Bei Siegfried, dem Drachentöter

Heute Morgen legte Mimi einen filmreifen Tobsuchtsanfall hin, weil ihr – Achtung! – die Sonne zu hell schien. Alle Bemühungen sie zu beruhigen, ihr entgegen zu kommen und jegliches Hilfsangebot wurden gnadenlos weggekreischt. Wie eine Besessene brüllte sie das ganze Haus zusammen und ich fragte mich zum ersten Mal wirklich, was wohl die Nachbarn denken müssen. Das Ende vom Lied: ich fuhr Mimi im Nachthemd in den Kindergarten. Dort nahm ihre Lieblingserzieherin sie und den Beutel mit ihren Anziehsachen in Empfang. Ich verabschiede mich mit einem „Ich hab Dich lieb!“ und fuhr wieder heim, wo ich erstmal Rotz und Wasser heulte. So geschafft hat mich seit langer Zeit keines meiner Kinder mehr.

Um 9 Uhr rief ich im Kindergarten an, um zu hören, wie es Mimi ging. Ihre Erzieherin berichtete mir, dass sie sich ohne Murren angezogen und dann gefrühstückt hätte. Sie wäre fröhlich wie eh und je und spiele mit ihren Freundinnen. Besonders süß fand ich aber den Satz: „Ich hätte sie ohnehin gleich angerufen.“ Auf mein Nachfragen, warum das, erhielt ich ein „Na, ich kenne Sie doch. Ich weiß doch, dass Sie sich Gedanken machen.

Nach diesem Start in den Tag wollte ich unbedingt raus und etwas Schönes erleben. Diese Hilflosigkeit als Mutter, wenn nichts mehr funktioniert und scheinbar alle Tricks und Kniffe, die ich in den letzten 8 Jahren so sammeln konnte, versagen, haben mich wirklich mitgenommen. Also packten die Jungs und ich unsere Rucksäcke, zogen die Wanderschuhe an und fuhren nach Königswinter zum Drachenfels.

Wer ein echter Drachenzähmer sein will, der muss schließlich mal die Burg von Siegfried, dem Drachentöter gesehen haben.

Davon abgesehen ist es eine Schande, dass meine Jungs noch nie auf dem Drachenfels waren, obwohl dieser nur 20 Autominuten von uns entfernt liegt.

Wir stiefelten also frohgemutes den recht steilen Anstieg hinauf. Max hatte extra seine neuen Wanderstöcke mitgenommen, die ich dann aber nach nur 20 Metern wieder einpacken durfte, weil man sich damit gar nicht so wild und frei bewegen kann. Ach!

Auf halbem Wege machten wir dann eine  kurze Rast an der Nibelungenhalle und entschieden spontan, diese zu besuchen.

Neben unzähligen Gemälden zur Nibelungen Sage war dort auch ein alter schwarz-weiß Film über Siegfried und den Drachen, ein Drache aus Metall, und ein Amboss mit Schwert zu sehen.

Wunderschön, aber leider schwer zu fotografieren, waren die Glasfenster an der Kuppel der Halle, die alle 12 Sternzeichen darstellten.

Durch einen schmalen und verwinkelten Höhlengang, durch den ich Max tragen musste, weil es ihn zu sehr gruselte, erreichten wir dann einen großen Drachen aus Stein, den beide Jungs mit großen Augen bewunderten.

Natürlich haben wir dann auch jeder einen Cent in den kleinen Teich geworfen und uns etwas gewünscht. Man weiß ja nie, wofür das gut sein kann.

Auf dem Weg nach draußen kommt man dann durch ein Terrarium mit Dutzenden Schlangen, Echsen und sogar Kaimanen. Alex, der einen sehr ausgeprägten Respekt vor Spinnen hat, brachte dann noch ganz viel Mut auf, um so dicht neben der Vogelspinne zu posieren. Da war ich schon ein wenig stolz auf ihn.

Dann setzen wir unseren Weg zur Drachenburg fort, welcher letztendlich dann aber doch am Schloss Drachenburg endete. Die Jungs wollten das Schloss, das bei wunderbarem Sonnenschein wirklich einiges hermacht, unbedingt besichtigen und so tat ich ihnen gern diesen Gefallen.

In schönster Kulisse machten wir dann eine weitere Picknick-Pause und aßen erstmal unsere Brötchen auf, bevor es dann ins Schloss hinein ging.

Alex hätte sehr gerne an einer Führung teilgenommen, aber Max hatte keine Lust. Überhaupt kann man mit Alex ganz wunderbar wandern und neue Dinge erleben, während Max einfach noch sehr verspielt ist. Was aber auch in Ordnung ist. Er wird ja auch mal älter. Natürlich fand er die im Schloss liegenden Bärenfelle am spannendsten.

Nach einer ausgiebigen Besichtigung aller öffentlichen Räume bestiegen wir dann das Schloss Drachenburg so hoch es eben ging und wurden mit einem wunderschönen Ausblick auf die Köln-Bonner-Bucht belohnt.

Man konnte heute sogar den Kölner Dom und den Fernsehturm sehen und ich zeigte den Jungs, wo Niederkassel liegt. Wirklich ein toller Anblick!

