Gräten-Style

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Es ist schon so ein bisschen verrückt. Wie lange habe ich mir ausgemalt wie das wohl wird, wenn die kleine Gräte in die Schule kommt. Wird sie so ängstlich sein wie die großen Brüder? Wird ihr die Trennung leicht fallen? Wie verkraftet sie den neuen Alltag? Wie platt ist sie am Nachmittag? Wird das mit dem Essen in der OGS klappen?

Nicht, dass ich wirklich Grund zur Sorge gehabt hätte. Ich weiß ja, dass sie eine kleine taffe Person mit großem Selbstbewusstsein ist. Aber sie ist eben auch meine Mimi, manchmal noch ganz klein und empfindsam. Sie hasst Ungerechtigkeit und kann sogar aus Empathie vor lauter Wut mitheulen, wenn jemand ungerecht behandelt wird. Und sie hat sich die ein oder andere Marotte ihrer Brüder angeeignet, um Unsicherheiten oder Aufregung zu überspielen.

Als ich heute erklärte, sie solle der Lehrerin bitte den Umschlag mit dem Milchgeld abgeben, fragte sie zehnmal nach wer denn die Lehrerin sei (really, Gräte?), wann sie das denn abgeben solle und erklärte mir mehrfach „Ich kann das nicht!“ Das ist so sehr Max, dass ich schon wieder grinsen muss. Natürlich kann sie das. Das weiß sie und das weiß ich. Aber es scheint irgendwie ja dazu zugehören erstmal zu behaupten, man könne das nicht. Einen Briefumschlag abgeben. Pfff. Sie grinst mich frech an und steckt den Umschlag in ihr Mäppchen. Gräte, ey!

Max war als frischer Erstklässler wirklich sehr verängstigt und hatte permanent Sorge, irgendwas falsch zu machen oder aufzufallen. Daher rührt noch diese „Ich kann das nicht!“ Phrase, die er immer noch gerne anwendet, wenn er etwas nicht tun möchte.

Mimi ist nicht verängstigt. Mimi würde auch ohne Gruß und Kuss auf den Schulhof marschieren, wenn ich sie nicht noch kurz an eine kleine Verabschiedung erinnern würde. Dabei ist ihr auch egal, ob ihre Freundin schon da ist oder nicht. Am Montag fragte sie mich nach der Schule ganz verwundert, warum noch so viele Eltern am Morgen auf dem Schulhof gestanden hätten, manche sogar noch mit in die Klasse gegangen wären und warum manche Kinder geweint hätten. Da musste ich sehr schmunzeln und hab ihr erklärt, dass manche Kinder eben etwas länger brauchen, um in der Schule anzukommen. Und ich weiß, wovon ich da rede.

Vor 3 Jahren habe ich fast 6 Wochen – bis zu den Herbstferien – jeden Morgen warten müssen, bis mein weinendes und sich an mich klammerndes großes Kind mit seiner Lehrerin in der Klasse verschwunden war. Der kleine große Bruder ist sogar mehrfach aus der Klasse wieder abgehauen und mir hinterher gerannt.

Ich hab alle Formen von Trennung durchgespielt. Heulend bis an den Sitzplatz begleiten. Heulen der Lehrerin vor der Klassenzimmertür in die Hand drücken. Heulend der Lehrerin auf dem Schulhof übergeben. Heulend auf dem Schulhof stehen lassen und gehen (Ja, auch das! Nach Wochen des dramatischen Abschieds versucht man so einiges, damit es beim Kind plöpp macht). Ich habe beruhigt, ermutigt und gut zugeredet.

Ich war die Mutter, die ewig mit dem Kind am Schultor stand, weil es sich erst auf den Schulhof getraut hat, wenn die Lehrerin kam.

Ich war die Mutter, die das Kind mehrere Wochen in seine Klasse begleitet hat.

Jetzt bin ich die Mutter, die sich umdreht und geht \o/

Dass mich die anderen, wartenden Mütter nun wieder komisch angucken, weil ich mich einfach umdrehe und gehe, das kann ich total gut verstehen und – Achtung! – an mir abprallen lassen. Weil: ich hab schon so viel Zeit auf diesem Schulhof verbracht und Tränen getrocknet … jetzt seid Ihr mal dran!

Mimi beschwerte sich schon, dass ich sie zu früh abholen würde (Montag) und bestand darauf, allein nach Hause gehen zu dürfen (Dienstag).

