Glück ist geschlechtsneutral

Auf Twitter hatte ich heute morgen eine kurze Unterhaltung über das Wort „Feminismus“. Glücklich scheitern ruft zu einer Interview-Reihe in ihrem Blog auf, in welchem sie Feministinnen interviewen möchte. Mir stellte sich daraufhin die Frage, ob ich eigentlich auch Feministin bin? Also von außen betrachtet. Denn letztendlich ist Feminismus immer noch ein sehr medial geprägter Begriff, in dem ich mich nicht wiederfinde. Also generell. Auf der anderen Seite habe ich meine persönliche Definition von Feminismus und laut dieser bin ich das durchaus: Feministin.

Feminismus bedeutet für mich ein selbstbestimmtes, gleichberechtigtes Leben zu führen. Gleichberechtigt ist für mich nur das, was das Wort auch sagt: ich habe die gleichen Rechte, wie ein Mann. Ich muss diese aber nicht wahrnehmen. Wenn ich mich dazu entscheide, nur noch in Teilzeit zu arbeiten, um mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen zu können, als das z.B. mein Mann es auf Grund seines Vollzeitjobs kann, dann ist das selbstbestimmt. Würde ich mich dazu entschließen Hausfrau zu sein, dann wäre das ebenso selbstbestimmt und auch dann wäre ich nach meiner Definition feministisch. Also immer dann, wenn ich meine Möglichkeiten und Rechte nutze und freiwillig tue, was ich möchte. Als ich 2001 zur Bundeswehr ging, waren wir die allerersten Frauen, die in der Kampftruppe dienen durften. Diese Zeit hat mich gelehrt, dass Feminismus von der Gesellschaft auch ganz schnell mit Verlust der Weiblichkeit gleichgestellt wird. Wenn Du dasselbe wie ein Mann tun möchtest, musst Du Dich auch so verhalten. So der Tenor. Und dies ist der Grund, warum ich mich mit dem Begriff bis heute so schwer tue.

Feminismus ist für mich nicht, die Rolle eines Mannes zu übernehmen. Ebenso wenig das Rollenempfinden meiner Kinder zu beeinflussen. Wenn meine Jungs rangeln, schießen und piauuffpengkrawummrööms!-Geräusche machen, ermahne ich sie nicht zu einen sittsameren, ruhigeren Spiel (außer meine Nerven fordern ganz dringend etwas mehr Ruhe). Ebenso ermutige ich das Meedchen nicht wilder und waghalsiger zu sein, als sie es von sich aus ist. Ebenso wenig würde ich das Meedchen bremsen, wenn sie KRAWUMM-artig spielen würde oder die Jungs vom Vater-Mutter-Kind-Spiel abhalten. Grob gesagt: bei aller Kritik an kulturell und gesellschaftlich vorgegebenen Geschlechterrollen sollte man die biologisch/evolutionistisch  gegebene Geschlechterrolle nicht unbeachtet lassen und ihr Raum und Möglichkeit geben, sich von außen ungestört zu entwickeln.

Jungs und Mädchen, Männer und Frauen, sind unterschiedlich. Nicht nur äußerlich. Ihr Hormonhaushalt ist unterschiedlich. Ebenso ihre physische und psychische Entwicklung. 

Unsere Jungs orientieren sich stark an ihrem Papa, was Verhalten und Rollenbild angeht. Obwohl sie die meiste Zeit mit mir verbringen. Sie orientieren sich aber auch an den älteren Jungs im Kindergarten und bringen Spiele mit nach Hause, die sie von dort kennen. Wenn ich sie also vollkommen neutral erziehen wollen würde, müsste ich sie unter Verschluss halten und dürfte sie nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben lassen. Und selbst dann würden sie sich vermutlich auf mich und meine Rolle fixieren. Kinder bauchen Vorbilder!  Und was ich tun kann, ist ihnen Selbstbestimmung vorzuleben und mitzugeben. 

Meine Tochter soll später die selben Rechte haben, wie meine Söhne. In jedem Bereich. Dabei soll sie aber nicht gezwungen sein, ihre Weiblichkeit aufgeben zu müssen, um den selben Stellenwert wie ein Mann zu erlangen. Sie soll Soldat, Maurer, Schornsteinfeger oder sonst was sein dürfen, ohne dafür belächelt zu werden. Weder von der Gesellschaft, noch von ihren Kollegen. Und meine Jungs sollen ebenso selbstbestimmt über ihr Leben entscheiden können, ohne für Weicheier oder Homosexuelle gehalten zu werden, nur weil sie vielleicht einen Beruf wählen, den überwiegend Frauen ausüben. Erzieher, Frisör, Krankenpfleger etc. Und das ist ja nur ein Bereich des Lebens. 