Der Abstieg aus dem Turm ging dann um einiges schneller, als der Aufstieg und ich musste mich richtig beeilen, um hinterher zu kommen.

Wir gingen noch den schönen Rundweg rund um das Schloss und bestaunten es von allen Seiten. Als ich das letzte Mal hier war, wurde gerade kräftig saniert und das Außengelände lag brach. Heute war alles wirklich atemberaubend schön hergerichtet und die Gärten des Schlosses waren eine Augenweide.

Leider mussten wir uns dann aber doch langsam an den Abstieg machen, da wir Mimi pünktlich aus dem Kindergarten abholen wollten.

Da wir aber auch alle drei ordentlich Hunger hatten, machten wir noch eine kurze Rast an einer Art Imbiss-Restaurant kurz unterhalb des Schlosses.

Hier teilten wir uns zwei Waffeln und eine große Portion Pommes. Für die Jungs gab es zum Abschluss noch ein Eis und dann ging es aber wirklich endgültig bergab.

Max, der im Vorfeld viel gemeckert hatte und lieber den ganzen Tag daheim verbracht hätte, kam aus dem Schwärmen und Bewundern gar nicht mehr raus. Auch wenn der Aufstieg für seine kurzen Bein recht anstregend war, so hat es sich doch voll und ganz gelohnt. Tatsächlich hatte ich kurz überlegt mit der Drachenfelsbahn hinauf zu fahren. Letztendlich habe ich den Jungs die Existenz der Bahn aber solange verschwiegen, bis wir sie das erste Mal sahen. Und da waren wir schon fast oben.

Das nächste Mal wollen wir dann aber wirklich bis ganz nach oben und die alte Burgruine Drachenfels besuchen. Immerhin ist das ja irgendwie auch das wahre Highlight, wenn man auf den Spuren der Nibelungen Sage wandeln will.

Die Jungs sind sich jedenfalls einig, dass wir nochmal wiederkommen. Dann mit Mimi und Papa.

Mimi freute sich sehr, als wir sie aus dem Kindergarten abholten und auch mich hatte der Ausflug so geerdet, dass wir uns ganz ohne Groll oder nachtragend zu sein wieder fest in den Arm nehmen konnte. „Du bist meine allerliebste Mami„, flüsterte sie mir eben beim ins Bett bringen zu. „Und Du bist meine allerliebste Mimi.“ Und so wird dann doch alles immer wieder gut.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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16 Gedanken zu „Bei Siegfried, dem Drachentöter

  1. Mein Sohn hat heute mit meiner Schwiegermutter denselben Ausflug mit nahezu identischen Fotos gemacht. Schwert in der Hand gehalten, Cent in den Teich geworfen, Reptilien und Spinne besichtigt, Aussicht genossen und am Schluss am Imbiss Pommes und anschließend Eis. Habe gerade auf deinen Fotos geschaut, ob ich ihn irgendwo im Hintergrund entdecke, aber nein… Lustiger Zufall…

    1. Wir haben in der Nibelungenhalle einen braunhaarigen Jungen mit grauem T-Shirt und seine Oma getroffen. Die haben wir auch später im Imbiss wiedergesehen. Er blieb mir so gut in Erinnerung, weil er sich mit den Jungs gemeinsam die Tiere ansah und die drei sofort total vertraut wirkten. Das wäre ja ein Zufall!

      1. Ja, das war er. Graues Shirt und beige Hose und die Uhrzeiten passen auch. Das ist ja mal ein Zufall. Gut, dass ich nicht dabei war – ich hätte mich wahrscheinlich vor Schreck versteckt, dich nach vielen Jahren stillen Lesens leibhaftig zu sehen ;-)

  2. Ihr müsst unbedingt mal zum Schloss Leuchten dahin.
    Das ist ganz toll.
    Irgendwie kamen wir uns ein wenig wie im Cluedo Spiel vor ?

  3. Danke Danke Danke! Ich denke ja oft, dass nur meine Kinder so ausrasten und ich die schlimmste mama der Welt bin. Aber scheinbar gibt es diese Anfälle auch bei anderen und die verzweifelten Mamas ebenso!

  4. Oh ein Stück Heimat, danke fürs Mitnehmen! Und sehr ermutigend, dass du den zehrenden Start in den Tag in was Positives umwandeln konntest ??Ein Tripp nach ganz oben könnte euch aber enttäuschen, denn es ist wirklich schade, was mit dem Drachenfels selber passiert ist, das sieht mittlerweile aus, wie eine Ausflugsdampfer-Anlegestelle da oben…

  5. Ich habe viel Zeit dort verbracht während meiner Diplomarbeit. Da werden wieder Erinnerungen wach! Als Ruine finde ich die Löwenburg fast noch spannender. Irgendwann will ich meinen Kindern das auch mal zeigen.

  6. Ach war das süß, ich hatte zum Schluß sogar ein bißchen Pipi in den Augen. So sehr man doch auf die kleinen „Rumpelstielzchen“ böse sein kann, sie haben einen gelehrt, dass man nicht nachtragend sein darf denn hinter der nächsten Ecke ist alles wieder gut.
    Rumpelstielzchen sage ich übrigens immer zu meiner Maus, wenn sie mal wieder kleine Hörner bekommt. Das kann sie gar nicht leiden *hihihi*

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