Friedhöfe, Spielplätze und der Rhein

Das meine Kinder eher nicht so freiwillige Spaziergänger sind, habe ich hier schon erwähnt. Umso mehr freut es mich, dass sich scheinbar seit Pokémon Go sowas wie ein Sinneswandel eingestellt hat. Auch ohne das Spiel! Die Server des Spiels waren die letzten Tagen sehr instabil und so konnten wir die App oft gar nicht nutzen. Aber das war den Kindern fast egal. Sie fanden plötzlich so viele andere Dinger, die ihr Interesse weckten, kletterten auf Mauern herum, inspizierten die Felder der Bauern und versuchten herauszufinden, was wo wuchs. Wir haben gemeinsam die Frachtschiffe und Jetskis auf dem Rhein beobachtet oder einfach mal ganz andere Spielplätze ausprobiert. Außerdem hatten wir so viel Zeit uns zu unterhalten, Stöcke und unreife Kastanien zu sammeln und viele schöne Fotos zu machen.

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Auf der 5 km Tour am Freitag sind wir durch die Maisfelder geschlichen und die Kinder haben sich über die klebrigen langen Haare an den Maiskolbenenden sehr amüsiert. Außerdem waren wir auf einem kleinen, aber sehr schönen Friedhof und haben über das Sterben und Trauern gesprochen. Sie wollten wissen, warum man auf einem Friedhof leise sein muss und ich erklärte, dass die Leute hier her kämen, um sich zu erinnern, wie es war, als der geliebte Mensch noch jeden Tag da war. Das macht die Menschen glücklich und traurig zugleich. Und damit man sie bei diesen Gedanken und Erinnerungen nicht stört, ist man eben leise und spielt auf dem Friedhof eben nicht fangen.

Wir sahen uns einzelne Gräber und Steine an und ich erklärte, wieso es große und kleine Gräber gib. Auf einem recht frischen Grab stand eine Bierflasche, ein Modellflugzeug und ein Tennisball. Natürlich interessierte die Kinder eben dieses ganz besonders und ich erklärte ihnen, dass der junge Mann erst 20 Jahre alt gewesen sei. Das machte Alex und Max sehr nachdenklich. Mimi konnte mit der Information noch nichts anfangen.

Auf dem weiteren Weg sammelten die Kinder Wildblumen und fragten, ob wir diese auf dem Rückweg bei dem jungen Mann vorbei bringen könnten, was wir dann auch taten. Mimi legte die Blumen an die Seite des provisorischen Holzkreuzes und Max fragte, ob wir ihn jetzt öfters besuchen könnten. „Natürlich können wir das.“ „Wir könnten aber auch jedesmal jemand anderem einen Blumenstrauß bringen„, schlug Alex vor. Die Idee fanden die anderen beiden ganz toll.

Auf dem Heimweg sagte Max irgendwann leise zu mir: „Du, Mama, kannst Du bitte mit Augen zu sterben? Das sieht sonst so gruselig aus.“ Ich musste ein wenig schmunzeln und antwortete: „Ich werde mir Mühe geben.

Ich kann tatsächlich jedem nur empfehlen mit seinen Kindern bei schönem Wetter mal einen Friedhof zu besuchen. Einfach so. Es entwickeln sich wirklich spannende und auch sehr tiefgründige Gespräche, die einem durchaus helfen können, wenn man als Familie einmal selber als Betroffener einen Friedhof besuchen muss.

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Auf unserer 5 km Samstagstour haben wir Denkmäler gesucht und gezählt. In unserem Dorf gibt es einfach unfassbar viele Denkmäler. Vielleicht fotografiere ich sie beim nächsten Mal alle. Außerdem waren wir auf einem Spielplatz in unmittelbarer Nachbarschaft, den wir zuvor noch nie wahrgenommen haben, weil er in einer kleinen Spielstraße versteckt liegt.

