Heute aus Ihrem Paralleluniversum zu Gast

Die Tage, die man im Vorfeld ganz genau kennt und die auf die Minute genau durchgetaktet sind, die verlaufen dann immer ganz anders als gedacht. Isso. Insofern ist es ja dann auch nicht verwunderlich, dass sich auch ein durchgeplanter Dienstag als Wundertüte entpuppt. Ja ja, John Lennon hat’s gewusst.

Aber immerhin startete der Morgen erstmal mit 3 Kindern die das Haus Richtung Schule verließen und dem obligatorischen Frühstück bei der liebsten Nachbarin. Wir müssen ja die Reste der gigantischen Wurst-/Käse-Pakete vom Sonntagsbrunch noch verwerten.

Den Vormittag konnte ich echt produktiv zum Arbeiten nutzen. Ein paar T-Shirt Designs, ein paar Poster und Stellenanzeigen, ein Text für die Webseite eines Kunden … fertig bin ich noch nicht, aber geschafft hab ich heute viel.

Kurz nachdem das große Kind – wie jeden Tag – schrieb, dass es im Bus sitzt, kam auch das Mittelkind nach Hause. Es gab Flammkuchen mit Käse und Lauch zum Mittagessen und Erzählungen aus dem Schultag.

Der Mittlere berichtete begeistert, dass Deutsch und Mathe heute voll super gewesen wären, aber Sport doof. Ich schaue ihn irritiert an, gucke dann zur Tür und wieder zu ihm. „Was los, Mama?“ Ich lege den Kopf schief. „Hmm, ich bin mir gerade nicht sicher, ob ich im richtigen Haus bin, oder du? Wer bist du?“ Wir lachen sehr und ich freue mich enorm, dass er so einen guten Tag hatte. Wie Sie vielleicht zwischen den Zeilen gelesen haben, hat dieser kurze Mensch momentan kein gutes Schul-Gefühl. Und dann ist es besonders nice, wenn er so begeistert von seinem Schulalltag berichten kann.

Der Große erzählt so ein bisschen von der Mathearbeit, die er heute geschrieben hat. Dieses Kind kann sich 1A selber einschätze und sagt die Noten von Klassenarbeiten mit einer beeindruckenden Genauigkeit voraus. Er fragte mich zwei, drei Dinge, bei denen er sich unsicher war. Meine Antworten gefallen ihm ganz offensichtlich, denn er lässt ein erleichtertes „Uff!“ hören und gibt seine Prognose für das Ergebnis dieser Arbeit ab. Ich bin sehr gespannt, ob und wie sehr er Recht haben wird.

Während den Hausaufgaben wird das große Kind immer stiller und stiller. Er räuspert sich häufig und hustet trocken. Als ich die kleinen und glasigen Augen wahrnehme, frage ich dann doch mal nach, was denn los ist.

„Ich fühl mich nicht gut. Mit tut der Hals so weh und die Ohren beim Schlucken.“ Die Fühlprobe ergibt schon mal, dass er kein hohes Fieber hat, aber die Ohren sehr warm sind. Ich bin kein Arzt und schenke mir daher einen Blick in den Hals. Er hat ja gestern bereits über Halsschmerzen geklagt.

Also beordere ich ihn nach den Hausaufgaben mit Tee ins Bett, wohin er sich auch bereitwillig verzieht.

Das Grätenkind kommt pünktlich heim und steigt direkt in die Kung Fu Klamotten. Auch das Mittelkind lässt sich heute nicht zweimal bitten, aber der ist heute eh scheinbar aus einem Paralleluniversum-Rift hier rein gefallen.

Anders als geplant fahre ich heute also 2 statt 3 Kinder zum Kung Fu. Auch muss ich danach alleine in den Schreibwarenladen und die gestern gekauften Mienen für den Druckbleistift umtauschen, weil ich mich bei der Größe vergriffen habe. Ein großes 7kg Paket für den Mann schleppe ich auch noch fix in die Postfiliale, auf dass es hoffentlich weniger als 2 Wochen unterwegs sein wird.

Zuhause schaue ich nochmal nach dem großen Sohn, der Musik hörend im Bett liegt und sich standhaft weigert, eine Schmerztablette zu nehmen. Da ist er voll und ganz Sohn seines Vaters. Schmerzmittel muss man ihm quasi rein zwingen oder man wartet einfach bis es ihm so schlecht geht, dass er nicht mal mehr Energie hat, um sich zu wehren.

Ich beobachte das jetzt mal bis morgen früh und werde ihn dann gegebenenfalls zuhause behalten.

Nah 2,5 Stunden holen ich die beiden Kurzen verschwitzt und k.o. vom Kung Fu ab.

Das Verräumen und Verpacken der Schutzausrüstung dauert einen Moment und als mir die Gräte ihren Rucksack in die Hand drückt, fehlen Mappe und Trinkflasche. „Wo sind deine Flasche und dein Prüfbogen?“, frag ich das Grätenkind und das Mittelkind antwortet: „Sie hatte die im Trainingsraum vergessen, da habe ich sie in meinen Rucksack gepackt.“

Sie werden das jetzt nicht fühlen können, aber ich war erneut so irritiert wie beim Mittagessen, als er berichtete, dass Schule heute so super gewesen wäre. Der Mittlere disst die Gräte derzeit nämlich dann und wann ganz gerne und ist nicht gerade der Bruder, der er offensichtlich sein kann, wenn er aus einem Paralleluniversums-Rift gefallen ist. Also kommentiere ich auch dieses Verhalten wieder mit einem „Wer bist du?“ und das Kind gackert wie ein glückliches Huhn vor Freude. Scheinbar gefällt ihm meine Verwunderung noch mehr als jedes Lob. Ich sollte das Bestärkungskonzept weiterführen.

Zum Abendessen wünschen sich die Kids chinesische Instant-Nudeln. Da bin ich dabei. Und bevor mir jemand ein GLUTAMAT!!! oder OMG, WIE UNGESUND!!! in die Kommentare werfen möchte: einfach Nö!

Wir hatten heute auch schon Lauch, Kohlrabi, Paprika, Äpfel, Apfelsinen, Trauben und Joghurt. Das ist Standard und wird in der Regel hier nicht erwähnt. Ausnahmen und Besonderheiten erwähne ich hier hingegen oft. Nur um mal eine gewisse Relation zwischen Realität und Wahrnehmung herzustellen. Wenn Sie auf Instagram nur geleckte Möbelhaus-Wohnräume und durchgestylte super healthy Mittagsgerichte mit perfekter Ausleuchtung herzen, dann sind Sie hier echt nicht gut aufgehoben. *gnihihi*

Danke, dass Sie trotzdem hier sind und hoffentlich auch bleiben.

Küsschen und bis morgen. Vielleicht.

Print Friendly, PDF & Email
Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
Beitrag erstellt 4659

6 Gedanken zu „Heute aus Ihrem Paralleluniversum zu Gast

  1. Instantnudeln sind hier bei den Teenagern das absolute In-Essen. Sie gießen sich das in der Küche in meinen besten Suppenschüsseln auf, decken den Tisch inkl Kerzen und zelebrieren die Mahlzeit wie im Sterne-Restaurant. Ich ess die nur im Büro, wenn der Tag länger wird als geplant und finde, sie sind das beste Fastfood für diese Zwecke. Im Asia-Laden gibt es die in krass scharf – I love it!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben