Blogging like 2003 – Corona-Edition

Samstag – Tag 11

Ich hatte dem Görl versprochen mit ihm in die Eishalle zu fahren. Sie hat sich so sehr darauf gefreut und in letzter Zeit hatten wir wirklich wenig gemeinsame Zeit. Also nehme ich eine Kopfschmerztablette, mache einen Corona-Test (negativ) und fahre mit ihr, wie versprochen, zum Schlittschuhlaufen. Ich entscheide mich allerdings nur zuzugucken und nicht selber aktiv zu laufen. So stehe ich also 3 Stunden in der eiskalten Halle herum. Aber ich bin gut vorbereitet und entsprechend warm gekleidet.

Am Abend, als wir wieder zuhause sind, lege ich mich etwas erschöpft aufs Sofa, schlafe ein und wache wenig später mit >39°C wieder auf. Ich torkle etwas benommen ins Bett. Die Kinder erzählen mir später, ich hätte sogar gelallt.

Sonntag – Tag 12

Ich wache nachts immer wieder auf. Mein Körper glüht. 39,4 ist das höchste, an das ich mich erinnern kann. Ich liege mit Leggins, Sweatshirt und dicken Strümpfen im Bett und obwohl ich klitschnass geschwitzt bin, friere ich fürchterlich. Ich schlafe von einer Ibu zur nächsten. Zwischendurch bitte ich ein Kind mir einen Corona Test zu bringen. Der ist sofort positiv. An mehr erinnere ich mich nicht mehr.

Montag – Tag 13

Ich welze mich die ganze Nacht hin und her. Zu den Kopf- und Gliederschmerzen gesellen sich nun brennende Halsschmerzen und Husten. Die Nase ist abwechseln dicht oder läuft. Ich schwitze fürchterlich und friere gleichzeitig. Morgens sind meine Klamotten so durchgeschwitzt, als hätte ich damit unter der Dusche gestanden. Ohne Übertreibung. Mit 800mg Ibu gedopt schleppe ich mich zum Arzt in die Infektionssprechstunde (nach telefonischer Rücksprache!) und erhalten neben einer Krankschreibung den guten Rat Paracetamol statt Ibu zu nehmen. Und Geduld soll ich haben. Na gut.

Den Rest des Tages habe ich wieder nur geschlafen, geschlafen und geschlafen.

Dienstag – Tag 14

In der Nacht gesellen sich zu Hals-, Kopf- & Gliederschmerzen noch Ohren- & Zahnschmerzen. Ich muss mich mehrfach die Nacht umziehen. Das Fieber steigt nur noch auf 38,9°C. Das Atmen beginnt mit jedem Atemzug zu schmerzen. Ob vom Rücken oder der Lunge kann ich nicht sagen. Teile meines Geschacksinns verabschieden sich. Süß geht, aber mein Tee schmeckt nur nach Wasser. Ich schlafe die meiste Zeit. Die Kinder wollen alle gerne in meiner Nähe sein. Besonders der Mittlere hat wenig Verständnis für Sicherheitsabstand. Ich bestehe dennoch drauf. Immerhin bin ich nach wie vor die einzige Corona-positive im Haus und möchte das auch bleiben. Voll egoistisch von mir.

Freunde haben Nudeln mit veganer Bolognese und Crêpes für uns gekocht/gebacken. Das Mittelkind bastelt mir einen Crêpes mit „soviel Nutella wie ich auch immer drauf mache“, der mir fast die Zähne zieht, während ich von der Bolognese leider gar nix schmecke. Essen ist so anstrengend, dass ich danach sofort wieder schlafen muss.

