Unser „Nofa“ Road Trip

Manchmal sind die spontanen Ideen, für die ich erst belächelt und dann für verrückt erklärt werde, die besten! Diesmal im Angebot: mit 2 Kleinkindern und einem Baby alleine im Auto nach Hannover fahren. Für 2 Übernachtungen und gerade mal einen ganzen Tag Familie.

So packte ich Donnerstagmittag das Auto mit allem voll, was man mit 3 Kindern eben so braucht. 2 Kindermatratzen, einen Hochstuhl, 2 Laufräder und einen Buggy. Als die Jungs dann abends im Bett waren und ich ihnen für den kommenden Tag einen Ausflug versprochen hatte, packte ich dann noch eine Kiste mit Spielsachen und zwei Köfferchen mit Kleidung. Der Kofferraum war rappelvoll, aber dennoch so gepackt, dass man es von außen nicht sehen konnte. Die Kinder sollten ja keinen Verdacht schöpfen.

Freitagmorgen standen wir ganz normal auf, wuschen uns, zogen und an und gingen runter. Ich erlaubte ihnen ein wenig KIKA zu gucken, damit ich ihre Bettdecken ebenfalls unbemerkt ins Auto schmuggeln konnte. Dann richtete ich jedem eine Brotdose mit Paprika, Gurke, Fleischwursttalern und Dipp und steckte sie in die Kindergartenrucksäcke. Hinzu kamen die Trinkflaschen.

Ich drückte jedem Miezbeu seinen Rucksack und sein Schnuffelkissen in die Hand. Das irritierte den Quietschbeu schon. „Wieso brauch ich mein Kissen für den Ausflug?“ – „Wir müssen etwas länger Autofahren. Und ihr wollt es doch bequem haben.“ Das reichte ihm als Antwort. Erstmal.

Das Navi rechnete mir eine Fahrzeit von 3 Stunden aus. Mit ein wenig Bummelei saßen wir um 10 Uhr im Auto, fuhren noch kurz einen Bäcker an und stürzten uns dann ins Getümmel auf der Autobahn. Die Fahrt verlief relativ ruhig. Nur das ständige „Mama, guck ma‘!“ des Löwenmäulchens kostete mich einige Nerven. „Ich kann nicht gucken, Männlein. Ich muss Autofahren!“ Tatsächlich fragte keines der Kinder auch nur einmal, wann wir denn endlich da wären. Das Meedchen schlief mehr als 2/3 der Fahrt über. Dann machten wir eine kurze Rast, damit ich den Jungs ihre Brotdosen reichen konnte. Dank der Easy Lunch Boxen (keine Schleichwerbung, sondern total offensichtliches Yeah!) klappte das mit dem Dippen auch während der Fahrt vorzüglich.

Als wir von der Autobahn abfuhren und nach Nofa hinein, rief das Löwenmäulchen ganz aufgeregt: „Mama, da, ich seh ein Nofa!“, woraufhin der Quietschbeu total lässig abwiegelte, dass das ja gar nicht sein könnte. Ich schmunzelte.

Nach einem kleinen Zahlendreher meinerseits (ich hab Hausnummer 93 statt 390 angefahren!) und einem daraus resultierenden Umweg von 20 Minuten fuhren wir gegen 13 Uhr endlich auf dem Parkplatz vor Papa Miez‘ Haus vor. Zuvor hatte ich den Miezmann mit einer möglichst unauffälligen Nachricht über unser Ankommen informiert.

Als wir dann da vor dem Haus standen und ich nur zu den Jungs sagte: „So, da sind wir. Jetzt geht der Ausflug los.“, war der Quietschbeu erstmal sehr irritiert. „Wieso Mama, was ist denn hier?“ Um nächsten Moment erblickte er dann seinen Papa und fragte verwundert:

„Mama, wieso kommt da der Papa?“
„Weil wir in Hannover sind.“
„Was? Ehrlich? Wir sind in Hannover? WIR SIND IN HANNOVER! LÖWENMAUL! HAST DU GEHÖRT?!?!?! HANNOVER!!!“
„NOFA!!!!“

Die Freude war riesengroß und die Jungs völlig aufgekratzt.

Der Miezmann hat in Hannover ein 1-Zimmer-Apartment, welches wir uns die kommenden Tage zu fünft teilten. Es war ein wildes Abenteuer. Nicht nur für die Kinder. Die Jungs schliefen auf Matratzen in einer Ecke des Zimmers. Das Meedchen und wir Eltern im 160m breiten Bett. Die Gardinen verdunkelten nicht wirklich und waren zudem 20cm zu kurz. Trotzdem schliefen sowohl Freitag-, wie auch Samstagabend alle Miezkinder von 21 Uhr bis 7 Uhr, was im Hinblick auf die Umstände wirklich grandios gut war.

