ihre Fragen zu beantworten. Ich weiß nicht, ob ich das so ruhig und sachlich könnte, ginge es um einen mir nahe stehenden Menschen.

Max sagt häufiger „Ich will zu Tiffy!“ und meint damit, dass er sie ansehen und streicheln will. Immer wieder erkläre ich ihm, dass wir sie nicht wieder ausgraben können. Mimi hingegen redet so gut wie gar nicht über Tiffy, verbringt aber viel Zeit damit, Titus auf Schritt und Tritt zu verfolgen und zu streicheln.

Titus zeigt sich im Moment sehr anhänglich. Er maunzt kaum noch, sucht unsere Nähe, kuschelt viel. Oft sucht er die Lieblingsplätze von Tiffy ab oder sitzt auf der Terrasse und starrt in den Garten. Er frisst sein Fressen nicht mehr sofort auf, sondern lässt immer ein bisschen drin. So, als wollte er für Tiffy etwas übrig lassen. Ich weiß nicht wirklich, ob es ihm schlecht geht. Aber man merkt schon, dass ihm seine Spielgefährtin fehlt.

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Die ganze letzte Woche war grässlich und es war auch das erste Mal, dass ich sagte: „Die Woche kann weg. Komplett!“ Darum habe ich mir gestern Abend erst mal einen großen Topf Grießbrei gekocht und gelöffelt. Seelenstreichelbrei, quasi.

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Danach wollte ich eine romantische Komödie gucken und landete in einem Film, in dem die Protagonistin mit Mitte 30 an Darmkrebs verstirbt. NICHT MEINE WOCHE! Sagte ich schon, oder?

Aber heute, heute ist der 1. August. Ein neuer Monat. Unser offizieller Ferienbeginn. Es kann also nur besser werden.

So nahm ich mir vor, jeden Tag eine Ecke auszumisten. Begonnen habe ich heute mit dem Schuhschrank. 5 Paar Schuhe sind direkt in die Altkleidersammlung gewandert. Weitere 12 Paar habe ich wegen zu klein oder falsche Jahreszeit in eine Kellerkiste gepackt. Wahnsinn welchen Schuhverschleiß Kinder allein auf Grund des rasanten Wachstums ihrer Füße haben.

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Danach konnte ich erst mal den Flur von gefühlten 20kg Sand, der aus irgendwelchen Schuhen purzelte, befreien. Aber immerhin ist der Schuhschrank jetzt wieder etwas übersichtlicher, wenn auch nicht wirklich leerer. Hmpf.

Gemeinsam mit den Kindern haben wir einen Speiseplan für die kommenden Tage erstellt, da ja normalerweise 4 von 5 Familienmitgliedern unter der Woche außerhaus  zu Mittag essen, in den kommenden 3 Wochen aber alle zuhause sein werden.

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Heute gab es selbstgemachte Burger, die tatsächlich alle (!!) mit Begeisterung aßen.

Außerdem stehen noch auf der Liste:

Für morgen planen wir einen IKEA-Besuch, da Mimi sich ganz dringend einen Schreibtisch wünscht und die Spielküche und der Duplo-Tisch doch endlich aus ihrem Zimmer verschwinden sollen! Sagt Mimi.

Der August kann jetzt also beweisen, wie super dieses Jahr und dieser Sommer noch werden kann! Wir müssen da nur alle fest dran glauben, dann wird’s schon …

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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10 Gedanken zu „Nicht meine Woche!

  1. Ich kann sagen, ja genau so wird es kommen. Unser Rocky musste wegen des Alters und Krebs eingeschläfert werden und Sam reagierte genau wie deine. Spielen, Freuen, kurz trauern und halt suchen und weiter gehts mit spielen. Die fragen wurden genauso gestellt.
    Dann kam das ja mit meiner Mama… Krebs. Joar, wir konnten es anhand des katers erklären. Es war leichter, irgendwie. Bei der frage ob die Oma auch mit einer Spritze erlöst werden könnte musste ich schmunzeln auch wenn mie zum heulen zu mute war.

    Ja die trauer danach war anders, er konnte damit umgehen, war stärker als wir alle, als ich. noch heute sitzt er am fenster und schaut in den himmel, wenn ich frage was er da tut: Ich schau hoch zu Omini und Rocky, sie sollen sehen das es mir gut geht. <3

    Andersrum wäre es wohl viel viel schwerer gewesen denke ich.

  2. Hallo, ich drück ganz fest die Daumen, dass der August besser wird…. ganz andere Frage, wie sieht denn eure Garderoben lösung aus? Ich bin immer noch auf der Suche nach einer ordentlichen Lösung…

  3. Will Mimi jetzt ganz schnell ganz groß, sprich Schulkind, werden????
    Für euch alle virtuelle Drücker!!! Und du hast Recht, bei einem Menschen (wie meinem Vater) konnte ich solche Fragen erst nach einigen Tagen zulassen und war froh, dass das Kind im Urlaub bei Oma war, als das Unvorstellbare geschah. So hatte ich eine Woche um zu realisieren, trauern und regeln.
    Danach hat dann das Buch „Abschied von Opa Elefant“ geholfen… Und auch heute noch ist Opa großes Thema, immer wieder. Grad jetzt, da der 2. Todestag da war und der 60. Geburtstag vor der Tür steht…

  4. Liebe Pia, vielen Dank, dass du so offen über das Thema Trauer schreibst. Ich finde es hilfreich und es macht mir Mut für eine Verlust, der uns und den Kindern in naher Zukunft leider bevorstehen wird. Ich kann mir vorstellen, dass es für dich besonders schlimm sein muss – wenn es den Zwergen schlecht geht und man kann nichts tun, zerreisst es einem ja schier das Herz. Wie du solche Dinge anpackst, dich ihnen stellst und sie meisterst bewundere ich und habe Respekt vor dir als Mama!
    Ich wünsche euch trotz allem drei schöne Wochen!

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