Stay at home-Tagebuch Tag 54

Auf Twitter habe ich heute Vormittag bereits einen Blockbuster angekündigt. Also, here we go!

Zunächst einmal war es heute morgen gar nicht so einfach das Mittelkind aus dem Bett zu schälen. 6:45 Uhr ist echt nicht mehr seine Zeit. Meine aber auch nicht. Scheinbar hat dann aber doch so etwas wie Neugier und Vorfreude gesiegt und er war überaus kooperativ und nach einer längeren Aufwachphase fast schon motiviert.

Auf dem Weg zur Schule ging er noch mal den Ablauf des Schultages durch, so, wie ich ihm den erklärt hatte. Betreten des Schulhof, Aufstellen am üblichen Sammelplatz mit 1,5m Abstand zu seinen Mitschülern. Warten bis die Aufsicht sie einzeln über die Feuertreppe ins Gebäude schickt. Den neuen Platz im Klassenraum, wo die Lehrerin wartet, suchen, Jacke über den Stuhl hängen und Hände waschen.

Verlassen wird das Gebäude über das Treppenhaus. Die Toilette darf nur einzeln aufgesucht werden, Hände waschen, Frühstücksreste müssen wieder eingepackt und mitgenommen werden. Ich versichere ihm noch mal, das genügend Leute anwesend sein würden, die ihm genau erklären, was, wann und wie getan werden soll.

Am Schultor fragt er mich dann, ob ich noch kurz mit kommen könnte. Ich verneine, den Eltern sollen den Schulhof nicht unnötig betreten. Und es klappt. Wir drücken uns noch mal und er geht von dannen.

Wieder daheim beginne ich die Brotdose zu suchen, die ich beim Herrichten der Brotdose für den Mittleren heute morgen nicht gefunden habe. Nach einer halben Stunde schwant mir Übles und ich wecke den großen Sohn vorsichtig. „Du, Schatz, mir fehlt eine Brotdose.“

„Die ist in meinem Rucksack.“ Worte, die ich wirklich und in echt nicht hören wollte. Nicht 8 Wochen nach dem letzten Schultag. Und unlogisch erscheint mir das auch. Das Erste, was das große Kind tut, sobald es von der Schule kommt, ist die Brotdose auspacken und in die Küche stellen. Außerdem: wieso weiß der so abrupt und genau, wo die Dose ist? Ist ihm das gerade im Halbschlaf eingefallen? Der wird das ja nicht 8 Wochen gewusst und in Kauf genommen haben. Vielleicht ja doch ein Missverständnis.

Ich habe zwar einen Blockbuster versprochen, aber ich kürze die Story trotzdem an dieser Stelle ab: ich greife in die Tasche und ziehe die grüne Tupperdose heraus. Am Gewicht erkenne ich schon, dass sie ganz sicher nicht leer ist. Ich frage leise: „Hallo, ist da wer?“ Keine Antwort.

Vorsichtig trage ich die Dose wie ein rohes Ei nach unten, ziehe mir Einweghandschuhe an und gehe zur Mülltonne. Meine schlimmste Befürchtung ist nämlich, dass die Dose durch die Erschütterung einfach in meiner Hand explodiert und sich – wie so ein Pop-up Zelt – ein gignatisches grünes Fellmonster heraus katapultiert, das mich dann in Millisekunden verschlingen wird.

Ich lege die Brotdose auf den Deckel der Mülltonne, hole tief Luft, halte die Luft an und klappe die Verriegelung hoch. Ich könnte schwören, dass es gezischt und gequietscht hat. Aber zumindest bläht sich Nichts Airbag-artig daraus hervor. Ich klappe also den Deckel vorsichtig auf und sehe schon, wie sich Edgar – so hab ich den Inhalt kurzerhand genannt – schon am Rand versucht aus der Dose zu schälen. Aber noch ist Edgar unter einem durchsifften Küchenpapier begraben.

Ganz behutsam lupfe ich das Küchenpapier und muss schlagartig erkennen: KEINE AHNUNG WAS DAS MAL WAR!!! Aber es hat viele Haare!

Ich überlege kurz, ob ich die Dose einfach komplett in die Mülltonne werfe, versuche dann aber Edgar vorsichtig herauszuschütteln. Und es klappt. Edgar gibt auf und lässt sich einfach fallen. Ich schließe schnell den Deckel der Mülltonne, bevor er es sich doch noch mal anders überlegt und mich doch noch auffrisst.

Tatsächlich habe ich die Dose dann erstmal in heißem Wasser eingelegt, danach mit Sagrotan gereinigt und dann noch mal in die Spülmaschine getan. Es ist, als wäre nie etwas geschehen!

