Wildschweine und Zufriedenheit

Ist das nicht ein fantastisches Wetter da draußen? Ist es, ohne Frage. Die Sonne scheint, es ist angenehm warm, nicht heiß und die Vögel krakeelen wieder voller Inbrunst. I love it!

Die Kinder verbrachten freiwillig fast das ganze Wochenende an der frischen Luft. Das haben wir auch seit Wochen nicht mehr gehabt. Dieses raus aus dem Schlafanzug, rein in die Klamotten und dann nur noch das Krachen der Terrassentür zu hören.

Heute haben wir uns dann mal ein paar Meter aus unserer Komfortzone heraus bewegt und sind in die nahe gelegene Wahner Heide gefahren. Um genauer zu sein, in das Erholungsgebiet Leidenhausen. Dort gibt es neben Wildgehegen auch einen großen Spielplatz im Wald. Und das hört sich ja erst einmal immer gut an.

Da das große Kind laufen wollte, zogen wir erstmal unsere Kreise durch den Wald und um die Wildgehege. Dabei fielen den Kindern die bunten Plakate an den Zäunen auf, auf welchen sehr gut verständlich erklärt wurde, dass man das Wild unter keinen Umständen füttern darf. Vergiftung und Tod drohen jedem Wildtier, das mit mitgebrachtem Brot, Nudeln etc. gefüttert wird. Die Plakate kann man nicht übersehen und jeder, der die 1. Klasse absolviert hat, sollte diese lesen/deuten können.

Aber wie sollte es anders sein: kaum kamen die ersten Wildscheine in Sicht, sah man auch schon Menschen, die altes Brot über den Zaun warfen. Alex verkrampfte richtig neben mir und redete aufgebracht auf mich ein, was sich diese Menschen nur dabei denken würden. Ob denen denn das Leben der Tiere egal sein? Und warum man sowas überhaupt tut, wenn man doch weiß, dass es gefährlich und darüber hinaus verboten ist?

Er regte sich so laut auf, dass die Leute ihr Brot einpackten und sich noch schnell vom Acker machten, bevor wir sie erreichten. Ich bin mir sicher, er hätte sie dann auch direkt angesprochen. Auf die Frage, warum Leute sowas tun, hatte ich leider auch keine gute Antwort. Vielleicht, weil es sich für Kinder spanender anhört, wenn die Eltern sagen: „Komm, wir gehen Wildscheine füttern“ statt nur „Komm, wir gucken uns Wildscheine an“.

Als wir uns dann Richtung Greifvogelschutzstation bewegten, kamen uns immer mehr Menschen entgegen. Es war fast wie ein Volksauflauf und die Kinder bemerkten mehrfach, dass es hier aber ganz schön voll sei. Also drehten wir noch vor unserem Ziel wieder um und liefen lieber zum Spielplatz.

Mimi erklärte mir, neben mir her hopsend, dass sie das Wetter so super fände. Dann wäre der Rucksack gar nicht so schwer, weil sie nur etwas zum trinken darin transportieren müsse. Dass sie zusätzlich ihre dicke Winterjacke im Rucksack hatte, bemerkte sie auch erst später am Auto. Mihihi.

Auf dem Spielplatz angekommen zischte Mimi direkt los. Die Jungs gesellten sich zu mir in die Sonne und machten sich über die mitgebrachte Rohkostdose her. Irgendwann folgte der Mittlere seiner Schwester und ich saß mit dem großen Sohn alleine auf der Bank.

„Ich find es hier nicht gut“ gestand er mir nach einer Weile kleinlaut. „Wieso nicht?“ fragte ich verwundert nach. „Hier sind so viele Leute. Es ist so voll. Und der Spielplatz ist ja auch eher was für Kleinere.“

Da wären wir, in dem Alter, in dem Spielplätze langsam uncool und nicht mehr so aufregend sind. Aber ich konnte ihn schon verstehen. Es war wirklich voll. Unfassbar voll.

Es hatte so ein bisschen was von einem richtig heißen Tag am Baggersee. Sie erinnern sich vielleicht. Damals. Und das auf dem Foto oben, das ist nur der halbe Spielplatz. Auf der anderen Seite ging es eben so voll weiter.

Wir ließen also Mimi und Max etwa 30 Minuten spielen und entschieden uns dann, unseren Standort zu wechseln. „Ein Eis wäre jetzt schön!“ stellte das Mittelkind fest und ich überlegte, welche Eisdiele in unserer Nähe schon geöffnet hat. Immerhin haben wir erst Mitte Februar und da ist bei uns im Dorf noch Flaute.

Letztendlich entschieden wir uns dann für unser heimatliches Nachbardorf, auch wenn mir im Vorfeld schon klar war, dass es dort nicht minder voll sein würde. Nicht bei diesem Wetter.

Aber wir wollten ein Eis. Ein wirklich gutes Eis. Also stand der Entschluss fest.

20 Minuten später kamen wir in Zündorf an und liefen ein gutes Stück zu Fuß zur Groov, wo es die beste Eisdiele weit und breit gibt. Die würden sich so ein Geschäft bei dem Wetter sicher nicht entgehen lassen. Dachte ich mir. Und war dann auch so:

20 Minuten Anstehen haben sich aber mehr als gelohnt. Es gab salziges Karamell-, Oreo- und Giotto-Eis und dieses eklige blauer Engel-Zeug, auf das die Kleine so steht.

Und dann saßen wir eine halbe Stunde nur in der Sonne, aßen unser Eis und schwiegen. Ich habe mich lange nicht mehr so wohl und entspannt gefühlt. Um uns herum war es laut und wuselig. Kinder lachten, heulten und schrien und wir saßen mittendrin, genossen das leckere Eis, probierten beim anderen und waren einfach zufrieden. So eine aus tiefster Seele Zufriedenheit.

Das große Kind resümierte auf dem Rückweg, kurz vor unserem Haus:

„Mama, das war heute so schön!“

Und damit hat er alles gesagt, was man über diesen Tag wissen muss.

Es wurde keine Werbung für erkennbare oder genannte Marken beauftragt.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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