Kein Zeitgefühl

Was mir die letzten Tage und Wochen echt abgeht: Zeitgefühl. Ich habe einfach gar keins mehr. Ist es jetzt Freitag, Sonntag oder schon Montag? Jeder Tag fühlt sich irgendwie gleich an und meist lässt sich das Wochenende nur daran erkennen, dass im Teams-Kalender der Jungs für diese Tage keine Videokonferenzen stehen.

Ich will und werde nicht klagen. Wir kommen gut zurecht, haben soweit Struktur und die Distanzbeschulung funktioniert bei allein drei Kinder ausgesprochen gut. Daneben passiert aber so wenig Abwechslungsreiches, dass es sich einfach nicht lohnt jeden Tag von unserem Tag zu berichten oder zu erzählen.

Highlights der letzten Wochen: Unsere Schmutzwassertauchpumpe im Pumpensumpf war defekt. Natürlich ist uns das an einem Wochenende aufgefallen und natürlich hat es an diesem Wochenende auch ordentlich geregnet. So verbrachte ich fast einen ganzen Sonntag kopfüber im Pumpensumpf um diesen zu reinigen und abzuschöpfen. DAS WAR SCHÖN!

Immerhin fanden wir super schnell einen netten Installateur, der uns direkt am folgenden Montag eine neue Pumpe einbaute.

Während der Große nach wie vor von 8 bis 13.15 Uhr vorm PC sitzt und Schule hat, sind die anderen beiden Kinder vom Esstisch inzwischen auf den Wohnzimmerboden umgezogen. Da können sie sich angeblich besser konzentrieren und ja, ich sehe jetzt keinen Grund darüber zu diskutieren. Hauptsache die Aufgaben sind zum Schluss verstanden und erledigt.

Die Gräte arbeitet immer noch mit einem Wochenplan und 2 Videokonferenzen die Woche. Zusätzlich gibt es noch Video-Sprechstunden, wenn Fragen offen sind.

Der Mittlere hat etwa 3 Video-Konferenzen am Tag und zusätzlich noch in jedem Fach eine Wochenaufgabe, die an unterschiedlichen Tagen eingereicht werden müssen.

Das Wetter war die letzten Tage jetzt nicht so wirklich zum Spazierengehen geeignet. Also haben wir für unsere Verhältnisse übermäßig viel drinnen gesessen. Jede Woche begleitet mich ein anderen Kind zum Einkaufen, damit sie überhaupt mitbekommen, dass das Leben außerhalb unserer vier Wände zwar weitergeht, aber ebenfalls stark eingeschränkt ist. Ich finde es wichtig, dass sie diesen Realitätscheck alle paar Wochen einmal haben, damit das Verständnis, welches sie bisher für die aktuelle Situation haben, keinen Knacks bekommt.

Vergangenen Woche haben wir dann einen regenfreien Tag genutzt und sind zum Rhein gefahren, um ein bisschen frische Luft zu bekommen und einfach mal was anderes zu sehen. 5 Kilometer später waren wir wirklich gut gelüftet und erfolgreich gegen den aufkeimenden Lagerkoller angelaufen.

Ein bisschen Hochwasser gabs natürlich auch zu sehen, was jetzt aber gar nicht unser primäres Ziel war. Wir wurden trotzdem gefragt, ob wir Hochwassertouristen sind.

Die schönsten Hausaufgaben sind übrigens die, nichts mit einem Heft und Stiften zu tun haben, sagt die Gräte. So musste sie schon den Cup-Song und den Jerusalem-Tanz lernen sowie eine Natur-Szene und ein Naturbild kreieren.

Bisher hatte ich immer ein sehr eindeutiges Bauchgefühl, wie es wohl die kommenden Tage und Wochen weitergehen wird. Inzwischen ist das aber irgendwie kaputt gegangen. Ich kann mir mittlerweile jedes Szenario vorstellen, was mich nicht unbedingt zuversichtlich stimmt.

Wechselunterricht in Kleinguppen, zum Beispiel. Für Lehrer eine unfassbare Mehrbelastung, die dazu führt, dass weder das eine (Präsenzunterricht) noch das andere (Distanzbeschulung) zu 100% laufen kann. Wird das nur für Grundschulen kommen oder auch für die weiterführenden Schulen? Wird die Präsenzpflicht wieder ausgesetzt, stehen wir wieder vor der Entscheidung: schicken wir unsere Kinder oder nicht? Alle Drei? Nur die Gräte? Kann Distanzbeschulung bei den Jungs dann noch so super laufen und angeboten werden, wie das aktuell der Fall ist?

Alles irgendwie ein bisschen Scheiße, wenn Sie mich so direkt fragen. Aber das ist ja in der aktuellen Zeit auch nichts Neues.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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3 Gedanken zu „Kein Zeitgefühl

  1. Der letzte Absatz … Made my day!!!!
    Ganz genau so ist es!
    Man gewöhnt sich an alles. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie das war, als ich noch keine Lehrerin on top war, sondern nur TZ- Job und Mama. Das waren noch Zeiten :-)

  2. Hallo Pia. Ich habe schon lange nichts mehr von dir gelesen . Ich hoffe das es euch allen gut geht. Wann veröffentlicht du wieder einen neuen Beitrag? Liebe Grüße aus Portugal Silvia

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