Mimi heult.

Mimi heult. Den ganzen Tag. Vom Aufstehen bis zum Zubettgehen. Seit Wochen. Mimi ist jetzt genau 4 Jahre, 5 Monate, 1 Woche und 3 Tage alt. Und wenn all meine Theorien um das 5-Jahre-Update stimmen, haben wir noch ein anstrengendes halbes Jahr vor uns.

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Über was man alles in Wutgeheul verfallen kann ist immer wieder erstaunlich. Ob es die Reihenfolge ist, in der ich die Kinder morgens wecke („Immer weckst Du mich zuerst!“ vs. „Ich will nicht immer als erste/zweite geweckt werden!„), die Dinge, die ich ihr in die Brotdose packe („Ich will nicht immer Brot/Gurke/Jogurt/Banane/wasauchimmergeradeinderDoseist!„), der Zeitpunkt, zu dem ich sie aus dem Kindergarten abhole („Wieso kommst Du immer so früh?“ vs. „Immer kommst Du so spät!“ obwohl es immer 15:30 Uhr ist), die Unternehmung für den Nachmittag („Ich will nicht immer nach Hause!“ vs. „Ich will nicht immer was unternehmen!„).

Arme Mimi. Immer will die Mama sie nur ärgern. Dabei ist es eigentlich sie, die hier momentan überwiegend für Streit unter den Geschwistern sorgt. So bringt sie es fertig, sich heulend auf den Badezimmerfußboden zu legen und zu schreien, der große Bruder würde sie ärgern, während der sie, mit der Zahnbürste im Mund über das Waschbecken gebeugt, nur ungläubig anstarrt.

Nun ist Alex jemand, der Ungerechtigkeiten überhaupt gar nicht ertragen kann. Das weiß Mimi ganz genau und so ist er sozusagen ihr alltime favorite, wenn es darum, ihn zu Unrecht mit irgendwas zu beschuldigen. Der flippt nämlich dann so schön aus, verteidigt sich lautstark und wird zum Schluss von uns Eltern noch zurecht gewiesen, weil er eben so ausflippt.

Es ist wirklich nicht ganz leicht in solchen Momenten als Eltern gerecht zu agieren/reagieren. Viele Streitigkeiten bekommen wir auch erst mit, wenn sie laut werden. Und dann mit Sicherheit zu sagen, wer jetzt da die steuernde Kraft war, ist schier unmöglich. Also versuchen wir uns so gut es geht eben raus zu halten. Grundsätzlich sollen die Kinder ihre Streitigkeiten ohnehin selber klären. Nur wie klärt man einen Streit, der mit Unterstellungen und Unwahrheiten künstlich herbei geführt wird? Ich könnte das nur sehr schwer, wie soll ich das da von meinem 7-Jährigen erwarten?

Sie ist im Moment schon eine ziemliche Gräte, unsere Mimi.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Jungs von ihrer Schwester derzeit dezent genervt sind.

Die Jungs hören eine CD: Mimi singt lauthals.

Die Jungs schreiben/malen/basteln: Mimi trägt Stifte, Kleber, Schere, usw. nach und nach aus dem Raum.

Die Jungs schauen Fernsehen: Mimi tanzt vor dem Fernseher.

Immer wieder schön auch diese Situation: man (also irgendein Familienmitglied) sitzt auf der Toilette und es dauert etwas. Mimi kommt rein, zieh eine weinerliche Schnute und sagt „Ich muss aufs Klo!“ „Ich bin gleich fertig.“ „Ich muss jetzt! Ich spür schon wie es kommt!“ Und wenn man dann nicht schnell genug reagiert setzt sie noch ein „MIT KACKA!!!“ hinterher. Selbstredens macht sie dann in einer 5-Minuten-Sitzung nur 3 Tröpfchen Pipi und ganz und gar kein Kacka, während man sich selber versucht einen Knoten in den Enddarm zu denken.

Worüber Mimi nicht mehr heult und diskutiert: was und dass sie überhaupt etwas anziehen soll. Hose, Schuhe, Jacke … alles kein Problem mehr! Das muss man ja auch mal festhalten. Auch hat sie keine panische Angst mehr vor jeglichem Getier und ist diesbezüglich eher zur wahren Tierliebhaberin mutiert. An der Straße geht sie vorbildlich an meiner Hand oder zumindest neben mir und achtet penibel darauf, dass sie nicht an der Straßenseite geht.

Also im Grunde kann ich schon sagen, dass alle Konsequenz und Ignoranz (je nachdem was eben angebracht war) irgendwas gebracht haben.
Wer sich nun fragt, wie ernst es Mimi mit dem Heulen wirklich ist und ob wir sie womöglich einfach nicht ernst genug nehmen, dem möchte ich diese Situation nicht vorenthalten:

Aber wenn Mimi ihren Brüdern auf dem Schulhof um den Hals fällt oder sich einfach so und ganz unvermittelt auf dem Sofa sitzend an sie kuschelt, dann ist das alles gar nicht mehr so schlimm. Wenn Mimi mir abends sagt, wie sehr sie mich lieb hat und dass ich ihre beste und tollste Mama der Welt bin, dann ist das alles gar nicht mehr so schlimm. Wenn Mimi lauthals und gackernd lacht, dann ist das alles gar nicht mehr so schlimm. Wenn Mimi einem die fünfunddreißigste, zu einem Palast, Zauberstab oder Fernrohr verbastelte Klopapprolle schenkt, dann ist das alles gar nicht mehr so schlimm. Wenn Mimi bei dm/Bäcker an der Kasse fragt, ob sie für ihre Brüder auch ein Traubzuckerbonbon/Lolli haben darf, dann ist das alles gar nicht mehr so schlimm.

