Den folgenden Text schrieb ich während des ersten Afghanistan-Einsatzes des Miezmannes 2010. Der Quietschbeu war knapp 15 Monate alt. Das Löwenmaul 2 Monate. Die Zeit war schwer und tat weh. Da war wenig Ablenkung und viel Eintönigkeit. Zu wenig verbale Kommunikation mit den Kindern, da diese nicht sprechen konnten. Zu wenig soziale Kontakte, da immer nur gearbeitet und gerade so Mutter geworden, von einem Kind, das Gesellschaft Dritter ablehnte. Ich war einsam. Einsam mit Kindern.
Bei all der Erschöpfung und Angst der letzten Monate und Wochen: einsam bin ich heute nicht mehr. Ich habe meine wunderbaren, quasselnden Kinder und wundervolle Freunde. Und ganz bald ist auch mein Mann wieder Teil unseres Alltags. Aber der Text da, der erinnert mich daran, dass ich emotional schon ausgelaugter war, als jetzt gerade. Und dass ich auch das geschafft habe.
Blick nach vorne. Auf auf!
[Wochenende.]
Original veröffentlicht am 25.09.2010
Wochenenden. Früher habe ich sie geliebt. Freizeit genießen. Lesen, Fernsehen, Dinge tun, für die man unter der Woche keine Zeit hatte. Gemeinsame Zeit verbringen.
[Gemeinsam.]
Nun wird meine Stimmung schon donnerstags dunkler, unruhiger. Kein gemeinsames Nutellafrühstück. Heute vergaß ich es sogar ganz und der große Sohn musste ein Wurstbrot zum Frühstück essen. Gut, dass dem das noch egal ist. Er hat ja jeden Tag Wochenende einen Wochentag. Der Glückliche.
[Glück.]
Diese dunklen Wolken des Vermissens ziehen manchmal schneller auf, als man „Guck ma‘, Sonne!“ sagen kann. Dann eben Regen. Fallen die Tränen nicht auf, die ich selbstbemitleidende Heulsuse Dir hinterher weine.
[Heulen.]
Obwohl, hinterher ist nicht richtig. Mal heult Dingen hinterher, die unwiederbringlich verloren gehen. Und das bist Du ja nicht. Du bist ja da, nur eben nicht hier. Im Moment.
[Moment.]
Zwei Schritte vor, einer zurück. Wir bewegen uns vorwärts, wenn auch langsam. Soundso viele Tage erst, denk ich. Wo ist mein Optimismus nur geblieben. So bin ich nicht. Eigentlich.
[So nicht.]
„Dud dud!“ sagt der große Sohn und drückt seinen Daumen auf meine Nase. Ich lächle.
[Lächeln.]
Nürnbergerwürstchen mit Bratkartoffeln zum Abendbrot. Weil er das so gerne mag. Dazwischen Spazieren, Baden, Tierstimmen imitieren. Den Esel und die Ziege kann ich besonders gut. Er lacht dann.
[Lachen.]
Irgendwann hat auch diese Zeit ein Ende. Nutellafrühstücke, die nicht vergessen werden. Kein Vermissen, keine dunklen Wolken. Irgendwann hat das ein Ende. Irgendwann sind diese schier unendlichen Wochen verstrichen und Du bist wieder hier, bei uns.
[Wochenende.]
***
Einer meiner Texte, der mir selber beim Lesen Tränen in die Augen treibt. Soviel Schmerz. Soviel Vermissen. Damals. Wie heute. [zwischen den Zeilen lesen Sie: Liebeserklärung an meinen Mann. Den Besten!]
Es ist gut, sich zu erinnern. Und zu wissen, dass selbst dunkle Täler irgendwann durchschritten sind. Das macht jeden dunklen Moment schon wieder ein wenig lichter. <3
Abgesehen von all der Traurigkeit, dem vielen Vermissen und der Einsamkeit – die Liebeserklärung an den Mann war in jeder Zeile zu lesen. Hach. Das ist doch was. Mehr als vieles.
Alles Liebe und weiterhin so gut nach vorne schauen!
ich liebe deine texte. auch wenn hier wirklich viel schmerz drin liegt, so bewundere ich, wie du ihn durch worte vermitteln kannst.
(„da geht doch was“ bleibt aber dennoch mein lieblingstext ;-) )
Ja, den werde ich auch nochmal veröffentlichen :)
Es ist ein großes Glück, so tief empfinden zu können… für einen Menschen, der nicht das eigen Fleisch und Blut ist. Halt es fest! :-)
LG
Rike
Hallo Mama Miez,
ich musste beim lesen mehrmals schlucken. Das liest sich schon sehr schmerzhaft, was du da durchmachen musstest. Schmerzhaft fürs Miezherzchen. Dennoch finde ich es 1. unglaublich schön geschrieben und 2. sehr wichtig, solche Erinnerungen zu haben und sich diese hin und wieder ins Gedächnis zu rufen.
Alles Liebe,
DieLouni