Unsere Erfahrungen mit Babyzeichen

Wenn ich in irgendwo von unserem Gebrauch der Babyzeichen oder Gebärden erzähle, werden immer die Ohren gespitzt. Ob beim Kinderarzt, der Hebamme oder im Babyfreundeskreis. Die Leute sind neugierig was das ist und die meisten haben sich schnell eine Meinung gebildet. Komischerweise meist in negativer Hinsicht.

Wir kamen zu den Babyzeichen durch einen Fernsehbeitrag. Da saßen ein paar Frauen mit ihren Kleinkindern und berichteten von diesen Babyzeichen. Ich hatte vorher schon mal in einem Blog davon gelesen, konnte mir aber nicht so recht etwas darunter vorstellen. In diesem Bericht zeigte eine Mutter das Zeichen für „mehr“ oder auch „noch mal“. Als sie das Zeichen von ihrer eineinhalbjährigen Tochter vormachen lassen wollte kam es zum berühmt berüchtigten Vorführeffekt: das Kind verweigerte sich.

Es war mehr eine Spielerei, als ich dem Quietschbeu das Zeichen zeigte, als er beim Frühstück sehr eindeutig mehr Brot wollte. Auch beim Spielen, wenn wir etwas machten was ihn sehr amüsierte und ich das immer wieder wiederholen müssen, habe ich ihm vorher das Zeichen für noch mal gezeigt. Es war sowas wie ein Experiment, das ich nicht sonderlich ernst nahm.

Umso überraschter war ich, als der Quietschbeu eines Morgens beim Frühstück seinen leeren Teller anhob und mit der freien Hand das Zeichen für mehr zeigte. Völlig euphorisch bekam er so viel mehr, bis er fast platze.

Ich begab mich dann im Internet auf die Suche nach einem weiteren Zeichen, das wir ausprobieren könnten. Da der Quietschbeu bekanntlich ja unheimlich gerne tanzt, zeigte ich ihm von da an immer das Zeichen für Musik, wenn ich das Radio anmachte oder er zu laufender Musik zu tanzen begann. Es dauerte wieder ein paar Tage und völlig unerwartet zeigte der Quietschbeu morgens beim Betreten des Wohnzimmers auf die Stereoanlage und zeigte das Babyzeichen Musik.

Das war der Moment, in dem wir beide dann völlig angefixt waren. Ich surfte nach mehr Informationen, las Rezensionen von Büchern zum Thema und kaufe schließlich genau ein Buch. babySignal von Wiebke Gericke. Wenn man ein bisschen Recherchiert erfährt man, dass Frau Gericke Diplom Pädagogin ist und vor ein paar Jahren babySignal gründete.

Babyzeichen basieren auf der deutschen Gebärdensprache und sollen es den Eltern ermöglichen mit ihren Kindern zu kommunizieren, bevor diese Sprechen können, da die motorischen Fähigkeiten meist früher ausgeprägt sind, als die Sprachentwicklung.

Für uns sind die Babyzeichen ein Segen, weil der Quietschbeu bis jetzt nur drei Worte spricht. „Mamamame“ (Banane), „Allo“ (Hallo) und „Düü“ (Tschüss). Hinzu kommen Eigennamen wie Mama, Bappa, Usus und Buu. Das war‘s und aktuell macht es auch nicht den Anschein, dass er bald sprechen wird. Natürlich führte das zu einer Kommunikationsschwierigkeit, als er seinen eigenen Willen entdeckte. Nie wusste ich, ob er nun Hunger oder Durst hat. Inzwischen kann er mir beides mit Gebärden anzeigen.

Sein derzeitige Gebärdenschatz umfasst:
mehr/noch mal, Musik, Hunger, Durst, Hund, Katze, Schmetterling, Keks,  Gummibärchen (Süßigkeiten), Zahnbürste, An, Aus, müde (Schlafen), Flugzeug, hören.

Das sind die, der aktuell aktiv nutzt (und die mir gerade einfallen).

Hinzu kommen die, die er versteht, aber noch nicht selber anwendet. Er zeigt mir dann z.B. in seinem Buch das richtige Bild, wenn ich ihm die Gebärde vormache:
Banane, Apfel, Bruder, Schaf, Kuh, Schnecke, Regenwurm, Uhr.