Also, im Grunde, wenn man es genauer betrachtet, ist das alles gar nicht so schlimm. Mimi heult halt. Na und?

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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28 Gedanken zu „Mimi heult.

  1. Die Große wird bald 7 und ist genau so!!!! Immer muss sie alles!!! machen und nie!!! bekommt sie das, was der Kleine bekommt. Egal was man wie, warum und wieso auch immer macht. Es ist selten richtig. Aaaaaber: Es sind bei mir 2 besondere Kinder und somit nicht mit eigentlich gleich alten Kindern zu vergleichen. Die zwei entwickeln sich und wenn ich lese, mit wie viel Liebe du von deinen Kindern schreibst, dann blutet mir das Herz, weil unsere 2 das auch so verdient hätten. Und das von Anfang an. Und nicht erst seit wenigen Monaten. Klar ist es stressig, anstrengend usw. Allerdings zeigt die Entwicklung von beiden Kindern, dass sich mein täglicher Einsatz und Kampf mit Schule und Kita lohnt.

  2. Liebe Pia,
    Bei uns scheint das 5-Jahres-Update kaputt so sein. Du beschreibst gerade unsere 5,5 Tochter. Ich fürchte mich heute schon vor der Pubertät!

  3. Diese Phase würde ich bei K3 am liebsten auslassen, aber leider gibt es kein Phasenwunschkonzert. K2 hat schon ordentlich vorgelegt, deshalb sollte mich nichts mehr vom Hocker hauen. Aber, Muttis Nervenkostüm ist nun mal Tagesformabhängig… Halte durch!! ?

  4. Als ich deinen Beitrag vor einem Jahr gelesen habe, dachte ich „oje, unser Sohn könnte auch mal so werden“ (er ist ein knappes Jahr jünger als Mimi) und nun sehe ich – jep, er ist genau so. Von daher bin ich dir sehr dankbar für das Hoffnung säen mit dem 5-Jahres-Update. Aber du beschreibst es so treffend, trotz allem, dann macht er plötzlich etwas ultrasüsses und das Mamiherz vergisst ganz schnell… ;-)

  5. Liebe Pia,

    meine mittlere Tochter ist nur ein paar Tage älter als Eure Mimi, ich hätte glatt den Namen Ronja einsetzen können und es hätte so ziemlich alles gepasst

    Irgendwie beruhigt es mich zu lesen, dass es wohl normal ist und es nicht an mir als alleinerziehende Mama mit ewig schlechtem Gewissen liegt.

    Das mit dem update zum 5. Geburtstag muss ich mir nochmal genauer anschauen?

    Danke Dir.

  6. Hihi. Diese Heulerei-Phase mit „immer muss ich…“, „nie darf ich…“ haben wir auch gerade. Kunststück bei 2 Tagen Alters-Unterschied, würde ich behaupten. Verbunden mit Nerverei und ständigen Diskussionen. Einziger Unterschied ist, dass unsere die große Schwester ist (seit knapp 4 Wochen).

  7. Das Ende ist natürlich zuckersüß geschrieben. Und wenn ich überlege, dass ich erst kürzlich bei dir gefragt habe, wie ich denn mit meinem Rumpelstielzchen umgehen sollte, finde ich die Geschichte wieder höchstamüsant, da ich das ja genauso erlebe, nur halt eben momentan noch 1 Jahr jünger.
    Mir wurde auch gestern mitgeteilt, dass es scheinbar ein kleiner Trend bei ein paar Kids geworden ist (u.a. natürlich bei meiner) wutentbrannt das einzufordern, was man eben gerade möchte und das lauthals und so doll, dass man hustend um Luft ringt. Nicht nach Lollis oder ähnlichem … sondern wegen Nichtigkeiten.
    Wobei ich mich dank dir, nicht mehr so auf das Gebrüll einlasse oder besser, versuche ruhiger zu bleiben.
    Wie gesagt die Kita und auch wir sind dabei, das wieder abzutrainieren. Wird hart, aber ich hoffe immer noch auf deine 5-jahres Wende ;-)

  8. Ha von wegen 5 Jagres Update. Mein 5jähriger heult immernoch von früh bis spät. Die Erzieherinnen im Kiga berichten einhellig, dass das Vorschuljahr am schlimmsten sei, weil die Kinder da regelmäßig am Rad drehen.

    1. Vorschulkind ist ja noch mal was anderes. Heulen tun sie in der Regel dann ja nicht mehr wegen jedem Pups, sondern sie beginnen Gemeinschaftsregeln in Frage zu stellen oder auszuhebeln. Aber die Heulerei war hier einhellig mit 5 vorbei.

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