11 Monate Quietschbeu

Liebes Männlein,

Du bist heute auf den Tag genau 11 Monate alt. 47 Wochen und 6 Tage.

Dieses Entwicklungssprungdings bei Babys ist schon ein gruseliges, manchmal. Ich kann es eigentlich gar nicht richtig in Worte fassen, aber Du bist seit 2 Wochen irgendwie ein anderes Kind. Das fing damit an, dass Du feste Nahrung (also Brot, Würstchen, Obst) nur noch selber essen wolltest. Andernfalls hast Du uns in Grund und Boden gebrüllt.

Dann hast Du angefangen, im Auto zu singen. Also sobald sich das Auto in Bewegung setzt, beginnst Du rhythmisch zu Lölölen, Summen, Brummen. Du schreist auch nicht mehr erbost auf, wenn man Dich anschnallt. Und Du bleibst auch grinsend eine Minute alleine im Auto, wenn ich z.B. gerade in die Post springe, um ein Paket abzugeben. Hauptsache die Musik ist an.

Läuft im Radio ein tanzbares Lied beginnst Du augenblicklich im Takt zu wippen und mit dem Kopf zu wackeln. Das ist unschlagbar süß. Natürlich machen wir dann direkt mit und lachen alle drei gackernd dabei.

Als Du Mitte des Monats morgens plötzlich einfach los gekrabbelt bist, so wie Babys eben krabbeln, war ich echt sprachlos. Ich habe da wohl wirklich nicht mehr dran geglaubt. Kein Robben, kein nach vorne Schieben oder Ziehen … richtiges, echtes Krabbeln. Und das sofort in einem affen Tempo und als hättest Du nie etwas anderes getan! Zeitgleich hast Du auch angefangen zu klettern und Dich todesmutig überall dran hochzuziehen. Egal, ob es ein befestigter Gegenstand ist oder z.B. das Bobby Car. Du stehst sicher, auch schon frei, und wirkst schlagartig so viel Älter, als noch vor einem Tag.

Du isst, was wir essen. Meistens. Die eine Milchflasche am frühen Morgen, die ich Dir noch im Bett gebe, die ist eigentlich nur noch so was wie ein Kuschel-Guten-Morgen-Ritual. „Richtig“ frühstücken wir beide gemeinsam (am Wochenende mit Papa) gegen 9:30 Uhr. Am liebsten isst Du Milchbrötchen mit Frischkäse und Marmelade. Ein Ganzes! Dazu gibt es entweder verdünnte Milch oder Dein aktuelles Lieblingsgetränk: Apfel-Feigen-Tee.

Zwischen zwei Bisschen erzählst Du mit ausladenden Gesten von Deinem Tag und Deinen Plänen. So wirkt es jedenfalls. Du bist wie ein Großer, der viel zu erzählen hat, aber die Worte dafür noch nicht findet. Ich antworte Dir dann, wie es wohl jede Mutter tun würde: so, als hätte ich Dich verstanden und Du schaust dann ganz selig über so viel Bestätigung.

Mittags isst Du meist noch Gläschenbrei ab dem achten Monat. Dazu Joghurt, Obst, manchmal auch nur Brot, wenn wir abends etwas kochen, was Du mitessen kannst. Du bist völlig verrückt nach Wurst. Fleischwurst, Geflügelwurst, Rostbratwürstchen, Kochschinken. Ich achte sehr darauf, dass es nicht zu fettig wird. Also gibt es meist Geflügelwurst oder hauchdünnen mageren Schinken. Bisher hast Du jedes Gemüse, das wir Dir anbieten, mit Begeisterung verschlungen. Besonders gerne knabberst Du auf Gewürzgurken herum oder lutscht kleine Tomaten. Frischkäse ist und bleibt Dein liebster Brotbelag, weshalb ich ihn aktuell als Butterersatz z.B. unter den dünnen Schinken schmiere (was außerdem zum Vorteil hat, dass der Schinken am Brot kleben bleibt *g*).

Und wo wir gerade beim Essen sind: Du hast nach wie vor sieben Zähne. Nummer acht ist weiterhin deutlich zu erkennen, bricht aber einfach nicht durch. Kein Drama. Dir scheine die sieben Zähne völlig auszureichen, um wirklich alles zu beißen, knabbern, reißen, was Dir in den Weg kommt.

