Über die Notwendigkeit der Aufklärung von Kleinkindern

Aus aktuellem Anlass (Diskussion im Bekanntenkreis über das Thema „Kindersexualität“ und „Prävention von sexuellen Übergriffen bei Kleinkindern“) habe ich ein wenig recherchiert und mich über diese Themen in seriöser Fachliteratur eingelesen. Meiner Meinung nach wird das Thema „Aufklärung von Kleinkindern“, ob nun zur Prävention sexueller Übergriffe oder „nur“ zur Ebnung der  natürlichen,  nicht durch Verbote und Scham gehemmter Sexualentwicklung, heutzutage noch viel zu sehr tabuisiert.

Der Mensch ist ein sexuelles Wesen und kommt als eben dieses schon auf die Welt. Die Aufgabe einer kindegerechten, offenen Aufklärung liegt in erster Linie bei den Eltern, die gerade in diesem Bereich oft überfordert oder selber gehemmt sind.

In unserer sehr durch die Medien geprägten Zeit werden Kinder heute schon sehr früh mit der erwachsenen Welt der Sexualität konfrontiert (Werbeplakate, Werbung im TV und auf Autos, etc.), wohlgleich sie ihre eigene kindliche Sexualität noch nicht begriffen haben. Zum anderen stellt sich die Frage, wie ein Kind sich gegen sexuelle Übergriffe wehren soll, wenn es sich derer noch nicht bewusst ist. Diese beginnt z.B. schon beim ungewollten feuchten Kuss der Oma, den man einem Kind häufig dennoch abverlangt, weil die Oma sonst traurig ist. Natürlich ist der Kuss der Oma kein sexueller Missbrauch, wohl aber ein Übergriff und eine Grenzverletzung. Wenn jedoch bereits diese kindlichen Grenzen nicht akzeptiert werden, wie soll das Kind dann wissen und lernen, dass es „Nein!“ sagen darf, ja sogar muss?!

Mir ist bewusst, dass dieses Thema schwierig zu diskutieren und zu erörtern ist, insbesondere in der anonymen Öffentlichkeit des Internets. Allein schon weil man nicht den „falschen“ Personenkreis mit etwaigen Texten zum Thema anlocken oder gar füttern möchte.

Dennoch und gerade deshalb, möchte ich an dieser Stelle zwei, meiner Meinung nach sehr gute, Fachtexte empfehlen. Sie sind Bestandteil der Publikation „Die Sexualität des Menschen. Handbuch und Atlas“ des deutschen Sexualforscher Erwin J. Haeberle und geben einen guten Einblick, wie sich unsere natürliche Sexualität im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter äußert und wie man damit umgehen kann/sollte.

Und in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr interessant: Das Erlernen der Geschlechtsrolle

Außerdem möchte ich diesen Artikel der Diplom-Pädagogin Uta Reimann-Höhn empfehlen, welcher mögliche Aufklärungs-Erklärungen für das Alter der 6 bis 8-jährigen bietet, wobei die Erklärungen sicher auch für jüngere Kinder (Kleinkinder und Vorschulkinder) geeignet sind.

Meiner Meinung nach sollte Aufklärung dann erfolgen, wenn das Kind selber Interesse am Thema zeigt, ob nun durch Handlungen oder Fragen. Eltern sollten sich mehr über die Art und Weise der Aufklärung austauschen und ihren Kindern damit eine selbstbestimmte und selbstbewusste Entwicklung ermöglichen.

Mit dem Titel „Über die Notwendigkeit der Aufklärung von Kleinkindern“ möchte ich nicht aussagen, dass ich eine Aufklärung von Kleinkindern als grundsätzlich notwendig erachte, sondern dass man über eine Notwendigkeit zumindest nachdenken sollte.

Mir ist die Brisanz dieses Themas bewusst und hoffe daher auf eine sachliche Auseinandersetzung.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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5 Gedanken zu „Über die Notwendigkeit der Aufklärung von Kleinkindern

  1. Danke zuerst einmal für die vielen Links. Vielleicht hat ja auch jemand Tipps für Bücher zu diesem Thema.
    Ich werd mich durch die Links auf jedem Fall mal durchwühlen. Spannendes Thema.

    Ich kann mich noch erinnern, dass ich selbst als Kind immer bei Geburtstagsfeiern dem Vater des Onkels (ein wirklich alter Mann damals) einen Kuss geben musste und auch immer auf seinem Schoß sitzen sollte (Weil er fand Kinder eben so toll). Ganz ganz böse Erinnerung an die ich ungern denke. Schon aber deswegen habe ich bei meinen Kindern von vornherein gesagt: Küssen nur wenn sie es wollen. Da ist mir auch schnurzpiepwurst ob die Oma, die Tante oder weiß der Geier das eben doof finden. Mein Großer macht von dem „Neee lass mal“ häufig gebrauch und es dauerte durchaus ein paar klare Ansagen meinerseits bis es beim „Knutsch-verlanger“ akzeptiert wurde.

    buahhh.. und wenn ich dran denke wie die Oma früher einem das Taschentuch angeleckt hat, um einem irgendwas im Gesicht wegzuwischen…

  2. Also den zweiten Link finde ja schon sehr grenzwertig!!

    „(….) Dies kann auch geschehen, wenn sie ein beglückendes sexuelles Erlebnis mit einem Erwachsenen gehabt haben, das dann entdeckt und von anderen Erwachsenen falsch ausgelegt wird, Selbst wenn das Erlebnis unbefriedigend war, wird es meist selbst einen geringeren psychischen Schaden anrichten als die Überreaktion von Eltern, Nachbarn und Vertretern der Öffentlichkeit.“

    Bin ich doch ganz und gar anderer Meinung als der Autor des Artikels und empfinde den zitierten Text als verstörend! Ich finde als Eltern/Erziehungsberechtige kann man nicht vorsichtig genug sein.Ansonsten bin ich ganz ihrer Meinung Kinder sollten von klein auf Wissen, dass sie jederzeit das Recht haben ,, Nein!“ zu sagen.
    Ein toller Blog übrigens! Bin vor einigen Wochen durch Zufall drauf gestossen und nicht wieder von los gekommen;-)
    Viele Grüße

    1. Der zitierte Absatz ist bitte in seiner GANZHEIT zu betrachten. Hört man nach dem Satz mit dem Lesen auf, wirkt er tatsächlich verstörend. Allerdings wird schon im nächsten Satz ein Beispiel für solche Situationen benannt:

      […] Das beste Beispiel hierfür ist die Reaktion der Öffentlichkeit gegenüber Exhibitionisten. Kinder, denen der Anblick eines nackten menschlichen Körpers vertraut ist, sind vielleicht verwundert, aber sicher nicht ernstlich schockiert beim Anblick eines Mannes, der seinen Penis zeigt. Da ein solcher Mann darüber hinaus gewöhnlich ganz harmlos ist, wird kein großer Schaden entstehen, wenn die Eltern gelassen bleiben und den Vorgang richtig erklären.

      Beglückend darf hier nicht als Synonym für Geschlechtsverkehr oder andere körperliche sexuelle Handlungen gesehen werden. Vielmehr meint es „Glück empfinden“ oder sich wohlfühlen.

      In einem anderen Abschritt wird darauf hingewiesen, dass Kinder Sexualität ganz anders empfinden und bewerten, als Erwachsene. Man muss versuchen die Texte ohne unsere moralische Wertung von Sexualität wie wir – die Erwachsenen – sie kennen und leben zu lesen.

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