Den Samstag verbrachten wir den ganzen Tag unterwegs. Zuerst machten wir einen Spielplatz unsicher und trafen uns mit der wundervollen Tine und ihrer bezaubernden Familie im Tiergarten, wo die Jungs Laufrad fahren und Wildschweinfrischlinge füttern konnten. Es war nicht übermäßig gutes Wetter, aber immerhin trocken und nicht zu kalt, so dass wir wirklich eine schöne Zeit dort hatten. Im Anschluss fuhr Familie Miez dann noch zu IKEA, um dem Miezmann ein bisschen Zeug für seine kahle Studentenbude zu kaufen. Da er unter der Woche kein Auto hat, war er bis dato ziemlich unflexibel, was das anging. Die Jungs verdrückten jeweils eine riesen Portion Fleischbällchen und hielten bis 18 Uhr durch. Als wir dann „Zuhause“ ankamen, waren sie so aufgekratzt, dass ich sie erst nochmal in die Badewanne stopfte. Trotzdem sie todmüde waren, kamen sie eben erst gegen 21 Uhr richtig zur Ruhe.

Heute fuhren wir dann nach einigen Tränen bei den Jungs gegen 13 Uhr wieder ohne Papa ab, Richtung Heimat. Die Kinder schliefen die ersten 2 Stunden, knabberten danach ihre Brotdosen, die der Miezmann extra für sie zubereitet hatte und enterten nach Erreichen unseres Hauses sofort den Garten und den Sandkasten. 24 Grad und strahlender Sonnenschein. Wow. Soviel Sommer auf einmal!

Trotz des Stresses, der Autofahrerei, dem mittelmäßigen Wetter, den beengten Verhältnissen und dem erneuten Trennungsschmerz bei der Abreise: das war das schönste Wochenende, das wir alle seit langem hatten. Wir erwarteten nichts und wurden mit tausend schönen, harmonischen, aufregenden, liebevollen, familiären und freundschaftlichen Momenten belohnt. Unsere Kinder strahlten vor Freude und Spannung. „Is das auch Nofa?“ fragte das Löwenmäulchen bei jedem Haus und jedem Baum, an denen wir vorbei kamen. Beide waren so unendlich stolz nun auch einmal hier, in Nofa, in Papas „falschem Zuhause“ – wie der Quietschbeu es nennt – zu sein. Der Bett, Der Tisch, die Küche, der Schrank … all die Dinge, die der Miezmann uns dutzendfach per Videokonferenz hatte zeigen müssen, waren nun real, zum Anfassen und haben räumliche Tiefe bekommen. Selbst ich hatte mir, trotz vieler Bilder, alles ganz anders vorgestellt. Leerer und karger. Aber tatsächlich war da sofort dieses Gefühl von Geborgenheit, als wir die kleine Wohnung betraten.

Natürlich war es nicht die Wohnung, sondern der Miezmann, der dieses Gefühl in uns aufkommen ließ. Es wäre falsch weiterhin zu behaupten, wir supi das alles läuft, als Wochenendfamilie. Rein organisatorisch ist es zwar so, aber emotional bin ich halb. Und das spüre ich. Meine Nerven sind halb, meine Freude ist halb, meine Motivation ist halb, mein ganzes Selbst ist irgendwie halb. Sowas fühlt man eben, wenn der beste Freund, Mann und Vater meiner Kinder nur echte 24 Stunden in der Woche bei uns ist. Die restlichen Stunden sind An- und Abreise, Wäsche waschen, Einkaufen, Papiere erledigen. 24 von insgesamt 168 Stunden.

Und daher werden wir kommenden Sommer eine Lösung finden, die uns wieder als Familie zusammen sein lässt. 7 Tage die Woche. Und wenn wir dafür nach Nofa ziehen müssen, dann werden wir das tun.