Natürlich bekommt er noch nicht jedes Zeichen motorisch astrein hin. Er zeigte die Zeichen einfach mit seinen Möglichkeiten, was aber sehr schnell sehr deutlich zu verstehen ist.

Ich zeige im ausschließlich Gebärden, dich ich aus dem oben genannten Buch kenne. Sollten diese ausgeschöpft sein werde ich mir vermutlich weitere Bücher zulegen. Solange langt uns dieses eine. Einen Kurs habe ich noch nicht besucht, allerdings habe ich auf der Webseite von babySignal gesehen, dass es einen in der Nähe gibt. Eventuell würde ich nach unserem Umzug solch einen Kurs noch besuchen wollen.

Mit dem Löwenmäulchen spreche ich auch bereits mit den Händen. Ich zeige ihm das Zeichen für Milch, wenn wir Stillen. Außerdem zeige ich ihm vorher an, wenn ich hoch nehmen will. Bei beiden Gebärden beginnt er sofort freudig mit den Armen zu rudern und zu glucksen. Die Gebärden für Mama und Papa mache ich immer dann, wenn ich die Worte benutze. Da hat er also bisher nur den Bezug zum Gehörten, nicht zu uns als Personen.

Mein persönliches Fazit ist bisher, dass wir von den Babyzeichen nur profitieren, da dem Quietschbeu viel Frustration durch „nicht verstanden werden“ erspart bleibt. Es gibt im Übrigen Studien die besagen, dass Kinder, die Gebärden nutzen, nicht früher oder später zu sprechen beginnen, als Kinder ohne Gebärden. Diesen Hinweis möchte ich noch mal mit Nachdruck geben, da ich – wie eingangs erwähnt – eigentlich jedes Mal mit der schnellgefassten Meinung konfrontiert werde, der Quietschbeu würde jetzt ja noch später Sprechen lernen, weil er gar keinen Grund mehr habe, zu sprechen. Ich würde ihn ja auch so verstehen.

Ich sehe das so: Nur weil ein Kind Krabbeln kann und so von a nach b kommt, lernt es ja trotzdem irgendwann Laufen. Die einen früher, die anderen später.

Links:
Das Buch babySignal
babySignal Webseite
Sprechende Hände (Weblog von und für gebärdende Eltern mit kostenlosem Onlinekurs)

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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11 Gedanken zu „Unsere Erfahrungen mit Babyzeichen

  1. Genau so sehe ich das auch. Sam ist eine quasselstrippe, aber durch die Gebärden kann er sich viel besser ausdrücken. Er freut sich richtig wenn er verstanden wird. Ich habe auch das buch Babysignale und finde es sehr gut. Kinder von gehörlosen lernen ja auch gleichschnell sprechen wie andere, aber können eben eher sich mit gebärden verständigen.
    Ich finds toll und uns allen, also auch Papa, Oma und Opa macht es spaß.

  2. Ich finde die Babyzeichen-Idee auch klasse, auch wenn ich sie bisher (noch) nicht gebraucht habe (meine Großen haben beide sehr früh zu sprechen begonnen). Bei meiner Kleinen mache ich es zum Teil, zum Beispiel, wenn ich sie hochnehmen möchte. Ich finde toll, dass du dich nicht verunsichern lässt. Das Argument mit dem Krabbeln kannte ich gar nicht, klingt echt überzeugend! :)

  3. Später sprechen lernen sie auf keinen Fall: Meine Tochter quatscht von morgens bis abends. Und die Babyzeichen waren hier der Hit. Beim Turnen habe ich auch ein Kind entdeckt, dass „mehr“ zeigte – und die Mutter sprach auch davon, dass es ein Segen ist, das Kind zu verstehen.
    Für einen Kurs ist es vielleicht schon zu spät, wenn ihr schon so viele Zeichen macht. Obwohl: Spaß macht er trotzdem. ;-) „Das große Buch der Babyzeichen“ enthält -zig Zeichen, ihr könnt also noch einiges drauflegen. ;-)

  4. Warum lernen Kinder, die Babygebärden kennen auch sprechen? Und verlassen sich nicht nur auf die Zeichen …?
    Ich erkläre das auch so: Sprache ist laut. Was nützt einem Kind die Babygebärde für „MILCH“ wenn die Mama nicht hinsieht oder nicht im gleichen Raum ist. Ein sehr ausdrucksvolles und lautstarkes „Mmmiiiiiiiiiiiiiilch !!!“ ist da viel wirkungsvoller. Diese Prinzip verstehen unsere Kleinen sehr schnell.

