Umbruch. Auch für den Quietschbeu.

Heute hat die liebste Freundin des Quietschbeus Geburtstag und feiert diesen auf einem Erlebnisbauernhof. Aber der Quietschbeu will da nicht hin. Seine Entscheidung schmerzt mich etwas, weil heutet auch ihr letzter Tag in der Kita ist. Nach den Ferien wird sie in einer anderen Stadt in den Kindergarten gehen. Aber er hat sich mit Nachdruck immer wieder gegen den Besuch des Geburtstags ausgesprochen. Also akzeptiere ich das so.

Schon in den letzten Wochen erwähnte er immer wieder traurig, dass sie mittlerweile lieber mit den anderen Mädchen, als mit ihm spielen wolle. Gut. Das war wohl eine Frage der Zeit. Auf der einen Seite tat mir das für ihn sehr leid, weil er doch wirklich stark an ihr hängt. Auf der anderen sah ich es als eine Art langsame Entwöhnung von einander. Er war so quasi gezwungen sich alleine oder mit anderen Kindern zu beschäftigen, was er laut seiner Erzieher auch sehr gut hin bekam. Der Grund, warum er heute nicht auf den Geburtstag möchte, ist übrigens der, dass er Angst hat, dass sie wieder lieber mit ihren Freundinnen, als mit ihm spielen will und er alleine da steht. Ich kann das nachempfinden. Daher dränge ich ihn auch nicht dazu.

Nach den Ferien wird er als eins von insgesamt 5 Vorschulkindern in die Gruppe zurückkehren. Es werden kleinere Kinder nachrücken. Eine völlig neue Konstellation und Gruppendynamik wird sich bilden, von der ich auch hoffe, dass sie ihm gut tut. Der „Große“ zu sein stärkt vielleicht auch sein Selbstbewusstsein ein wenig. Ich wünsch ihm das so sehr.

Zuhause ruht er momentan in sich selber. Er redet zwar nach wie vor viel und gerne, hat aber inzwischen verstanden, dass ich ihm nicht immer zuhören und antworten kann. Als ich neulich sagte: „Wenn Du Schreiben kannst, dann kannst Du all Deine Geschichten aufschreiben. Das ist toll!“ So hab ich es nämlich gemacht. Schon mit 6 habe ich erste Fantasiegeschichten geschrieben. Im Laufe meiner Kindheit ein gutes Dutzend. Auch in der Pubertät. Ich habe eigentlich immer geschrieben. Er war von der Idee so begeistert, dass er sich samstagmorgens an seinen Schreibtisch setzte, seine Anlauttabelle und das Leselineal zur Hand nahm, und erste Worte schrieb. Alles was ihm zu schwer war, füllte er mit Hieroglyphen auf und las mir anschließend seine Geschichte vor. Es war bezaubernd!

Auch ist er im Moment sehr friedfertig, was den Umgang mit seinen Geschwistern angeht. Kaum ein Streit geht von ihm aus. Tut er dem Meedchen oder dem Löwenmaul versehentlich weh, ist er sofort zur Stelle, tröstet und entschuldigt sich. Er kuschelt sogar mit der kleinen Schwester und gibt ihr Küsse. Das war bisher überhaupt nicht denkbar. Körperkontakt war sein Kryptonit. Sogar mit mir kuschelt er inzwischen auch sehr intensiv und eng. Er ist unfassbar selbstständig geworden. Kein Meckern oder Motzen am Morgen. Er steht auf, geht auf die Toilette, putzt Zähne, wäscht sich und zieht sich an. Dann geht er runter und richtet seine Brotdose selbstständig her. So eine große Hilfe und Entlastung. Er wirkt generell viel ausgeglichener, überlegter und fröhlicher! Seine zeitweise depressive Stimmung hat uns wirklich starke Sorgen gemacht. Inzwischen vermute ich fast, dass es eine Nebenwirkung meiner eigenen Verfassung war. Ich war gereizt, hatte dünne Nerven und war schnell auf 180. Er hat das gespürt, auch wenn ich es vor den Kindern versucht habe zu verstecken.

