Der Miezneffe

Wow, vier Tage absolute Funkstille im Mama Miez‘ Blog. Gab‘s ja schon länger nicht mehr. Aber natürlich hat das einen Grund. Am vergangenen Freitag war nämlich der Miezneffe als Übernachtungsgast zugegen. Genau der, der kommende Woche 11 Jahre alt wird und sich sorgt, dass Miezbaby könne vor seinem Geburtstag zur Welt kommen.

Ich war 17 Jahre alt, als der kleine Mann das Licht der Welt erblickte und meine große Schwester, zehn Jahr älter als ich, das erste Mal Mutter wurde. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie sich das damals anfühlte. Eine Mischung aus Eifersucht (immerhin war sie 17 Jahre lang wie eine zweite Mama für mich), Ungläubigkeit (ein Mensch kann einen Mensch hervor bringen) und Stolz (das ist meine Familie, mein Neffe!). Es war jedenfalls emotional sehr bewegend und ich glaube beinahe täglich bei meiner Schwester gehockt zu haben, nur um den Kleinen zu bewundern, mit Liebe zu überhäufen und jede neue Regung, Mimik, Fertigkeit live mitzuerleben.

So war es nicht verwunderlich, dass der Miezneffe eine recht starke Bindung zu seiner jungen Tante aufbaute. Nicht selten erhielt ich mittags einen Anruf, ob ich zum Mittagessen kommen würde, der Kleine würde sonst das Essen verweigern. „Miez. Kamm!“, krächzte es da durch die Leitung. Es gibt sogar ein recht lustiges Video, auf dem er mit gerade mal drei Worten ein fiktives Telefonat mit mir fühlt. Die Worte waren mein Name, „kamm“ und „slafe“. Ja, oft geschlafen hab ich auch bei ihm.

Zweieinhalb Jahre später kam seine Schwester zur Welt, aber der Miezneffe hatte darunter nicht zu leiden. Das haben wirklich alle toll hinbekommen. Viel schlimmer war für ihn, dass ich wegzog. 800 Kilometer. Ans andere Ende der Republik. Ich glaube, dass hat er damals nicht verstanden und realisieren können. Jedenfalls war unser Verhältnis irgendwie anders, wenn ich zu Besuch kam. Das machte mich damals sehr traurig.

Nach etwa zwei Jahren kehrte ich zurück an den Rhein, unser Verhältnis pendelte sich wieder ein, wurde aber nie wieder zu intensiv, wie zu Beginn seines jungen Lebens. Erst als ich schwanger wurde, war auch der inzwischen zehnjährige Miezneffe wieder sehr dolle an mir interessiert und freute sich ganz besonders, wenn ich zu Besuch kam oder mit ihm Hausaufgaben machte. Manchmal hab ich gar das Gefühl, ihm geht es so ein bisschen wie mir damals, als er geboren wurde. Ich war immer seine Miez, jetzt muss er definitiv bald teilen.

Ganz besonders gefreut habe ich mich jedenfalls, als meine Schwester vergangene Woche anrief und fragte, ob der Miezneffe nicht mal bei uns schlafen könne. Er würde sich das sehr wünschen. Ich war ganz gerührt und sagte nach kurzer Rücksprache mit dem Miezmann auch zu. Und sein Besuch war ganz wunderbar. Er ist laut, eine Quasselstrippe, schon ein bisschen in der Pubertät, unheimlich sensibel und voll cool. Und er fand das Wochenende ebenso toll und großartig wie ich.

Meine Schwester verriet mir gestern Abend am Telefon, dass er absolut glücklich nach Hause gekommen wäre. Er hatte richtig von innen gestrahlt und wie im Rausch berichtet was wir alles gemacht und getan hätten. Er hat sogar mein Gulasch in so hohen Tönen gelobt, dass sie selber bald eifersüchtig wurde. Wir mussten lachen.

Nächste Woche wird der Miezneffe elf Jahre alt und ganz bald wird er seinen ersten Cousin bekommen (meine Geschwister können sonst nur Mädchen). Darauf freut er sich auch schon sehr, sagt er.

Und ich? Ich sitze zum Schluss mit Tränen in den Augen auf dem Sofa, weil mein kleiner Miezneffe schon so groß ist und ich jetzt erkennen darf, wie viel ich ihm über und nach all den Jahren doch bedeutet hab.

Meine Schwester meinte zum Schluss noch, dass wir ja dann ab und an mal tauschen könnten. Den pubertierenden Miezneffen gegen das windelkackende Miezbaby. Ich weiß jetzt nicht, wer da den besseren Tausch eingeht. ;)

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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7 Gedanken zu „Der Miezneffe

  1. So schön.
    Ich habe erst in letzter Zeit gemerkt wie wichtig Familie ist und wie schön es ist sie zu haben.

    Es freut mich sehr für Dich dass Du so ein tolles Verhältnis zu Deinem Neffen hast. Das ist wirklich wundervoll.

    Ich wünsche Euch, dass er auch zum Miezbaby eine wundervolle Beziehung aufbauen wird

    Alles Liebe

    Tina

  2. Wirklich schön. Und wieso „was ich ihm bedeutet habe“? So, wie Du von seinem Besuch erzählst, tust Du das immer noch.
    Da bin ich gespannt, wie die Beziehung von unserem Knirps zu den jüngeren seiner Onkels wird, die jüngsten sind ja auch erst 8 und 16. Allerdings ganz schön weit weg.

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