den Gedanken mal weiter gesponnen

Nachträgliche vorab Bemerkung: der folgende Text bezieht sich nicht auf meine Person. Die ersten drei Absätze dienen lediglich als Einstieg.

Kann man in Deutschland als Blogger reich und berühmt werden? Klar, das geht. Aber da muß man schon Vollgas geben, eine gute Schreibe haben und nicht nur selbstreflexive Artikel über Kindheit, Jugend, Gegenwart und die Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation bringen, sondern richtig Butter bei die Fische.

[via Lummaland]

Wenn der Herr Lumma damit Recht hat, und davon gehe ich aus, werde ich mit meiner Omnipräsenz im Internet sicher keinen B-Promi-Status mehr erreichen. Was auch nicht wirklich dramatisch ist, sprach ich doch jüngst erst mit einem anderen Menschen, der Texte ins Internet schreibt, darüber, dass ich spätestens an dem Tag, an dem man mich vermehrt auf der Straße erkennen sollte, wohl zu einer Angstbewältigungstherapie müsste und das Bloggen sofort einstellen würde.

An dieser Stelle sei nicht verschwiegen, dass ich einen überentwickelten Mitteilungsdrang habe und dezente Ansätze von Exhibitionismus meinen Charakter mitbestimmen. Alles noch nichts, worüber man sich Sorgen machen muss.

Beängstigend jedoch der Gedanke, man könne das Haus nicht mehr verlassen, ohne erkannt und angesprochen zu werden. Man stelle sich vor, man könne keine Tiefkühlware mehr kaufen, weil es keine Stunde später bereits durch die Massen von Gesundheitsfanatikern gezogen würde. Man könnte niemandem mehr die Vorfahrt nehmen, und sollte es noch so ein großer [hier Automarke mit gehobenen Niveau einsetzen] sein, ohne direkt an den Verkehrsraudi-Pranger gestellt zu werden. Wann könnte nicht mehr in einen Sexshop gehen, ohne das es die alternde Nachbarin von schräg gegenüber oder der freundliche Bäcker um die Ecke mitbekommen und natürlich weiter tragen würden.

Du musst nur einmal in Wut gegen einen Mülleimer treten, das Gewalttäterimage ist dir sicher. Egal, ob in der Maschine, mit welcher der Reporter von Hamburg nach Köln flog unbemerkt 3 Gewalttäter saßen, die am Abend zuvor noch ihre Frau und die Kinder verprügelt haben.

Du musst nur einmal mit einem Glas Barcadi-Cola und getrübten Augen fotografiert werden, weil du just in dem Moment Qualm ins Auge bekommen hast und eigentlich gerade deinen ersten Schluck nehmen wolltest. Das Alkoholproblem – oder zumindest die latente Depression, die du mit dem Alkohol betäuben willst – ist dir sicher. Egal, ob in dem Zug, in welchem der Fotograf von Hamburg nach München gefahren ist, fünfzehn Alkoholiker saßen, deren Existenz auf Messerschneide steht.

Aber der wichtigste Grund, warum ich in diesem Land nicht prominent sein wollte ist der, dass man dann unweigerlich irgendwann in diesem Papierfetzen aus Hamburg auftaucht. Und dann ist es auch egal, ob du das willst oder nicht. Da können dir dann auch fünf – bis dahin ebenfalls prominente – Lawblogger nicht weiter helfen.

Als Person des öffentlichen Lebens bist du der Ketchup, den sich Jupp morgens auf sein Frikadellenbrötchen schmiert, der Amaretto in Irmgards „Guten-Morgen-Kaffee“ und das Kondom im Geldbeutel des elfjährigen Maik.

Eigentlich bist du in diesem Moment alles – sogar Deutschland – nur nicht mehr du selber.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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32 Gedanken zu „den Gedanken mal weiter gesponnen

  1. Wer richtig Gas und Butter bei die Fische gibt, der reussiert. Egal wo. Blogger oder nicht. Ich mache das „Problem“ des fehlenden Bloggererfolges in D schlicht am dafür zu kleinen Binnenmarkt fest.

    Inwieweit man als Blogger berühnt wird, weiß nicht. Schreibende Journalisten sind es nicht besonders. Wer würde Hans Leyendecker, Gabor Steingart oder Bascha Mika auf der Straße erkennen? Und die sind regelmäßig im Fernsehen. (Nein, Beckmann, Jauch und Kerner zähle ich nicht zu den Journalisten).

    Andererseits, wenn man natürlich in den Focus der TV-Boulevard-Magazine kommt, dann wird es heikel. Aber dazu kann man glaube ich noch so toll schreiben oder bloggen. Wenn man da nicht mit [promisken Promi einsetzen] am [laszive Örtlichkeit einsetzen] rumhängt, dann wird das auch nicht passieren.

    Allerdings:

    Als Person des öffentlichen Lebens bist du der Ketchup, den sich Jupp morgens auf sein Frikadellenbrötchen schmiert, der Amaretto in Irmgards „Guten-Morgen-Kaffee” und das Kondom im Geldbeutel des elfjährigen Maik.

    Eigentlich bist du in diesem Moment alles – sogar Deutschland – nur nicht mehr du selber.

    Richtig.

  2. So, und dann nehmen wir uns alle 5 Minuten Zeit und lesen den Beitrag nochmal mit dem Vorsatz, die Kernaussage zu verstehen und das oberflächliche Einleitungsgeplänken auch als solches zu erkennen. Dank.