Der neue Alltag und die wiedergewonnenen Strukturen tun uns allen unendlich gut. Die Kinder sind von einer Woche auf die andere wieder total ausgeglichen. Geschwisterstreit läuft nahezu gegen Null (ich weiß, sowas schreibt man nicht auf. Ich bin trotzig und tue es trotzdem). Sie gehen wieder zeitig ins Bett, lamentieren nicht rum und schlafen zügig ein. Sie freuen sich sogar morgens auf die Schule und ich bin guter Dinge, dass dieser Zustand mindestens 6 Wochen anhält. Dann sind ja schon wieder Herbstferien.

Das Mimi aber nicht nur kopftechnisch echt groß geworden ist, musste ich beim Hervorholen der Herbstgarderobe feststellen. Sie teilt sich jetzt nämlich eine Kleidergröße mit ihrem großen kleinen Bruder. Das größte Drama neben den zu klein gewordenen Schuhe war da definitiv ihre Lieblingsjacke. Wer uns schon ein Weilchen folgt wird die pinke Sweatshirtjacke mit dem Teddyfutter sicher schon auf einigen Fotos erdeckt haben. Zum Beispiel auf dem Foto oben vom letzten Freitag. Nun sind die Ärmel wirklich zu kurz und das Kind untröstlich. Folglich durfte sie sich am Wochenende eine neue Liebelingsjacke* aussuchen, die gestern auch schon ankam (Aktuell und bis heute Nacht gibt es bei Boden* übrigens 20% auf die gesamte Kollektion. Donnerstag bis Freitag dann noch 15% und Samstag und Sonntag noch 10%).

Jetzt ist das Kind wieder versöhnt und das mit den neuen Schuhen gehen wir als nächstes an. Solange trägt sie eben ihre geliebten Wanderschuhe. Auch bei den für heute angekündigten 26 Grad.

Max trägt seine Lieblingsjacke jetzt übrigens schon seit 2 Jahren. Und wurde heute wieder für einen Erstklässler gehalten. Das ganze Jahr über hadert er nicht mit seiner Größe, dann wird er zum neuen Schuljahr von irgendeinem Elternteil wieder für einen Erstklässler gehalten und zack, habe ich einen zornigen Drittklässler, der vor lauter Hilflosigkeit (was kann er schon tun? Oder wir? Oder irgendwer?) wieder Gründe und Ursachen für seine Körpergröße bei sich selber sucht. Das macht mich unfassbar traurig.

Um die Eingangsfragen mal noch kurz aufzugreifen:

Wird sie so ängstlich sein wie die großen Brüder? Definitely not!
Wird ihr die Trennung leicht fallen? Hell, yeah!
Wie verkraftet sie den neuen Alltag? Astrein. Als wäre das genau ihr Ding.
Wie platt ist sie am Nachmittag? 1,5 Stunden Handballtraining nach einem 8-stündigen Schul/OGS-Tag sind noch locker drin.
Wird das mit dem Essen in der OGS klappen? Die Köchin berichtete mir direkt, dass kleinste Kind haben zwei Teller leer gegessen. Und ich grinse breit und sage: „Jaaaa, ich kann auch essende Kinder.“

Gräten-Style.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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20 Gedanken zu „Gräten-Style

  1. Ja, warum müssen nur fremde Menschen immer und immer wieder ihren ungefragten Kommentare zu Kindern abgeben (ich habe 2 für ihr Alter sehr kleine Kinder). Ich kann es nicht mehr hören und meine Kinder können es nicht mehr hören!

  2. Da geht einem ja das Herz auf, wie schön die Geschwister sich an den Händen halten. Ich wünsche Mimi ein ganz tolle Schulzeit!
    Was ist denn das für ein toller Einschulungskuchen? :-)

  3. Mein Ältester ist auch sehr klein für sein Alter. Häufig wird gefragt, ob er und seine Schester Zwillinge sind (nein, die Schwester ist 2,5 Jahre jünger…). Absoluter Tiefpunkt: Als er gerade in die 5. klasse gekommen war, hat ihm die Buchhändlerin ein Pixi-Buch geschenkt mit den Worten: Das kann die Mami dir vorlesen oder bist du schon in der Schule? Meistens nervt ihn sowas nicht, aber da war er schon geknickt. Gerade das lesen ist seine absolute Stärke – er hatte bereits in der zweiten Klasse alle Harry-Potter-Bände durch.
    Naja, irgendwann werden auch unsere Kleinen groß…

  4. Schön geschrieben! Man spührt förmlich die Erleichterung. Allerdings habe ich jetzt ein bisschen Angst. Mein Ältester kommt nächstes Jahr in die Schule und ich finde immer sehr viele Paralelen zu deinem Ältesten. Das der Schulstart auch so lange emotional anstrengend sein kann, war mir bisher nicht klar.