Als wir nach den ersten 3 km eine kleine Pause einlegten, weil Mimi dringend musste, entstand obiges Foto. Max war der Meinung er müsse mal ein paar Liegestütze machen, um auch was für seine Arme und den Oberkörper zu tun (er plant mal Ninja Warrior zu werden).

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Unsere heutige 5 km Tour führte uns an den Rhein und einmal rund ums Nachbardorf. Wir sahen viele grüne Felder, Wasser, ein kleiner Spielplatz direkt am Rhein und picknickten am Rheindeich auf einem großen Steinbrocken.

Mimi lief und lief und lief am Rhein ständig mit großem Abstand voraus. Sie ist wirklich ein Kind, das dieses Freiheitsding absolut liebt und ein unerschütterliches Urvertrauen darin hat, dass wir schon nicht verloren gehen. Alex hingegen zeigte auch am Rhein wieder seine Angst vor Wasser, wich nicht von meiner Seite und sorgte sich ständig, dass Mimi in den Rhein fallen könnte, wenn sie zu weit vor oder am Ufer lief.

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Sogar Max ließ sich davon besorgt stimmen und lief Mimi immer wieder hinterher, um sie zum Warten anzuhalten. Zum Schluss gingen wir noch an einem ganz neu gebauten Kindergarten vorbei, in dem die Lieblingserzieherin von Max und Mimi aus der U3-Gruppe ab kommenden Kita-Jahr arbeiten wird. Max war richtig eifersüchtig, wie schön der neue Kindergarten sei. Dabei ist unsere Kita nun wirklich nicht hässlich. Ich erinnerte ihn daher augenzwinkernd daran, dass er in 2 Wochen ohnehin nie wieder in den Kindergarten gehen würde und es daher doch völlig egal sei, wie dieser oder irgendein anderer Kindergarten aussähe. Das sah er dann auch selber ein.

Auf dem Rückweg nach hause holten wir für uns alle 5 große Eisbecher und waren dann nach 2 Stunden erschöpft aber sehr zufrieden wieder zuhause. Pokémons haben wir heute genau 3 gefangen. Relativ am Anfang. Dann hab ich das Smartphone eingesteckt und vergessen. So kann’s gehen.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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16 Gedanken zu „Friedhöfe, Spielplätze und der Rhein

  1. Neele (4) war heute Bibi, meine Frau Tina und ich wurde Alex getauft. Dreimal darfst Du die Namen unserer Räder -pardon- Pferde erraten. Ich zog dann natürlich noch eine Kutsche, in der unser zweiter Sprößling saß.
    Du glaubst nicht, in welchem Tempo man voran kommt, wenn man dauernd wettreiten muss. Und zehn Kilometer ist Bibi bisher auch noch nicht gefahren…

  2. Wir wohnen neben einem Friedhof. Fast täglich gehen wir über das Gelände spazieren und mein Großer (3J) lässt sich alle Namen vorlesen. Wirklich schwierig finde ich es, wenn Beerdigungen sind. Vom Kinderzimmer aus kann man alles sehen. Da kommen natürlich viele Fragen auf.

  3. <3
    Den Tod ebenso selbstverständlich zu nehmen wie das Leben – nicht leicht, aber ich schätze Deinen ehrlichen und offenen Umgang mit Deinen Kindern und glaube, dass dieser den Dreien (und Euch) viele „Welten (er-)öffnen“ wird…

  4. Ich finde Deine Einstellung zum Besuch auf dem Friedhof mit den Kindern sehr gut. Ich bin damit aufgewachsen, da mein Opa mit Anfang 40 und meine Tante mit 4 gestorben ist. Und weil ich da immer von Oma und Mama zur Grabpflege mitgenommen wurde, gehört es für mich einfach dazu. Daher ist es auch für meine Kinder selbstverständlich geworden, dass sie mit mir zu Omas/Uromas Grab gehen.

  5. Hihi, ja meine Kleinen wollen seit PokemonGo auch andauernd raus. Es ist zwar schade, dass sie so sonst nicht gerne spazieren gehen, aber besser so als überhaupt gar nicht.

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