Pipifax? Vom Leben mit 3 Kleinkindern.

Gestern Abend erhielt ich eine E-Mail von einer Leserin, die mich bat, doch nochmal über die letzten Jahre mit 3 Kleinkindern zu reflektieren. Aus persönlichen Gründen. Sie schloss mit dem Satz: „Eigentlich will ich nur hören, dass das alles Pipifax ist und ich das mit links hinkriege.“ Nun, ich will mal vorweg nehmen: Pipifax ist es nicht, aber man kann das mit Links schafft. Ist aber einfacher, wenn man die Rechte auch zur Hilfe nimmt ;)

Als das Meedchen geboren wurde, war der Quietschbeu gerade 3 Jahre und das Löwenmaul 22 Monate alt. Wir waren somit knapp an 3 unter 3 vorbei gesegelt, was aber faktisch auch keinen Unterschied gemacht hätte. Der Quietschbeu war gerade Trocken geworden und hatte sich vom Nuckel entwöhnt. Es war ein sehr großer Entwicklungssprung, der viel Unruhe in den kleinen Kerl brachte. Dazu die neue Situation mit der kleinen Babyschwester und der Kindergartengruppenwechsel von der U3 in die Ü3. Und doch, wenn ich mich zurück erinnere und auch im Blog zurück lese, so empfinde ich diese erste Zeit mit Baby und 2 Kleinkindern als nicht wesentlich anstrengender, als die Zeit mit nur 2 Kleinkindern oder jetzt mit 3 Kleinkindern (darf man den Quietschbeu eigentlich noch Kleinkind nennen? Ist der nicht schon ein großes Kind?).

Ich bin jemand, der die Babyzeit ab dem zweiten Kind, also mit ner Menge an guten und schlechten Erfahrungen, sehr genießen konnte. Auch das Wissen, dass sie in aller Regel mit 2 Jahren anstregender werden, als sie es als Baby waren, ließ mich diese pflegeleichte Phase sehr genießen. Pflegeleicht. Jaja. Ich höre ihr spöttisches Lachen, lieber Leser. Die schlafen nicht durch, wollen permanent Trinken, Kotzen und Kacken sich ständig voll und haben Befindlichkeiten wie Bauchweh, Überreizung, Zahnungsschmerz etc. … diese Babys. Wo ist das denn pflegeleicht? Nun, ich möchte so gegen argumentieren: wenn man die Bedürfnisse des Babys annimmt und befriedigt, entgegen aller altklugen Ratschläge wie „Du verwöhnst Dein Baby, das wird ein Tyrann!“, dann sind sie tatsächlich recht pflegeleicht. Dass Babys nicht durchschlafen ist kein Geheimnis. Dass sie sehr regelmäßig und häufig Hunger haben auch nicht. 

So ein 2-jähriges ist da anders. Das ist müde, will aber partout nicht schlafen und wehrt sich mit Händen und Füßen. Das hat Hunger, will aber grundsätzlich nicht das, was man ihm anbietet. Überspitzt dargestellt natürlich. Mitten in der Autonomiephase hat man einige Machtkämpfen auszufechten, die man eben nicht einfach so mit Bedürfnisbefriedigung lösen kann. Weil die Kinder oft selber nicht wissen, was eigentlich gerade ihr Bedürfnis ist. Trotzdem habe ich die Zeit zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr immer sehr genossen. Sie machen wahnsinnige Entwicklungssprünge, lernen Sprechen und entwickeln ihren eigenen Willen. Sie entdecken die Welt mit ihren wundervoll glänzenden Kinderaugen, staunen über Hummeln und bunte Blumen. Ihre Gefühlswelt reift in vielerlei Facetten aus und wird für uns greifbarer. Ja, doch, ich behauptet auch, dass dieses Alter einen deutlich mehr fordert, als das Babyalter. 

Ich habe es schon zeitweise als sehr anstregend empfunden, den großen Kleinkinder gerecht zu werden, wenn das Babymeedchen vor Hunger, voller Windel oder vor Müdigkeit weinte. Die Jungs mussten oftmals zurück stecken und warten, was sie mal besser und mal schlechter mitmachten. Es gab schon einige turbulente Momente, in denen ich ganz schön ins Schleudern kam. Das meiste jedoch ist tatsächlich eine Frage der Organisation. 

Einkaufen mit drei Kindern zum Beispiel. Das Meedchen nahm ich in die Trage, das Löwenmaul setzte ich in den Einkaufswagen und der Quietschbeu lief entweder nebenher oder saß auch im Einkaufswagen.