[Der Film ist zu Ende. Bitte nehmen Sie ihre leeren Popcorn- und Getränkebecher mit und entsorgen Sie diese draußen. Danke.]

Um 11.30 Uhr holen der Große und ich den Mittleren von der Schule ab. 4 Stunden werden die Kinder aktuell beschult. Das ist okay und völlig ausreichend. Der Mittlere erzählt uns wie sein Tag so war und das ganze klingt schrecklich unspektakulär und normal. In der Pause haben sie Fußball gespielt. Sie haben Deutsch und Mathe gemacht und er sitzt vorne am Fenster. Sein Name ist auf den Tisch geklebt. Hände haben sie auch ein paar Mal gewaschen. Wenn ich mehr wissen will, soll ich halt selber nochmal zur Schule gehen. Danke, Sohn!

Wir bringen kurz die Arbeitsmaterialien zu seinem Freund, der wegen Vorerkrankungen der Eltern vom Präsenzunterricht freigestellt ist und erhalten als Dank jeder einen Flutschfinger.

Daheim sichte ich kurz die neu aufgegebenen Arbeitsblätter, die bis Dienstag bearbeiten werden müssen. Dann muss der Mittlere wieder in die Schule. In seiner Postmappe finde ich diese Urkunde und muss kurz Kniepern.

Der Rest des Tages war eher B-Movie als Blockbuster. Wäsche waschen, aufräumen, sauber machen. Das Übliche. Der Elternbrief für das rollierende Beschulungskonzept muss einmal gegengelesen werden und der Terminplan für die Eltern hübsch gemacht werden.

Gerade klingelt es an der Tür und die bestellte Pizza wird geliefert. Auf weitere Ausführungen müsst Ihr also bis morgen warten. So sorry. Aber: Hunger first!

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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7 Gedanken zu „Stay at home-Tagebuch Tag 54

  1. Hallo Pia, so süß geschrieben, dein Blockbuster. Wir haben so gelacht. Danke für die kleine Ablenkung. Besser als jeder Hollywood Blockbuster. Aber ich hätte eher einen Horrorfilm gehabt, wenn einer meiner Jungs seine Dose so lange vergessen hätte.
    Habt ein sehr schönes Wochenende zusammen.
    LG
    Mandy

  2. Hallo Katja, hallo Pia
    Ich schwanke ebenfalls zwischen entsorgen und intensiver Desinfektionskur😉
    Vermutlich hätte ich den Müll vorgezogen.
    … Außer es wäre eine Brotdose mit vielen Erinnerungen, unsere war auch grün und schaffte es bis zur Abi-Prüfung!
    Gute Nacht
    BettiLu aus KA

  3. Dem Bruder meines Patenkinds ist mal vor dem Herbstferien eine Flasche mit Apfelschorle im Ranzen ausgelaufen. Den Ranzen hat er dann zuhause ohne bescheid zu geben in seinem Zimmer abgestellt und während der 2 Wochen Ferien nicht mehr angerührt. Zu allem Unglück stand der Ranzen vor der Heizung. Irgendwann begann die Mutter sich über den seltsamen Geruch im Kinderzimmer zu wundern und ging auf spurensuche….. Der Schrei als sie den Schulranzen aufgemacht hat ist heute noch in der Familie legendär…. Durch die Wärme hat der Apfelsaft zu geren begonnen, der immer im Schulranzen vorhandene Bodensatz aus undefinierbaren Zeug sowie der hefte und Co waren bereits am schimmeln…. Sie hat versucht die Schulbücher zu retten und hat den Rest samt Ranzen entsorgt…. Amüsantes Nachspiel: da so schnell kein neuer Ranzen zu besorgen war, Samstag Abend vor Ferienende entdeckt und Montag ging die Schule wieder los, durfte der junge Mann am ersten Schultag nach den Ferien mit dem alten Ranzen der großen Schwester in die Schule gehen….. Ein pinker Ranzen mit Lego click its design mit viel Glitzer….. Heute ist er 16 und hat seitdem nie wieder brotdose oder trinkflasche im Ranzen vergessen. Damals war er in der 3. Klasse. Ist ihm heute noch peinlich wenn die Geschichte erzählt wird.

  4. Ich lach mich schlapp!!! GENAU SO ist es mit Endgegner Edgar in der Brotdose. Welche Mutter kennt es nicht…. Mich würden jetzt brennend die Antworten auf Deine Fragen an den großen Sohn interessieren. Warum wieso weshalb?????

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