Mein lieber Miezmann, ich liebe Dich und ich danke Dir von ganzem Herzen für dieses unvergessliche Wochenende  

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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36 Gedanken zu „Unser „Nofa“ Road Trip

  1. Hallo Mamamiez
    Das war mal wieder ein echt lessenswerter Beitrag von dir , Ich habe ja schon bei Facebook geschrieben das ich selbst 2 Jahre in Hannover gelebt habe und von 2011 bis 2012 regelmäßig mit Kind und Hund nach Hannover gefahren bin ( mit dem Zug ) und Hannover ist eine sehr ,sehr schöne Stadt ,die sehr viel Grün hat und auch das eine Jahr habe ich zusammen mit meinem Jetzt Ex-Freund immer wieder was neues für meinen Sohn entdeckt
    Und ich liebe Hannover (aber ich wohne in gütersloh ( Owl)

    lg Katharina

  2. hach, das hört sich nach einem ganz wundervollen Wochenende an :)
    Ich kann mir die Freude der Kinder sooo vorstellen.
    Da freut man sich als Mama doch auch sicherlich total, dass die Überraschung geklappt hat!

  3. Sehr rührend.
    Ich freue mich so, dass ihr ein schönes Wochenende als Familie hattet!
    Ich wäre vor der langen Fahrt allein total nervös gewesen, aber das hat ja toll geklappt. :)

  4. So schön. Ich freue mich, das Ihr so tolle, positive Erlebnisse hattet. Ihr werdet bestimmt eine Lösung finden, die Euch als Familie wieder eins werden lässt. Herzliche Grüße,
    Claudia.

  5. Ach ist das schön! :) Ich hab eure Nofa-Ausflug schon via Facebook/Twitter begeistert mitverfolgt und fand es unglaublich spannend zu hören, wie das alles so geklappt hat.

    Nofa ist wirklich eine schöne Stadt (wohne in der Nähe und habe dort gearbeitet bzw. arbeite nach der Elternzeit wieder dort), auch wenn alle so piekfeines Hochdeutsch reden. :D Ich bin sicher ihr könnt euch dort alle schnell einleben und heimisch fühlen, wenn das denn dann die Lösung für nächstes Jahr werden wird.

    Mir liegt immer ein Stein im Magen wenn ich von eurem Trennungsschmerz lese. Keine Familie sollte so leben müssen, auch wenn es sich manchmal eben nicht vermeiden lässt.

    Viele Grüße
    Isa

  6. Dein Beitrag hat mich zu Tränen gerührt. Ich finde, diese Erkenntnis wirklich toll und hoffe, ihr findet im Sommer eine gute Lösung! Nofa ist gar nicht soo schlimm!
    LG, Simone

  7. Mal wieder schlurzen und Tränchen…, die Überraschung, die Gedanken und Planung sind so herzlich so spontan und wundervoll. So unglaublich perfekt gelungen zur absoluten Freude jedermanns :D Aus dieser Zeit werden bestimmt alle ein viel Kraft schöpfen…
    Aber auch traurig, weil der Abschiedsschmerz so unendlich groß sein muss… genauer will ich es mir gar nicht vorstellen müssen. Ich finde es so unfassbar und ich frag mich wie du das immer schaffst??! Ich würde mich von Woche zu Woche emotional nur durchkämpfen. So sehr ich unsere kleine Sonne liebe, so sehr würde mir der Mann trotzdem fehlen, wir sind eine Einheit zu Dritt, so wie ihr zu Fünft nur Eins ergibt ? und der wirkliche reale Austrausch und Zärlichkeiten würden mir zu sehr fehlen! Ich finde es wirklich stark!!
    Ich hoffe, ihr findet ganz ganz bald eine Lösung, mit der ihre alle sehr glüklich sein werdet und wieder zusammen sein könnt! :)

  8. Für mich wäre so Wochenendfamilie auch nur die absolute Notlösung! Ich freue mich das euer Wochenende so schön war und „Nofa“ doch als realistische Möglichkeit in Betracht kommt.

    (Könntest du deinen Hauptjob denn auch in Hannover machen, oder müsstest du dich umorientieren?)

  9. vielen dank für den schönen beitrag – meine antwort schreibe ich, während der mein mann, freund und papa des sohns noch im zug nach berlin sitzt, und ich die nächsten fünf tage schonmal im geist mit „waschen, organisieren, auto reparieren lassen, arbeiten, spielplatznachmittag“ usw. versehe, um sie kürzer erscheinen zu lassen… wir haben den papa übrigens auch in einer seiner stationen auf der feuerwache besucht, was ebenso chaotisch und toll war ;). unser nächster besuch, diesmal eben in berlin, steht an pfingsten an und ich freu mich schon sehr.
    linnea

