Jona und der Wal

„Wie wäre es denn mit Jona?“
„Nur weil ich wie ein Wal aussehe, muss ich den Kleinen ja nicht gleich Jona nennen.“

Es war so ein bisschen – wie soll ich sagen? – befremdlich. Die Weihnachtsfeier meine ich jetzt. Kollegen, die mich seit Eintritt in die Firma kennen, bezeichnen mich als Partymaus, Bismorgensdurchhalter, Spaßmacher … gestern war ich einfach nur da. Ich verstehe es selber nicht, hatte ich doch vor, eben soviel Spaß zu haben, wie die Jahre zuvor. Aber es fing bereits damit an, dass ich mich in meinem Outfit nicht richtig wohl fühlte.

Ja, ich habe zugenommen und ja, mein Po hat sich nach hinten raus geschoben. Wie bei einer Ente. Wie bei einer Schwangeren eben. Ich bekam unheimlich viele Komplimente, wie gut ich aussehen würde, wie niedlich das Kleid sei … aber ich fühlte mich unwohl.

Am Tisch saß ich mit drei sehr tollen Kolleginnen, von denen mir eine permanent erzählte, sie wolle auch schwanger werden, die mir dabei ständig über den Bauch strich und diesen mit verliebten Blicken bedachte. Ich bemerkte Augenzwinkernd, dass so eine Schwangerschaft auch ansträngend wäre, dass man zunehmen würde (sie zählt gerne Salatblätter und ist mittags eine halbe Banane, weil sie ja abends noch groß isst. In Form einer Suppe, oder so. Size Zero eben.) und dass die Hormone einem z.B. mit schlimmer Eifersucht oder Selbstzweifel quälen würden (beides hat sie naturgegeben in Hülle und Fülle ohne schwanger zu sein).

Unterm Strich nervte es irgendwann einfach. Das war genau der Punkt, an dem der gesteigerte Alkoholkonsum um mich herum nicht mehr zu verleugnen war. Ja ja, ich kann auch ohne Alkohol Spaß haben. Allerdings hemmte mich der Bauch, der immer wieder hart wurde und schmerzte. Die Stühle waren unbequem und um seine Tischnachbarn besser verstehen zu können lehnte ich permanent nach vorne und quetschte die Kugel so unangenehm ein. Das Essen war lecker und die Portionen gut, mein Magen aber so eingeengt, dass mir erstmal schlecht wurde und ich eine halbe Stunde lang dachte, ich müsse mich übergeben.

Als das wirklich wunderbare Dessert kam, waren Vorspeise und Hauptgang schon halb verdaut. Ich sicherte mir somit eine zweite Portion, so wie viele andere Kollegen auch, wurde dafür aber mit kritischen Blicken bedacht und den Ermahnungen „Denk daran, dass Du das nachher alles wieder los werden musst“ oder Kommentaren seitens des Chefs, wo ich das noch hinstecken wollte? Ich weiß, dass nichts davon böse gemeint ist, aber es erbaut einen auch nicht unbedingt, wenn man sich eh ohnehin schon unwohl fühlt.

Ich ging dann gegen halb eins. Eine Zeit, an der die Weihnachtsfeiern in den Jahren zuvor erst richtig begannen. Ich war völlig übermüdet – trotz Latte Macchiato und Cola zum wach werden – und körperlich erschöpft. Das Schönste an diesem Abend war, nach Hause zu kommen, den Miezmann auf dem Sofa vorzufinden, der mir entgegen lächelt und mich mit einem „Na, wie war es?“ begrüßt. Und dann neben ihm auf dem Sofa zusammen zu brechen und aus ganzem Herzen zu seufzen: „Ich hab Dich soooo vermisst.“

Natürlich habe ich das Foto dann doch vergessen. Lesen Sie einfach noch mal einleitendes Zitat.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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2 Gedanken zu „Jona und der Wal

  1. O weh. Was kommt mir das bekannt vor. Zwar nicht von den Kolleginnen, aber von diversen anderen Anlässen in der Schwangerschaft mit unserer Nummer 1. Zum Gruseln.
    Lieben gruss dalass – schon ein Weilchen still lesend ;-)

  2. bis halb1 durchgehalten … Respekt !!! für mich war in der Schwangerschaft ab 22h Nachtruhe … einmal hab ich es bei einer Party bis 23h geschafft und ich war super stolz auf mich :D

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