Ich bin nun in der dritten Woche krank geschrieben. Es werden wohl noch ein paar folgen. Diese Woche nahm ich das erste Mal positive Veränderungen an mir wahr. Ich wurde nicht mehr laut. Ich hatte meine alte Engelsgeduld wieder und wir hatten gemeinsam so viel Spaß und Freude, auch an ganz kleinen Dingen.

Dennoch will und kann der Quietschbeu sich nicht von mir lösen. Er ist mein Beschützer, der stetig über mich wacht und sich um mich sorgt. Das ist nicht gut. Aber wir glauben fest daran, dass sich das bessern wird, wenn Papa Miez wieder am geregelten Familienalltag teilnehmen wird.

Die 3 Wochen Kita-Ferien werden ihm sicher gut tun. Er kann Kraft tanken und Familienalltag genießen. Außerdem wünscht er sich über alles, dass wir ans Meer fahren. Da weiß ich zwar nicht wie wir ihm diesen Wunsch erfüllen sollen, aber aus den Augen werde ich es nicht verlieren. Er muss dieses Jahr einfach noch mal das Meer sehen. Es gibt fast nichts heilsameres für seine Seele.

Ach Quietschbeu, lass Dir ruhig noch etwas Zeit mit dem groß werden und male weiter Deine fantasievollen Geschichten mit Worten und Farben. Da steckt soviel Liebe drin.  

 

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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12 Gedanken zu „Umbruch. Auch für den Quietschbeu.

    1. Vorlaufzeit mit Beantragung ca. ein Jahr. Das wird dieses Jahr nix mehr.
      Die guten Kliniken sind von Frühling bis Herbst ca. 8 Monate vorher ausgebucht. Wenn die Krankenkasse eine Kur bewilligt hat, gilt die Zusage je nach Kasse 3-6 Monate. Falls die Krankenkasse nicht mit einer beliebten Klinik kooperiert, ist es quasi unmöglich, dort einen Platz zu bekommen. Reserviert wird nicht. Dann bleiben nur noch die zu Recht unbeliebten Kliniken übrig…

  1. Wie schön, dass es dir langsam besser geht und dem Jungen hoffentlich bald auch. Beantrage doch ein Mutter- Kind-Kur. Wir haben unsere letztes Jahr auf Langeoog verbracht und es hat uns allen gut getan. So viel gemeinsame Zeit ohne Alltagsdinge wie Kochen und Einkaufen. Viel Zeit und Sport für mich und eine tolle Betreuung der Kinde in der Zeit.
    Weiter alles Liebe und ich lese gerne hier.

  2. Vielleicht an die belgische Küste, da ist man relativ schnell und es gibt schöne Sandstrände. Das würde sich auch für eine Wochenende lohnen.

  3. fahrt nach domburg (zeeland/Holland) es ist der „Strand von NRW“ und sogar für einen Tagesausflug machbar, oder für ein langes Wochenende oder so…so so so schön! Und von euch aus ca. 3 Stunden Autofahrt!

    Was ich Dir noch schreiben wollte: mir ging es von den Symptomen auch mal ähnlich wie Dir, meine Schilddrüsenwerte waren garnicht so auffällig aber im Endeffekt musste ich doch Schilddrüsenhormon nehmen bis es mir endlich wieder richtig gut ging…ich kenne mich da mittlerweile sehr gut aus, wenn Du irgendwann mal magst kannst Du mir gerne mal Deine Werte (TSH, fT3, fT4) mailen oder informier Dich mal in diesem Forum Du wirst Staunen wie Du Dich dort wiederfindest mit all den Symptomen…http://www.ht-mb.de/forum/forumdisplay.php?1-HT-MB-Kinderwunsch-Kinder Herzliche Grüße und Gute Besserung! Und für den Quietschbeau viel Glück, wir haben ähnliches hinter uns mit Gruppenwechsel und Verlust der besten Freundin etc….kann das sehr nachvollziehen!

  4. Wirklich sehr schön geschrieben und beobachtet. Du hast Sinn für das Detail und schreibst gleichzeitig sehr emotional. Das gefällt mir so an Deinen Beiträgen! Ich hoffe Ihr geht weiter diesen positiven Weg und vielleicht führt er Euch ja auch zum Meer?! LG Wiebke

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