Die Kinder ins Bett zu bringen erwies sich mit einem festen Ritual auch schnell als weniger problematisch. Hier kam uns zu Gute, dass die Jungs eh in einem gemeinsamen Zimmer bzw. sogar Bett schliefen. Ich konnte ihnen gleichzeitig eine Geschichte vorlesen, während das Meedchen auf der Bettdecke lag und zuschaute. Als sie agiler wurde lag sie auf der Erde oder erkundete das Zimmer. Erst nachdem ich die Jungs ins Bett gebracht hatte, habe ich das Meedchen hingelegt, was je nach Tagesform mal schneller ging oder länger dauerte.

3 Kinder an befahrener Straße ins Auto zu setzen war auch kein Hexenwerk. Das Löwenmaul saß in dieser Zeit hinter dem Beifahrer, also zur Fußwegseite, da das Anschnallen bei ihm am längsten dauerte. Das Meedchen saß in ihrem Maxi Cosi, den ich mit einem Handgriff auf die Base klicken konnte, hinter dem Fahrer an der Straßenseite. Der Quietschbeu saß in der Mitte, konnte vom Fußweg aus einsteigen und lernte recht schnell, sich selber anzuschnallen, so dass ich die Gurte nur noch festziehen musste.

Rückblickend möchte ich behaupten, dass das Anstregendste für mich als Mutter die Herausforderung war, das Seelenleben der Kinder im Gleichgewicht zu halten. Beide Jungs mussten sich mit der Geburt der kleinen Schwester neu positionieren. Vom Quietschbeu wurde plötzlich deutlich mehr Selbstständigkeit eingefordert und das Löwenmaul war nicht mehr das Nesthäkchen. Zudem begannen Quietschbeu und Löwenmaul in dieser Zeit auch miteinander zu agieren, was sowohl das gemeinsame Spiel wie auch das Streiten beinhaltete. Ständiges Vergleichen und von einender Abgrenzen strengte beide an. Ich habe das in meinem jugendlichen Leichtsinn anfänglich unterschätzt. Ein Geschwisterkind mit selbem Geschlecht und im nahezu selben Alter zu haben, führt natürlich dazu, dass man sich miteinander vergleicht und misst. Ich war daher immer sehr froh, dass die Jungs sich so wenig ähnlich sehen. Ich denke, dass hat es ihnen oftmals erleichter, sich voneinander abzugrenzen und als Individuum wahrzunehmen.

Jetzt, wo das Meedchen bereits 2 Jahre alt ist, ganz deutlich ihren eigenen Willen und Unwillen äußert und mitten in der „Selba!“-Phase steckt, vermisse ich schon die unkomplizierte Babyzeit. Dafür genieße ich aber die Selbstständigkeit und Unterstützung der Jungs. Wir sind alle morgens viel schneller fertig, seit sie sich selber Waschen und Anziehen. Manchmal entlastet der Quietschbeu mich, indem er den Geschwistern Brote schmiert oder das Wohnzimmer saugt. Er tut das gerne und freiwillig. Derweil kümmert sich das Löwenmaul vorbildlich um das Meedchen, spielt mit ihr  (Einer ihrer häufigsten Sätze ist „Jusus, spiele mid meina, büdde?„) ihre Spiele, gibt ihr etwas zu trinken oder hilft beim Anziehen, wenn es mal hakt. 

Ich liebe es meine drei Kinder interagieren zu sehen. Wie die Jungs gemeinsam Fantasiewelten kreieren, wie alle drei gemeinsam lachen, wie sie sich vermissen, wenn mal einer ein anderes Nachmittagsprogramm hat und wie sie sich freuen, wenn sie sich dann wieder sehen. Natürlich gibt es auch Streit. Irgendwo habe ich mal gelesen, Geschwister zwischen 3 und 5 Jahren würden alle 10 Minuten miteinander streiten. Ja, es gibt Tage, da kommt das durchaus hin. Aber auch ich habe gelernt, dass man sowas mit Gelassenheit begegnen kann. Solange sie nicht mit Fäusten aufeinander los gehen, ist alles im Rahmen. Werden sie mir zu laut, schicke ich sie in ihre Zimmer. Meist hocken sie dann 3 Minuten später doch gemeinsam in einem Zimmer und spielen friedlich miteinander. Da sie Altersmäßig so nah bei einander sind, fällt es ihnen nie schwer gemeinsame Spiele zu finden.