  5. Hallo pia, war es denn bei Max und Alex auch schon in der Kita schwierig mit abgeben und so? Zumindest in der Anfangszeit? Und bei Mimi alles easy?

  6. Erstmal toll, wie deine Gräte das alles mitmacht und sichtlich Spaß hat!

    Meine große (11) und schon sichtbar Oberweite wird als relativ normal groß regelmäßig irgendwas zwischen 7 und 9 geschätzt, da frag ich mich schon auch, was in den Leuten vorgeht.

    Aber mal ne ganz andere Frage, ich lese zwar schon gefühlt Ewigkeiten mit,kann mich aber nicht mehr erinnern.
    Wenn das mit der Körpergröße doch so signifikant ist, habt ihr das mal hormontechnisch abklären lassen? Ich habe selber vier Kinder in der Familie, die Wachstumshormone spritzen müssen, weil sie von grenzwertig wenig bis nahezu keine selbst produzieren. Die Älteste wird jetzt 18 spritz seit sie 8 war und hat es immerhin auf 1,58m geschafft. (Die meisten Frauen bei uns sind so um die 1,70m)

  7. Die drei wurden jeweils mit gerade sechs Jahren eingeschult, oder? (Keine Kritik, eine Nachfrage.)

    Wir diskutieren diese Frage gerade für unseren Ende-Mai-Jungen, hatten gestern ein Gespräch mit der Schule – und diese Anfangsschwierigkeiten von Alex und Max sind wohl bei Frühjahrs- und Sommerjungs geradezu typisch.

    Ich kann mich da auch schon an der Schultür stehen so. (Wo dann so ein Zettel hängt, dass wir ab da nicht weiterbegleiten dürfen.) Hm. Gedankenfutter.

  8. Das mit den Kommentaren geht auch anders herum bei großen Vierjährigen (Kleidergöße122) die ziemlich schlau daher reden und unfassbar gerne in die Schule gehen würden. Die ständig von Leuten gefragt werden wie denn die Schule sei oder eben die Vorschule… und die dann vor lauter Enttäuschung dass sie darauf noch 1 bzw. 2 Jahre warten müssen heulend auf dem Boden liegen…

  9. Vorneweg: der Einschulungskuchen ist wunderhübsch!
    Das mit dem sich nicht trennen können kenne ich nur zu gut von meinem Kindergartenkind, wobei es im Kindergarten jetzt meist gut klappt, aber bei neuen Situationen fangen wir dann wieder von vorne an. Ferienprogramm Sport letztens, Desaster, ich musste mitturnen und später wenigstens in der Halle sitzen und immer wieder gut zureden, war die einzige anwesende Mama. Und heute dann Ferienprogramm Musik: Das Kind geht ohne mich mit völlig Fremden in den Raum, obwohl andere Eltern mit dort geblieben sind (da ahnte ich ja schon einen Rückzieher), Türe zu, 45 Minuten später Türe auf, glückliches Kind läuft mir entgegen! Zeichen und Wunder. Tadaa tschakka oleole!

  10. Oh sie ist supercool.
    So wäre ich auch gerne in der Schule gestartet.
    Ich wünsche ihr und euch alles Gute für das 1., 3. Und 4. Schuljahr!

    Dieses olle über die Größe Gerede, ich keine noch alle Kommentare von der anderen Seite des Spektrums und manch einer wollte meine Tochter mit 3,5 Jahren auf Grund der Größe schon dieses Jahr einschulen. Redet doch alle übers Wetter!
    Viele Grüße Isabell

  11. Ich lese schon viele viele viele… Jahre hier mit und erinnere mich, dass du vor Ewigkeiten erzählt hast, dass ihr euch damals gegen eine hormonelle Therapie wegen der Kleinwüchsigkeit entschieden habt.

    Mich würde interessieren, ob du das heute noch immer so siehst?

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