    Seufz, uns Zeit mit Babygebärden ist vorbei. Aber ich freue mich immer von so schönen Erfahrungen zu lesen.

  5. Ich hatte ja letztens schonmal danach gefragt und mich seitdem mehrfach damit beschäftigt. Ausprobieren will ich es in jedem Fall, da es ja scheinbar auch schon Sinn macht, bei so kleinen damit anzufangen. Unsere ist bald drei Monate alt, also etwas jünger als das Löwenmäulchen und ich freue mich schon drauf, wenn sie vielleicht das erste Zeichen macht und wir tatsächlich auf dieser Ebene kommunizieren können. Das empfohlene Buch werde ich mir mal anschauen, danke.

  6. Genau so. Der Knirps hat zwar früh gesprochen und nutzt sie jetzt nur noch alle paar Tage zur Klarstellung, aber in den gut 10 Monaten vorher waren die Babyzeichen Gold wert.

  7. Danke!
    Hier um die Ecke gibt es einen Kurs, aber erst ab 6 Monaten.
    schon bevor ich schwanger war nahm ich das Prodpekt von denen mit heim und surfte ein wenig im Netz.
    Den werden wir definitiv dann besuchen wenn die Apfelina so weit ist.
    Seit gestern mache ich immer das Zeichen für Milch wenn wir stillen. Es sollen noch viele folgen.
    lieben Dank für die Links.

  8. …oh, na, aber dass die seit Jahrhunderten benutzte Kusshand (ebenso wie die winkende Hand als „Winke, winke“..und der „Vogelzeig“, das „Schlafenszeichen“ etc.) nunmehr als „markengeschütztes“ Babyzeichen den Eltern regelrecht VERKAUFT wird (in Form von Büchern und/oder Kursen), ist schon ein Knaller, finde ich (ich bin anscheinend, ganz OHNE dass meine Eltern in den frühen 70er Jahren irgendwelche Kurse besuchten etc. , ganz natürlich, mit vielen, kindgerechten, Gesten aufgewachsen)… ich habe bei beiden Kindern gemerkt, dass man Gesten/Signale wahrnimmt, die eben „verstehen“ helfen…insofern: mag hilfreich sein, sich näher damit zu beschäftigen, aber die Vermarktung und dieses unterschwellige „Buch´den Kurs, oder willst du nicht das BESTE für dein Kind ?!“ an allen Pinnwänden, nervt mich persönlich, wie vieles Andere in dem großen, hart umkämpften Markt der „Kinderfrühförderung“ (da steckt soo viel Kommerz drinnen)

    Moni

  9. Mensch da hast du mich auf etwas gebracht – hab eben das Buch bestellt :) Unser kleiner Schatz ist zwei Monate alt, da passt das ganz wunderbar und ich hab noch etwas Zeit vorzulernen ;)
    Vielen lieben Dank für das tolle Posting!

  10. :) ich organisiere gebärdensprachkurse (für erwachsene) hier in wien. das ist natürlich österreichische gebärdensprache was aber egal ist. kindern gefallen gebärden eigentlich immer, weil eine interaktion stattfindet. mit meinem sohn hab ich komischer weise selten gebärden benutzt (berufskrankheit?), dafür aber seinem kleinen freund etliche beigebracht, weil er bis heute mit fast drei jahren noch immer kaum spricht.
    wer einen kurs machen will, wird keinen schaden daraus ziehen. wer keinen machen will, benutzt einfach die gängigen gebärden wie die hand an die wange legen, wenn man von schlafen spricht oder beide flache hände vorm körper aufklappen, wenn man von einem buch redet. verständlich?

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