Insofern finde ich das Wort „Feminismus“ für den Umbruch, den unsere Gesellschaft langsam erfährt, gar nicht mehr zeitgemäß. Wir bräuchten viel mehr ein Wort, dass sich von den Geschlechtern löst und für Selbstbestimmung der eigenen Lebenssituation generell steht. 

Wenn mich also jemand fragt, ob ich Feministin bin, dann würde ich im Moment wohl antworten: „Ich bin glücklich!“

Denn ich habe das Recht und die Möglichkeit, mein Leben und die Rolle die ich darin spielen will, so zu gestalten, wie ich es möchte. Und Glück ist und bleibt geschlechtsneutral.

Disclaimer: alles in allem ist dieser Beitrag wirrer geworden, als ich gewollt habe. Es wären noch hundert kleine Sachen anzumerken, um ihn auch wirklich so verständlich zu machen, wie ich ihn gerne hätte. Aber ich bekomm die Kurve einfach nicht. Also nehmen sie, was ich bieten kann.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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13 Gedanken zu „Glück ist geschlechtsneutral

  1. Für meine Tochter möchte ich gerne, dass sie geschlechtsneutral aufwächst und ihre Chancen nach ihren Neigungen wahrnehmen kann und nicht nach irgendwelchen Rollenklischees. Deshalb soll sie ebenso in der Puppenküche spielen, wie mir beim Fahrradreparieren helfen.
    Sie soll sehen, dass es genau so normal ist, dass ihr Vater kocht, wie es auch normal ist, dass ihre Mutter den Fahrradreifen flickt.

    Mir hat diese Art der Erziehung ermöglicht, dass ich heute in einem klassischen Männerberuf arbeite und gar nichts anderes machen möchte.

  2. Ich kann deine meinung nur unterstützen. Als ich mit meinem Geologie-Studium begonnen habe, war es für mich das Normalste der Welt für meine männlichen Kommilitonen auch. Nur als ich in die weite Welt hinauszog, gab´s Probleme: Als Frau in der Geologie Fuß zu fassen, ist mir nicht gelungen. Stattdessen bin ich völlig artfremd unter Männern gelandet, die Gleichberechtigung als Selbstverständlichkeit leben. Hier in diesem Betrieb höre ich so oft: „Mach doch einfach! Was hindert dich daran?“ und genau das ist Feminismus für mich. Ich entscheide, was ich will und werde in meinen Entscheidungen nicht behindert.
    Danke für diesen Beitrag
    Idifix

  3. Also, ich bin ganz klar Feministin. Ganz einfach, weil ich, wie du, für die Gleichstellung von Mann und Frau bin. Das bedeutet nicht Gleichmacherei, sondern eben, dass jeder und jede die gleichen Chancen und Möglichkeiten hat das eigene Leben zu gestalten ohne wegen des Geschlechts auf bestimmte Rollen beschränkt zu werden.
    Dass sich Jungs (aber natürlich auch Mädchen) an Vätern orientieren ist natürlich, bedeutet aber nicht unbedingt, dass sie sich deshalb an „als männlich geltenden“ Rollenbildern orientieren, sondern daran, was ihnen ganz individuell vorgelebt wird. Mein Mann ist zur Zeit in Elternzeit, das bedeutet, dass meine drei Jungs es als „normal“ empfinden, dass Papa im Moment Zuhause ist.
    Ich verbiete meinen Söhnen auch nicht das „wilde Spielen“, biete ihnen aber auch andere Dinge an, z.B. Bastelkram, Puppen, gemeinsames Backen usw. Ich werde ja schon komisch angeguckt, weil meine beiden Kleinen rot tragen (finde ich eine „neutrale“ Farbe) und mein Großer (fast 16) seine Wäsche selber wäscht.
    Kinder sollten einfach nach ihrem Wesen, ihren Talenten und ihrem Vorlieben gefördert werden und nicht nach einer von der Gesellschaft vorgegebenen Rolle. Nichts anderes meint z.B. Gender Mainstreaming. Dass Feminismus und GM so einen schlechten Ruf hat, hat auch mit der Abgabe von Privilegien zu tun. Wenn die Frauen für den Haushalt & die Kinder nicht mehr alleine zuständig sein wollen, müssen die Männer ran. Wenn Frauen in höhere Positionen streben, gibts weniger Stellen für die Männer usw.
    Ich finde es schade, dass es eine solche Spaltung auch unter den Frauen gibt, denn eigentlich sind wir ja (fast alle) auf der gleichen Seite.

    Liebe Grüße, Katharina

    1. wie ging das mit dem waschen des 16-jährigen? ist achteinhalb zu früh, um ihm das nahe zu bringen? (ich bin hier schon exotin, weil meine ihr turnzeug selbst parat machen müssen und überhaupt selbst für ihr schulzeug verantwortlich sind.)

      1. Er wäscht seit ungefähr vier Jahren seine Wäsche und es klappt gut.
        Versuch es doch einfach. Neues und dann noch mit großen Maschinen finden Kinder doch eigentlich immer interessant. :-)
        Viel Erfolg!