Ich habe den Quietschbeu neulich gefragt, ob er sich an die Zeit vor dem Löwenmaul oder vor dem Miezmeedchen erinnert. Er sagt, das Löwenmaul sei schon immer das gewesen. Aber er weiß noch, dass ich einen dicken Babybauch hatte und dass er bei Tante Mimi war, als das Meedchen zu uns kam. Auch erinnert er sich an einen Urlaub, den wir vor der Geburt es Miezmeedchens machten. Da war er knapp 2 Jahre alt. Wenn wir uns Fotos von diesem Urlaub ansehen fragt er aber auch, warum das Meedchen auf keinem der Fotos zu sehen wäre. 

Es ist für Kinder, wie für uns Erwachsene: sie arragieren sich mit der gegenebnen Situation. Konnte ich mir anfänglich nicht mal den Alltag und das Leben mit 2 Kleinkindern vorstellen, so war die Erfahrung selber dann nur halb so schlimm. Und obwohl ich damals schon wusste, dass auch das Leben mit 3 Kleinkindern gut funktionieren würde, so sorgte ich mich auch in der Schwangerschaft mit dem Miezmeedchen erneut. Es sind natürliche Ängste vor dem Unbekannten. 

Pipifax. Was ist schon Pipifax? Die tatsächliche Bedeutung des Wortes lautet „unwichtige Sache“. Und nein, keine der Phasen, die ich bisher mit meinen Kindern durchlebt habe war unwichtig. Umgangssprachlich kenne ich den Begriff auch für etwas, was nicht übermäßig fordern ist, sondern leicht von der Hand geht.  Das Leben mit nur einem Baby empfand ich ganz und gar nicht als Pipifax. Die anfängliche Zeit mit 2 oder 3 Kindern auch nicht. Leben und Erziehen geht einem nie leicht von der Hand, da so viele Emotionen damit verwoben sind, dass man ständig, mal auf die ein, mal andere Art und Weise gefordert ist. Rückblickend auf die letzten 5 Jahre kann ich aber sagen, dass der Alltag mit Kleinkindern – und dabei ist es egal ob es eins, zwei, drei oder mehr sind –  nichts ist, wovor man Angst haben muss. Man lebt und wächst in und mit jeder Situation. Und am Ende des Tages fragt man sich dann, warum man sich eigentlich vorher so viele Sorgen und Gedanken gemacht hat.

Ich wiederhole daher gerne: Pipifax ist das Leben mit Kindern nie, aber man kann das mit Links schaffen. Einfacher ist es aber, wenn man die Rechte zur Hilfe nimmt.

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Pia Drießen, Kind der 80er, Mutter von 3 (Pre)Teens (*2009, *2010, *2012). Head of Content Experience bei SaphirSolution. Bloggt seit 2002 mal lauter und mal leiser. Virtuell unterwegs auf Facebook, bei Twitter und Instagram.
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12 Gedanken zu „Pipifax? Vom Leben mit 3 Kleinkindern.

  1. Danke! Ich bin sicher damit hast du nicht nur mir, sondern auch vielen anderen da draußen Mut zu mehr Kindern gemacht.

    Ich hoffe inständig mein Mann wird sich meiner bereits getroffenen Entscheidung ein drittes Kind zu wollen, noch anschließen. Dann werd ich selbst erleben, wie das so läuft, wenn die Kinder in der Überzahl sind. :D

    Liebe Grüße
    Isa

  2. Ach das hast Du wieder so passend beschrieben. Toll, dass Du wieder mal die richtigen Worte dafür gefunden hast. Meine Zwei sind fast auf den Tag genau 2 Jahre auseinander. Ein großer Bruder und eine kleine Schwester und ich habe es genauso empfunden und empfinde es wie Du es beschrieben hast. Ich dachte auch immer, dass ich noch mal ein Kind bekommen werde, aber meine Zwei haben mir meine seelischen, emotionalen und körperlichen Grenzen gezeigt und nun ist Schluss. Wir sind fertig und perfekt. Familien entstehen nun mal nicht am Reißbrett. Liebe Grüße

  3. Rückblickend kann ich bestätigen, dass man sich das Leben mit Babies wirklich einfacher macht, indem man ihre Bedürfnisse nach Nähe/Hunger einfach stillt. Unsere 3 waren nicht so anstrengend, aber eben die Interaktionen „Kleinkinder-Babies“ plus alle diese Bedürfnisse altersgerecht und angemessen zu befriedigen. Die ständige jongliererei. Das Seelenleben aller im Auge zu behalten. Es waren echt verdammt anstrengende Zeiten, das kann ich nicht leugnen. Auch die ganze Logistik drumherum mit fahren, einkaufen, Haushalt.
    Und das Beste nach der Trennung: der Ex bezeichnet meine 9jahre Elternzeit als „Frühstücken, Café trinken und Quatschen“ …. also scheine ich das alles mit links gemacht zu haben!
    Ich weiß, was ich geleistet habe mit 3 Kleinkindern kurz hintereinander. Es füllt mich mit Stolz, wenn ich diese 3 heute anschaue.
    Die Basis, die sie heute haben, ist ihr Glück heute. Auch heute wird hier noch Nähe gestillt. Das A & O. Ohne die wären sie verloren!
    Weiter so, Pia. Und nutze die rechte Hand so oft es geht ;)