Mittwoch – Tag 15

In der Nacht schlafe ich zum ersten Mal seit Samstag wieder ruhig und wache mit nur leicht erhöhter Temperatur auf. Die bestialischen Halsschmerzen sind weg. Ich muss erstmal vor Erleichterung heulen. Das hat sich wirklich angefühlt wie Glasscherben schlucken. Ich bin immer noch völlig abgeschlagen und nach jedem Gang zur Toilette muss ich mich erstmal wieder erholen. Ich bin super kurzatmig und hab einen Ruhepuls jenseits von Gut und Böse. Ich schmecke weiterhin nur süß, davon aber auch nicht alles. Cola schmeckt z.B.  nach Erde. Schokolade geht, aber da hab ich gar keinen Bock drauf. Generell schaffe ich nur mini Portiönchen und bin dann super schnell satt. Schlafen und Dösen wechseln sich heute ab.

Donnerstag – Tag 16

Ich schlafe wieder unruhiger, schwitze wieder mehr, aber die Temperatur bleibt nur leicht erhöht. Meine Nase läuft wie ein Wasserfall, der Husten ist weniger schmerzhaft, dafür holt er ordentlich bäh hervor. Die Erkenntnis, dass ich seit 5 Tagen allein im Bett liege und aktuell einfach noch kein Ende in Sicht ist, während die Menschen um mich herum fröhlich Karneval feiern, zieht mir den emotionalen Boden unter den Füßen weg. Ich heule. Fühle mich allein und unverstanden, möchte meine Kinder knuddeln und mein Haus putzen. Ich überlege sogar kurz aus dem Bett heraus am wöchentlichen Town Hall Meeting teilzunehmen. Verwerfe die Idee aber wieder. Ich kann mich weiterhin nicht 5 Minuten konzentrieren und schaffe es nicht mal, eine Serie zu gucken.

Ich freu mich über ein halbes Brötchen mit geräuchertem Knochenschinken und eines mit Bresso. Der Schinken schmeckt einfach nach gar nichts. Der Bresso leicht würzig? Ich weiß es nicht. Irgendwas scheine ich zu schmecken. Ganz viel aber auch nicht. Kaffee z.B. schmeckt nicht wie Kaffee, aber auch nicht eklig.

Ich halte dem großen Kind auf Abstand eine Predigt über Vorsicht und Konfliktprävention an Karneval und hoffe, dass ich ihn am Abend gesund, munter und nüchtern wiedersehe.

Freitag – Tag 17

Eine ruhige Nacht. Die oberen Atemwege quälen mich noch sehr, aber der Rest ist ok. Mir fehlt der pure Geschmack von Kaffee und nach wie vor sämtliche Energie. Zudem ist mein Kreislauf bröckelig, dennoch muss ich nach einer Woche im Bett endlich duschen. Allein meine Haare sind seit vergangenen Samstag nicht gekämmt worden und entsprechend ein großes Vogelnest.

Frisch geduscht fühlt es sich ein bisschen wie neu geboren an und etwas später am Tag stehe ich tief durchatmend im Garten. Danach muss ich mich direkt wieder hinlegen. Treppe hoch und runter killt mich dermaßen, dass ich mich ernsthaft frage, wie ich jemals wieder laufen gehen soll. Wird natürlich alles wieder werden, aber aktuell bin ich einfach leistungsfähig wie ein angelutschtes Gummibärchen.

Samstag – Tag 18

Eine ganze Woche ist vergangen. Bis auf eine starke Erkältung, den Geschmacksverlust und dir extreme Abgeschlagenheit haben sich alle anderen Symptome verzogen. Immerhin. Ich liege immer noch den ganzen Tag herum, da selbst längeres Sitzen anstrengt. Dennoch möchte ich heute Nachmittag einen kurzen Spaziergang wagen. Einfach frische Luft atmen. Aber keine Sorge: ich werde ultra langsam machen. Vor einigen Jahren – damals übrigens auch an Karneval – habe ich mal Eppstein Barr verschleppt und hab dafür ein CFS kassiert. Das muss ich jetzt echt nicht wieder aufblühen lassen. Ob ich ab jetzt wieder täglich blogge kann ich noch nicht versprechen. Ich mache das von meiner Tagesform abhängig.

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Pia Drießen, 1980 in Köln geboren, verheiratet und Mutter von 3 Kindern (*2009, *2010, *2012). Von Beruf freiberufliche Mediengestalterin und Bloggerin. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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