Schmerzen, Harmonie und Überraschung

In den letzten Tagen ist viel passiert. Schmerzhaftes, überraschenden, harmonisches, geplantes und das alltägliche Leben. Einen kurzen Abriss über die „Highlights“ will ich Ihnen natürlich nicht vorenthalten.

Freitag erhielt ich pünktlich zum Schulschluss einen Anruf aus der Schule, in dem ich informiert wurde, dass sich der große Sohn einen Finger in der Tür eingeklemmt hätte und sich nicht beruhigen ließe. Ich ließ also meine Arbeit stehen und fuhr direkt in die Schule, wo ich einen käseweißen Alex vorfand. Nach einem kurzen Gespräch war klar, dass er sich den Finger nicht nur einfach so in der Tür eingeklemmt hatte, sondern der ganze Finger in der Türangel einer Metalltür steckte, als diese sich komplett schloss. Betrachtet man mal das Spaltmaß dieser Türangel war es ein Wunder, dass der Finger überhaut noch dran ist.

Der Finger zeigte eine leichte blaue Verfärbung und war sehr stark angeschwollen. Also fuhren wir kurzerhand ins Kinderkrankenhaus nach Sankt Augustin, wo wir insgesamt 4 Stunden zubrachten. 3 verschiedene Ärzte untersuchten den Finger und es wurden Röntgenaufnahmen gemacht. Letztendlich gab es dann endlich Entwarnung: Der Finger ist sehr stark gequetscht und gestaucht, aber der Knochen ist unversehrt. Ein Hoch auf weiche Kinderknochen. Echt jetzt!

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Alex verzichtete auf einen Verband, was die Ärztin schmunzeln ließ. Sonst seien insbesondere die Jungs immer ganz versessen auf einen möglichst auffälligen Verband. Aber Alex‘ größte Sorge war nur, ob er mit dem Finger denn nun trotzdem Handball spielen könnte.  Die Ärztin gab ihm für Dienstag grünes Licht, sofern er der Finger ohne Einschränkung und Schmerzen bewegen könnte. Hurra!

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Für Sonntag hatten wir einen Tisch bei Tante Käthe für das Frühstücksbuffet reserviert. Das war ziemlich aufregend, denn bisher haben wir es aus guten Gründen gemieden mit allen drei Kindern eine Gastronomie aufzusuchen. Daher ließ ich jedes Kind vorher einen Beutel mit Zeitverbringdingen packen.

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Tatsächlich verbrachten wir dann 3 sehr entspannte Stunden bei einem sehr opulenten Buffet im Café und rollten anschließend nicht nur sehr satt sondern auch sehr müde wieder vom Hof. Nicht nur mir fällt es schwer mich länger in/an öffentlichen Plätzen aufzuhalten, auch den Kindern setzt das sehr zu. Die vielen Stimmen, die Gespräche, die spielenden Kinder. Es war nicht unangenehm oder übermäßig laut, aber eben körperlich anstrengend.

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Genossen haben wir die Zeit dennoch sehr. Während ich immer weiter futterte bastelten und malten die Kinder, ich spielte mit Alex Tic Tac Toe und der Mann malte mit Mimi Blumen und Bäume und schnitt Papierschneeflocken aus. Harmonisch. Toll. Ein perfekter Sonntag.

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Ich möchte es nicht beschreien, aber ich glaube, Alex hat irgendeinen Sprung gemacht, der für mich bis dato nicht wirklich offensichtlich war. Die Entscheidung wieder Handball zu spielen ist das eine, aber die unbändige Freude auf das Training und die Motivation und Begeisterung, mit der er dann dabei ist, überrascht mich doch sehr. So kenne ich Alex nicht. Oder nein: so kannte ich Alex noch gar nicht. Nicht bei Dingen, die mit Sport und schon gar nicht mit Mannschaftssport zu tun haben.

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Heute Abend fragte ich ihn, wie es denn so für ihn sei, im Spiel selber. Und er antwortete mir total reflektiert: „Es ist okay. Ich mag es immer noch nicht wirklich, wenn alle auf mich zu stürmen oder ich laut Hier! rufen muss. Aber es passiert ja eigentlich nichts schlimmes. Ich hatte ganz viel Spaß.