  4. Hi,
    ich habe auch 3 Kids, wenn auch mit größerem Abstand zueinander. Für mich persönlich war die Umstellung von 1 auf 2 Kinder nicht so groß, wie jetzt von 2 auf 3.. manchmal habe ich das Gefühl, dass ich keinem mehr gerecht werde (der Kleinste ist noch unter 1 Jahr). Aber ich weiß, dass wieder bessere Zeiten kommen werden. LG, Yvonne PS: kam meine Email an dich an?

  5. (wiedermal) Wunderbar geschrieben. Danke! Eines was ich bei unseren dreien auch ganz besonders genieße ist die Interaktion der Kinder untereinander. <3 Besonders wie die beiden Großen (7 und 6) die Kleine (1 1/2) einbeziehen kann mir schonmal die Glückstränchen in die Augen treiben….

  6. Den druck ich mir am besten aus und kleb in mir an den Kühlschrank! Im November kommt unser 3. Kind – die Zwillinge werden dann gerade mal 20 Monate alt sein – und ich hab einen Heidenrespekt vor dieser Zeit! Irgendwie weiß ich, dass sich am Ende alles finden wird, aber bis dahin… huiuiuiui.

  7. Oh ich sehe schon, da kommt eine spannende Zeit auf mich zu! Noch bin ich bei einem Kind und kann mir gar nicht vorstellen, wie meine Kleine ihre Bedürfnisse zurückstecken und einem neuen Baby Platz machen kann. Abgesehen davon, dass ich wahrscheinlich maßlos überfordert sein werde! Aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben ;-)
    LG Wiebke

  8. Sehr schöner Text!!
    Ich schneie ja ab und zu bei dir vorbei und freu mich immer sehr über den Humor, den du dem Leben mit deinen Kids abgewinnst! Vielleicht magst du mal was schreiben, wie du die eigene Schönheitspflege in ein Leben mit Kleinkindern integriert hast. Ich (mit dreien) finde es tatsächlich schwierig! Wie machst du Sport ohne „Hausverlassen“, wie hält der Nagellack auch Lego-Gewühle stand oder welche kleinen Helfer oder Tipps hast du vielleicht …

    Würde mich sehr freuen!!!
    Jana aus Berlin

  9. Liebe Miez,
    ich musste nochmal diesen Eintrag lesen. Im Dezember kommt unser 4. und der Kleine ist auch dann noch keine 2. (Die Mädels sind aber schöne 14 und 9 Jahre) Manchmal könnte ich hyperventilieren, wenn ich angstvoll an die Zeit nach der Geburt denke. Danke, für deine entspannte Einschätzung (und die vielen Einblicke in deinen Tag, die immer wieder zeigen, dass mit viel Liebe und Reflexion das Meiste zu schaffen ist! )
    Lieben Gruß,
    Judith

  10. Hallo! Bin gerade auf deinen Blog gestoßen. Gott sei Dank. Auf der verzweifelten Suche nach Mamas wie dir. Du sprichst mir viel Mut zu – obwohl ich noch ein paar Monate vor mir habe bevor „nr. 3“ auf der Welt ankommt…..Nr. 1 wird dann noch nicht ganz 3 Jahre alt sein und Nr. 2 noch nicht ganz 2 Jahre ;) LG

  11. „Nun, ich möchte so gegen argumentieren: wenn man die Bedürfnisse des Babys annimmt und befriedigt, entgegen aller altklugen Ratschläge wie „Du verwöhnst Dein Baby, das wird ein Tyrann!“, dann sind sie tatsächlich recht pflegeleicht“ “
    Puh – was hättest du gemacht, wäre eines deiner Kinder nicht so ein pflegleichtes Baby gewesen??? Und NEIN – nicht jedes Baby ist zufrieden, wenn man alle seine Bedürfnisse befriedigt. Ich persönlich finde jede durchwachte Nacht, jeden Trotzanfall und jede Krankheit PILLEPALLE im Vergleich zum ersten Babyjahr. So unterschiedlich kann das sein!!! Aber trotzdem danke für deinen tollen Artikel, da hoffe ich auch, dass ich in den Genuss komme, noch ein zweites Pflegeleichtes zu bekommen, denn das hört sich ja dann doch machbar an :-)

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