Dein erstes Outdoor-Erlebnis war zeitlich eine kulinarische Katastrophe. Du hast jedes Blatt, jeden Halm, jeden Fitzel in den Mund gesteckt, angewidert geguckt und das nächste Objekt ausprobiert. Bei sowas habe ich ja die Ruhe weg und so konntest Du relativ schnell selber erkennen: Dreck und Sand machen zum Matschen Spaß, schmecken aber einfach nicht.

Du magst das Schaukeln nicht. Aber Du hast es als ganz kleines Baby schon nicht gemocht, wenn man Dich im Maxi Cosi oder in einem Bettlaken geschaukelt hat. Du hast dann immer die Luft angehalten, Dein Kopf wurde feuerrot und dann ist es völlig hysterisch aus Dir herausgeplatzt und Du hast geschrien, geschrien, geschrien. Genauso reagierst Du auch jetzt, nur nicht mehr ganz so hysterisch. Du weinst einfach fürchterlich und siehst mich hilfesuchend an. Wir schaukeln daher nur noch ganz langsam, damit Du Dich an die Bewegung gewöhnst. Das ist dann okay. Dennoch werden wir wohl beim Kinderarzt mal nachfragen, ob das tatsächlich mit einer möglichen Sehschwäche zusammen hängen kann.

Diesen Monat waren wir auch das erste Mal Schwimmen. Ganz Deinem Naturell entsprechend, warst Du erst mal sehr zurückhaltend, skeptisch, ja sogar ängstlich. Wasser war so lange okay, wie Du Dich an meinem Hals festklammern konntest. Sobald ich Dich am langen Arm durchs Wasser gezogen habe, hast Du wieder geweint. Generell bist Du ein sehr sicherheitsbedürftiges Kind. Jedenfalls wenn es darum geht, Neues zu erkunden. Den Sandkasten hast Du auch erst mal eine halbe Stunde gemustert, bevor Du dann darin rum getobt hast, wie ein Wilder.

So ist das auch in fremder Umgebung. Es dauert sehr lang, bis Du Kontakt zu anderen Menschen aufnimmst. Meist beginnst Du mit einen sehr schüchternen Lächeln, versteckst Dein Gesicht dann immer wieder, bis Du jemanden schließlich ganz frech und gerade heraus angrinst. Nur ganz selten grinst Du völlig fremde Menschen ganz offen an. Oft erkenne ich dann aber Ähnlichkeit zu Menschen, die Du kennst und denen Du vertraust. Deine großen Lieben sind Mamas Freundin Dini und Deine Cousine Hanni. Warum das so ist, kann ich nicht wirklich beantworten.

Du bist ein absoluter Papa-Fan. Wenn Du den Schlüssel im Schloss hört krabbelst Du direkt Richtung Tür, kreischt und quietscht laut, wenn Du ihn dann erblickst und reckst Dich ihm entgegen. Du bist rein optisch wie ein kleines Abziehbild Deines Papas. Ein wunderhübsches Kerlchen mit traumhaft wasserblauen, je nach Stimmung aber auch dunkelgrauen oder strahlendtürkisen Augen. Es vergeht kein Einkauf, bei dem uns nicht irgendjemand auf Deine wundervollen Augen anspricht. Du guckst dann immer ganz verlegen, so als würdest Du verstehen, was die Leute sagen.

Du schläfst seit zwei Wochen in deinem eigenen Zimmer. Ganz ohne Murren und Knurren. Vom ersten Tag an. Ich denke, dass ich selber mehr Probleme damit hatte „loszulassen“, als Du. Ich kann allerdings nicht behaupten, dass Du ruhiger schläfst, immerhin warst Du vorher auch schon ein sehr ruhiger Schläfer. Ich bin so froh, dass Du es uns in diesem Punkt immer so wahnsinnig leicht gemacht hast (und hoffe ganz still für mich, dass Dein Bruder ähnlich sein wird).

Du gehst zwischen 19 und 20 Uhr ins Bett. Zwischen 5 und 6 Uhr wirst Du dann wach und bekommst die bereits erwähnte Milchpulle. Dann schläfst Du noch mal bis 7 Uhr und wir stehen gemeinsam auf.

Du trägst Kleidergröße 86. Manche teile passen auch noch in 80, andere sind bereits 92. Schuhe trägst Du in Größe 20 und ich denke, das erste Paar Lauflernschuhe werden wir in Größe 21 anschaffen. Da warten wir aber noch, bis Du ernsthaft erste Schritte alleine machst.

