Liebe Oma,

als ich eben im Auto auf der Heimfahrt war, mal wieder im täglichen Stau am Rasthof Schloß Röttgen stand und so verträumt in den Grünstreifen starrte, da fiel mir mal wieder auf, wie sehr ich Dich vermisse. Immer wieder. Ich weiß, dass ich Dich häufiger hätte anrufen sollen, aber Du hast mich am Telefon immer so schlecht verstanden. Aber ich hätte Dir schreiben können. Wie es mir geht, wo ich zurzeit bin und was ich mache. Ich hätte nicht immer nur Deinen Schokoladenpudding loben sollen, oder den Gurkensalat und den Blumenkohl mit der Brotkrumenkruste. Ich hätte Dir vielmehr sagen sollen, wie toll Du bist, wie wohl wir uns alle bei Dir gefühlt haben und wie gerne wir bei Dir zu Besuch waren. Seit Du gegangen bist bemerke ich immer wieder, wie ich kleine Gesten von Dir übernommen habe. Wenn ich zum Beispiel etwas Überraschendes oder Unglaubliches höre, dann beiße ich mir auf die Unterlippe. Genauso, wie Du es immer getan hast. Weiß Du noch? Oder ich sage „Och jehchen …“, wenn ich etwas nicht ganz ernst nehme. Das klang bei Dir natürlich ganz anders. Weicher, irgendwie.
Ich habe lernen müssen wie es ist, wenn man das Gefühl hat, einem Menschen noch ganz viele Dinge sagen zu müssen, dies aber nicht mehr kann. Ich erinnere mich oft daran, wenn ich sauer bin. Auf Mama, Papa, Mimi oder Jan. Man hat nur diese eine Familie. Man sollte sich nicht wegen Kleinigkeiten streiten, aus dem Weg gehen oder schlecht übereinander reden.
Du bist nicht wirklich überraschend von uns gegangen, aber dennoch war es ein Schock. Weißt Du, für Enkel sind Großeltern unsterblich, ebenso wie Eltern. Du warst halt schon immer da und ich konnte mir nie vorstellen wie es sein muss, wenn Du weg bist. Jetzt weiß ich es und es gefällt mir nicht.
Ich hätte Dir gerne nur ein einziges mal ganz gerade heraus gesagt, wie sehr ich Dich liebe … die Erkenntnis, dass man so was nicht nachholen kann, tut weh, aber ich habe dennoch oft das Gefühl, dass Du noch hier bist. Um mich herum.
Drei Jahre ist es her, dass wir zusammen waren. Drei Jahre seitdem Du gegangen bist. Und in manchen Momenten – im Stau stehend – tut es so weh, als wärst Du gerade erst gegangen.

Oma, ich vermisse Dich. Immer noch.
Deine Püppi

Da war mir gerade nach. Und es hat gut getan.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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3 Gedanken zu „Liebe Oma,

  1. Das Gefühl kenne ich. Meine Oma ist vor 14 Jahren gestorben und immer noch habe ich das Gefühl, dass sie manchmal neben mir steht und mir zu sieht oder den Kopf schüttelt und „Mädchen, Mädchen“ sagt.
    Leider war ich zu jung, um mich mit ihr über alte Zeiten zu reden. Teile ihres Lebens von ihr erzählt zu bekommen.
    Heute bereue ich es sehr.
    Als sie starb war ich 15, zu sehr mit mir selbst beschäftigt, aber sie war irgendwie immer unser Mittelpunkt.

  2. meine oma ist seit 2 jahren tot. an den todestag werde ich immer erinnert, weil sie starb am geburtstag meines vaters.
    für mich war meine oma auch immer unsterblich und ich konnte mich nicht mal richtig verabschieden. denn leider starb sie ganz unvorhergesehen. an dem tag nach ihrem tod, spielten sie im radio ill be messing you von p diddy als ich auf dem weg zu meinem elternhaus war in dem sie starb.

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