Und ich seufzte so ein bisschen in mich rein, kniepere eine Träne weg und streiche ihm übers Haar.

Ja, es dauert Vieles etwas länger. Er war ja auch das Kind, das sich erst mit über 3 Jahren auf eine Schaukel setzen ließ oder mit 4 Jahren auf ein Laufrad stieg. Er ist nie wirklich schnell oder waghalsig gefahren. Immer dieses riesen Bedürfnis an Sicherheit und das ganz klare Abstecken und Wahren seiner Komfortzone. Aber: es bewegt sich was. Er braucht einfach nur sein ganz eigenes Tempo und eben diese Erkenntnis hat mir selber soviel Ruhe und Gelassenheit gebracht, dass er mich zum Schluss dann doch wieder überraschen kann.

Ich bin unendlich stolz auf ihn. Unendlich!

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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13 Gedanken zu „Schmerzen, Harmonie und Überraschung

  1. Gott sei dank war der Finger nicht gebrochenen. Meine Kleine „durfte “ im Oktober 3 Wochen mit einer Gipsschiene rumlaufen da sie sich den rechten Mittelfinger gebrochen hatte. Als Rechtshänder war das ein Spaß….Nicht…..?

  2. jetzt hatte ich erst Gänsehaut und dann Pippi in den Augen. Schön geschrieben, mal abgesehen vom Finger (aua!!!) freut es mich von Herzen für euren Grossen!

  3. Autsch, der Finger sah echt fies aus. Tapferer kleiner Mann, der direkt an den Sport denkt. Wenn er was macht, dann macht er es richtig. Und Quetschungen und stauchungen schmerzen oft mehr als Brüche, also wirklich tough!

  4. Ui, genau das mit dem Finger in der Türe ist mir auch als Kind passiert. Mir läuft´s gleich wieder kalt den Rücken runter, wenn ich das hier so lese. Gute Besserung!

  5. Liebe Pia,
    vielen Dank dass wir an Eurem Alltag so teilhaben dürfen.
    Seit nicht all zu langer Zeit glaube ich ebenfalls ein HSK zu haben und würde gerne mal was fragen.
    Mit welchem Alter ist Alex eingeschult worden?
    Glaubt ihr, dass eine spätere Einschulung dem Kind zu Gute kommt? ….besonders unter dem Gesichtspunk der Hochsensibilität (eigenes Entwicklungstempo gegen ich bin nicht gut genug wie alle eingeschult zu werden)

    Vielen Dank und gute Besserung dem jungen, tapferen Mann

  6. Hallo, ich lese immer wieder mit Beruhigung, dass andere Kinder sich auch nicht begeistert in jedes Getümmel und stürzen (mir selbst geht es auch so…..). Schön zu sehen, wie Dein Sohn (und du mit ihm!) seinen Weg geht.

    Mein Sohn (4) beginnt gerade mit der Wassergewöhnung in einem Kinderschwimmkurs. Ich glaube, dass es ihm schon gut gefällt. Er geht gerne hin. Aber er ist immer der „langsamste“, der letzte im Wasser. Er schaut sich alles erst mal ganz genau an, bevor er was macht und macht auch nur das mit, was er wirklich will.

    Ich versuche ihm ganz viel Freiraum zu lassen, seine Entscheidungen wert zu schätzen und ihn in seinem Tempo lernen zu lassen. Auch wenn ich immer noch ganz oft die Tendenz hab, das anderen Eltern erklären bzw mich und sein Verhalten rechtfertigen zu müssen. Grrrr….

    Ich hoffe, ich kann ihm dabei helfen, an sich selbst zu glauben und auf sein Gefühl zu hören.

  7. Erstaunlich,dass der Knochen heil geblieben ist. Meine Tochter hat sich mit zwei Jahren den kleinen Finger gebrochen, als sie ihn sich im Plastik-Arztkoffer(!) eingeklemmt hat. Bei Alex haben da ja nochmal ganz andere Kräfte gewirkt…

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