Du spielst aktuell am liebsten mit Kabeln. Ganz besonders angetan hat es Dir der Staubsauger, der nicht nur ein langes Kabel, sondern auch noch einen tollen Schlauch und ein großes Rohr hat. Egal wo man Dich in der Wohnung auf den Boden setzt, 30 Sekunden später bist Du im Flur beim Staubsauger und zerrst daran rum. So vergehen schon mal gut und gerne 30 Minuten. Generell beschäftigst Du Dich sehr ausdauernd mit Dingen. Du bist kein Kind, das man entertainen muss, dafür sorgst Du selber.

Letzte Woche waren wir das erste Mal beim Frisör. Ich war ganz schön aufgeregt, immerhin hast Du nicht umsonst den Kosenamen Wildling erhalten. Aber Du hast wie ein großer im Sessel gesessen, die Duplo-Kuh in Deinen Händen und den großen Labrador, der Dir zu Füßen lag, bewundert und hast gut und gerne 10 Minuten des Haareschneidens über Dich ergehen lassen. Es ist natürlich noch keine richtige Frisur, aber die Kanten und Ecken, die unregelmäßig wachsendes Babyhaar so mit sich bringen, sind nun beigestutz. Du siehst direkt viel älter aus. Mein großer Junge!

Seit Du durch das Krabbeln mehr Mobilität und natürlich auch Freiheit erlangt hast, hast Du immer öfter das Bedürfnis zu Kuscheln. Du ziehst Dich an uns hoch, deutest an, dass Du auf den Schoß oder den Arm willst und lehnst Deinen Kopf an. Meist dauert das Schauspiel nur wenige Minuten, manchmal nur Augenblicke. Dennoch genießen wir sie sehr. Außerdem liebst Du es, am Rücken und im Nacken gekrabbelt zu werden. Dann legst Du Dich mit angewinkelten Beinen auf den Bauch, drückst Dein Gesicht in ein Kissen oder die Matratze und wippst mit dem Po.

Grundsätzlich bist Du aber eher ein unruhiger kleiner Geist. Wild, unterwegs, neugierig.

Ich will gar nicht daran denken, dass Du im kommenden Monat schon ein ganzes Jahr alt sein wirst. Erst. Schon.

Ich liebe Dich so sehr. Deine kleine Persönlichkeit ist so herzlich und erfrischend, dass Du mir jeden Tag mehr Energie und Lebensfreude gibst, als alles, was ich je zuvor erlebt oder empfunden habe. Du bist mein Leben.

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Dieser Bericht wurde am 02.April verfasst. Ich komme allerdings erst heute dazu ihn zu veröffentlichen.
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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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7 Gedanken zu „11 Monate Quietschbeu

  1. Hach ja… jetzt muss ich ein bisschen vor mich hinschniefen… so schön! Ich freu mich so für Euch, obwohl ich Euch ja gar nicht wirklich kenne :) Es ist einfach so was Schönes, sein Kind wachsen und gedeihen zu sehen.

  2. wirklich, wunderschön geschrieben…und spannend für mich, da mein mausekind nur 2 monate jünger ist! sie hat auch gerade so nen mörderschub hinter sich, krabbeln, stehen und sitzen lernen an einem tag gelernt…und jetzt macht sie erste schritte an der hand…hilfe! aber eins versteh ich nicht: wieso muss der kleine mann denn nun aus dem zimmer weichen? könnte so nicht schlafen, du willst doch auch nicht alleine schlafen oder? hm, bin halt ne ganz überzeugte familienbettschläferin..

    1. Der Quietschbeu kann das Familienbett zum Schlafen nicht leiden. Ihm ist das zu eng, er wird nervös, schlägt um sich und weint. Zum Spielen ists hingegen okay. Außerdem ist er nachts ständig aufgewacht, solang er neben meinem Bett schlief. Seitdem er in seinem Zimmer schläft, schläft er tiefer, länger und entspannter. Davon mal abgesehen zieht hier in 2 Monaten ein neues Baby ein und ich wollte den kleinen Quietschbeu nicht in einer Hauruck-Aktion des Schlafzimmers verweisen.

      Familienbett ist übrigens nichts, was automatisch für jedes Kind das Beste ist. Der Quietschbeu mag und mochte es nicht. Ihm war das immer zu eng (und wir haben ein 2 Meter breites Bett!).

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