  10. Ich habe mir deinen Blog in den letzten Wochen Stück für Stück durchgelesen, einfach, weil ich es so schön finde, wie du von deiner Familie bloggst. Ich bin eher eine stille Mitleserin, zumal ich bei vielem nicht mitreden kann. Ich bin 22 Jahre alt und habe keine Kinder. Aber dein Blog berührt mich und ich hab mich grad so über den Eintrag gefreut…für dich, deinen Mann, für die Kiddies. Das musste ich jetzt einfach mal schreiben. Ich hoffe, dass ihr ganz bald wieder dauerhaft als Familie zusammen sein könnt :)

  11. Ein sehr schöner Eintrag !!
    So voller liebe und Freude. Ich hoffe das mit dem Umzug und alles klappt so wie ihr es euch vorstellt. <3

    Ich könnte es mir auch nicht vorstellen das mein Schatz auf Montage ist. Außerdem die Freude des Kindes wenn der Papa da ist. Ist einfach unersetzlich. :)

  12. Liebe Mama Miez,
    gerade heute hatte ich es wieder mit meinem Freund von diesem Thema. Er hat vor anderthalb Monaten einen neuen Job in einer anderen Stadt begonnen und wir überlegen nun, wie es weiter geht. Ich hab ihm erzählt, dass es sogar dreifache Mütter gibt, die so eine Fernbeziehung packen, und noch viele andere Menschen, die sich notgedrungen arrangieren. Toll, wie Sie das wuppen, und noch viel toller, dass Sie bald wieder Alltag zusammen haben werden. Danke für die schönen Worte!

  13. Oh wie rührend. :-) ich freue mich für euch, vorallem aber für dich liebe Mama Miez, über dieses schöne Wochenende! Ich habe innerlich oft mit dir „mitgelitten“. Auch wenn du wirklich NIE gejammert hast, habe ich mir denken können, wie es in dir ausschaut. Das du dir nun auch eine Zukunft in Hannover vorstellen kannst, finde ich super. Vielleicht gibt es ja da auch eine Möglichkeit des beruflichen Neuanfangs. Deines Wunsches. Deines Traumes. Ich wünsche euch ganz viel Glück. Egal, wie ihr euch im Sommer entscheidet, ihr packt das!

    Liebe Grüße
    Sandra

  14. Was fuer ein schoen geschriebener Beitrag. Wir sind auch ganz bald schon eine Wochenendfamilie, und es liegt mir schwer im Magen. Aber bei uns sind es nur 5,6 Monate und dann werden wir wieder zusammen sein.
    Ich hoffe das ihr einen guten Weg findet und das ihr ganz bald wieder eine „richtige“ familie seit!
    LG, Katja

  15. ich ziehe meinen hut vor dir! Ich könnte es nicht so lange aushalten ohnen meinen Mann. Aber wenns nicht anders geht, schafft man so einiges :-) Das ist sicher keine easy piesy Entscheidung, die ihr da getroffen habt, doch eine Familie gehört zusammen und die Kinder verkraften so einen Umzug meist besser als man glaubt! Viel Glück und Mut für die weitere Zeit!

  16. Und ich höre die Jungs immer noch „Wildschweinäää“ rufen. Schön, dass wir euch kennengelernt haben. Und wenn ihr dann später Hilfe beim Umzug braucht… ;)

  17. Sehr (an)rührend :-)
    Wenn Ihr das nächste Mal in unserer schönen Stadt seid, müsst Ihr unbedingt den wunderbaren Maschsee besuchen, dann einen Abstecher ins Krabbelcafe Nähe Lister Meile, eine Laufradtour auf den grünen Alleen vor den Herrenhäuser Gärten und natürlich in den Zoo (obwohl das sehr teuer ist). Wir haben es wirklich richtig schön hier!

  18. Wow, meine allertiefsten Respekt, dass du deinen Alltag mit drei kleinen Kiddies so meisterst. Ich wünsche dir aber, dass ihr bald eine Lösung findet. Ich führe selbst eine Fernbeziehung und manchmal ist mir das alles ganz schön viel und ich habe nur meine kleine Maus. Toi toi toi :)

  19. 3 Std fahrt sind so gerade noch machbar, auch regelmäßig – ich bin ja das erste Jahr auch als Wochenenddaddy zu Frau und Kind1 gefahren.
    Die Freude Deiner Kids jedenfalls: Unvergesslich schön zu lesen.

  20. Oh, wie schön! Ich gönne euch das von ganzem Herzen. Hoffentlich findet ihr bald eine bessere Lösung, auf Dauer ist das ja doch sehr belastend für alle.
    Alles Liebe,
    Nicole

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