  4. Chapeau.
    Sehr schön formuliert.
    Und nein, ich finde es garnicht wirr, ich kann die Gedankengänge gut nachvollziehen. Hätte es aber nicht so schön ausdrücken können.
    Danke für diesen Beitrag, er spricht mir aus der Seele.
    Ganz liebe Grüße
    Tanja

    (die auch in einem eher „männlichen“ Sektor arbeitet)

  5. vom Grundsatz her finde ich das so auch.
    Aber das Leben hinkt dem in der Ausführung finde ich noch etwas her.
    Ich fände gleiche Gehälter bei gleicher Arbeit noch einen extremen Fortschritt, da sind wir leider noch weit von entfernt.
    Und, das was du sagst auch deine Söhne könnten ja in die sogenannten Frauenberufe gehen (Erzieher, Krankenbruder?, Hebammerisch?, Arzthelfer) das machen doch deswegen so wenige Männer, weil man damit einfach keine Familie ernähren kann. Auch als alleinverdienende Mutter kann man davon keine Familie ernähren. Da sehe ich noch Bedarf an Verbesserung!
    Die Welt ist heute schon offener geworden was gleiche Rechte angeht, aber es könnte schon noch einiges selbstverständlicher werden.

    Mein Sohn wollte als er klein war ja immer Mutter werden wenn er groß ist!

    Am einfachsten ist es ja evtl. wenn wir einfach alle Mensch sind. Geschlechtsneutral.

    Ich fänd es schön, wenn es wirklich bereits so wäre das man die freie Wahl hat, aber beruflich gibt es doch auch heute noch viele Chefs die Frauen im fruchtbaren Alter anders einsetzen als Männer – die könnte ja ausfallen. Und berufstätige Mütter sind auch im Job nicht immer gleichberechtigt. Und man muss ja auch tatsächlich flexibel sein. Der Obergau mit kranken Kindern kann ja passieren. Da sieht man bei Vätern nach wie vor mit einem anderen Blick drauf.

    LG
    Claudia

  6. „Würde ich mich dazu entschließen Hausfrau zu sein, dann wäre das ebenso selbstbestimmt“

    – Ich glaube, es fehlt hier noch eine wichtige Frage: WARUM würdest du dich entscheiden, Hausfrau zu sein? Denn oft kann es aussehen wie Selbstbestimmung, während in Wirklichkeit die Erwartungen – von Außen und auch von Innen! – so einen Druck ausüben können, dass die Entscheidung fremdbestimmt ist.
    Ich z.B. wollte als Junge mal Gärtner werden, habe dann aber davon abgelassen, weil ich dachte, ich könne damit ja keine Familie ernähren. Darin zeigte sich die Erwartung, dass ich eine Familie ernähren können müsste. Diese Erwartung aber kommt ja von der Gesellschaft, nicht von mir. Ich habe sie dann aber angenommen und als – vermeintlich meine – Erwartung an mich selbst gestellt. Deshalb wirkte das zwar wie eine selbstbestimmte Entscheidung; tatsächlich aber war ich viel fremdbestimmter, als ich dachte, und habe meine Entscheidung aufgrund ursprünglich gesellschaftlicher Erwartungen gefällt – was sich dann ja leider wieder passend in die traditionelle Geschlechterrollen einfügte.
    Um Kritiken vorweg zu nehmen: Hausfrau wollen zu werden steht nicht im Widerspruch zur Emanzipation der Geschlechter/der Frau. Trotzdem ist es, glaube ich, wichtig, dabei immer zu reflektieren, woher diese Entscheidung kommt und was sie beeinflusst – oder sogar bestimmt – hat.

  7. es ist sehr einfach sich freiwillig für den typisch weiblichen weg zu entscheiden. die barrieren, die sich da auftun sind äußerst gering. schwierig wird es, wenn man da ausbrechen und die rollen tauschen will.
    solange die gender gap in der bezahlung in deutschland so groß ist, gibt es keine gleichberechtigung. und solange chauvinistische alte säcke bestimmen wer nach oben kommt, haben es frauen schwer.

  8. @hanswurst
    wenn man keine Frau ist, sieht es vielleicht so aus als wäre es einfach sich für den „typisch weiblichen “ Weg zu entscheiden.
    Was ist denn heute der typisch weibliche Weg?

    Falls es der ist, Hausfrau und Mutter zu werden – der ist sicher nicht einfach! Kommt natürlich immer auf die Situationen an. „nur“ 1 Kind, Mann mit gutem Verdienst der auch noch ein netter Kerl ist- dann ist evtl. einfach.
    Sobald man mehr als 1 Kind hat und ggf. noch Haus und Garten – dann ist das auch nicht mehr einfach sondern ein Fulltime Knochenjob wenn man ihn denn gut machen möchte!
    Sollte Hanswurst vielleicht mal ausprobieren.

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