  3. Huhuuu Pia, hier bin ich. Hier unten.
    Kommen Sie mal zu mir.
    Dann gucken wir gemeinsam nach oben und reden über
    die Reichweite und die Zielgruppe vom DSF.
    Oder besser noch, wir gucken nach unten.
    Wie viele „Einschläge“ haben Sie durch die Sendung?
    Der Hagel hört morgen schon auf.
    Alles so schnellebig heute, wie wir bei mir im Garten schon feststellten.
    Trotzdem.
    Viel Erfolg, beim Verstecken vor den Bürger – Journalisten.

  4. hmmmh?

    Sorry, hab’s noch einmal intensiv gelesen und jetzt evtl. erst
    verstanden was Sie rüberbringen wollten.

    Das allerdings steht (leicht) im Widerspruch zu Ihrer Täte.

    Ihre Reaktion allerdings auch!

  5. Entscheidend ist wohl, wie es die anderen sehen.

    DailyShot, Podcasts, die Opel-Aktion in der Vergangenheit und jetzt gestern im Fernsehen fällt alles unter das Stichwort „Rampensau“. Das sind alles bewusste Entscheidungen deinerseits gewesen. Fallen Dir erst jetzt die Konsequenzen auf?

  6. Korrekt, aber der Zusammenhang mit diesem Beitrag will sich mir nicht erschließen. Rampensau und Prominenz sind dann doch zwei paar Schuhe. Und nicht alles, was man tut, muss automatisch die höchste Ebene zum Ziel haben.

    Sorry, aber sie haben die eigentlichen Aussage diese Beitrags völlig ignoriert. Es ging nicht um mich. Es geht hier generell seltener um mich, als angenommen wird. Und das beziehe ich jetzt wiederum auf die Texte, die immer noch 90% dieses Blogs ausmachen.

    Und das wird auch so bleiben.

  7. @oldman: hä?
    frau pia möchte nicht verstehen, was sie geschrieben hat, oder wie?

    sie sagt doch ja zur rampensau, gleichwohl sie prminenz nicht damit verbindet. nachvollziehbar, wie ich finde, wenn auch etwas das spiel mit dem feuer.

    ich finde allerdings keinen grund für ihren kommentar.

  8. Ehrlich gesagte freue ich mich für Frau Pia – eben die Bloggerin Pia. Und selbst WENN sie an diesem Punkt abgehoben wäre, was ich nicht glaube, sondern bestenfalls euphorisch, dann ist das doch wohl nachvollziehbar und beneidenswert, oder nicht?

    Und wieder einmal gibt es da Konsumenten, die durch ihre Gier zwar mit ein Auslöser für den Erfolg (des Produktes) sind und eben diesen, den Erfolg, am Ende neiden – total bestusst. Wenn nicht sogar zum kotzen, weil doppelmoralisch oder einfach nur weltfremd.

  9. Herr Dave-Kay (#17) hat es doch schon auf den Punkt gebracht.

    Fräulein Pias Beitrag war definitiv nicht auf Ihre sicherlich vorhandene Euphorie Freude bezüglich der Erfahrungen, die sie mit anderen Bloggern bei der Opel-Aktion machen durfte, bezogen.

    Ich denke schon, daß ich das beurteilen kann und keine hellseherischen Fähigkeiten hierzu nutzen muß. Diesem Voodoo-Hexen-Gedöns stehe ich sowieso mehr als skeptisch gegenüber.

  10. Marcc: Eigentlich ist dein Beitrag der einzige, der nicht off topic war ;)

    Edit: Und einen Bezug zu gestern gabs gar nicht. Eigentlich war der Aufhänger Nicos Beitrag.

  11. @Observer. Frau Pia ist nun wirklich keine Rampensau, da haben andere, gewollt, ein viel größeres Mitteilungsbedürfnis.

    Ich glaube aber Frau Pia kann auch morgen noch ganz beruhigt auf die Straße gehen. Blogs werden in Deutschland noch immer von einer Minderheit gelesen und Motorvision hat eine sehr bestimmte Zielgruppe die es so oft in Deutschland auch nicht gibt. Beides ist eben klein, aber fein.

  12. Du schreibst da etwas von deiner Omnipräsenz (=Allgegenwart) im Internet – was meinst Du denn damit wenn nicht DailyShot, Podcasts, Astratest und Fernsehen?

    Irgendwie will sich mir nicht erschließen was du rüberbringen wolltest…

  13. Holgi: Die erwähnte Omnipräsenz bezog sich nicht allein auf dieses Blog, sondern auf sämtliche Internet-Projekte, an denen ich beteiligt bin. Und im Text geht es um die Bürde der Prominenz an sich, sicher nicht um meine (nicht vorhandene und auch nicht angestrebte). Die Erwähnung meiner Person diente nur zum Einstieg ins Thema (was ich aber bereits schrieb).

  14. Ok, so macht es Sinn. Und in dem Zusammenhang ist der Text auch wieder dein Stil, nun passt es.

    Allerdings – ist ‚Omnipräsenz‘ nicht etwas oversized?
    Die Beteiligung an welchen Internetprojekten auch immer macht niemanden allgegenwärtig…

  15. Ich find’s krank, wie die Welt mit Promis umgeht. Wenn ich ehrlich bin, kann ich mich wohl selbst nicht von solchen Gedanken freisprechen, wie Du sie äußerst.

    Aber ich wage eine These: heutige Prominenz ist vergesslich. Höre heute auf zu bloggen, und die Welt hat Dich morgen* vergessen.

    Ansonsten möchte ich mich dem Mainbuben anschließen.

    *) nicht wörtlich gemeint. Je nach Grad der Prominenz kann es wohl ein Jahr dauern.

  16. Ihr Beitrag geht völlig in Ordnung und ist lesenswert. Allerdings lassen Sie sich in den Kommentaren ein bisschen zu sehr mitreißen, beleidigt zu sein. Kritik muss an Ihnen abperlen, egal ob B-, C-Prominenz oder garkeine ;-)

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